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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Dort wurden sie von sieben Albae in langen schwarzen Roben in Empfang genommen. Dass sie sich in der Unterzahl befanden, falls es zu einem Kampf kommen sollte, störte die Albae wohl nicht weiter. Sie ließen Tungdil mitsamt seiner Eskorte zum Herrscher von Dsön vor. Die Zwerge rückten in die vollständig schwarze Halle ein, in der blaue Flämmchen in Feuerschalen loderten. Von der Decke hingen dunkelrote Stoffbahnen herab, es roch nach verbrannten Gewürzen.
Sie hielten auf einen erhöht gebauten Thron zu, der einen Überwurf aus weißem Samt trug, was den gerüsteten, schwarzhaarigen Alb, der darauf saß, besonders hervorhob. Er hielt einenweißen Fächer in der rechten Hand und schirmte sein Antlitz unterhalb der Augen gegen ihre Blicke ab.
    Ich könnte sie nummerieren, damit ich nicht durcheinanderkomme, dachte Ingrimmsch feixend hinter seinem Visier.
Tungdil blieb stehen und deutete eine Verneigung an. »Ich bin ...«
»Ich weiß, wer du bist«, fiel ihm der Alb unverzüglich ins Wort. »Wenn du auch einen anderen Namen trugst.«
Ingrimmsch schluckte. Ein ungutes Gefühl brachte die Härchen auf seinen Armen dazu, sich aufzurichten. Er spähte zum Ausgang und packte den Griff des Krähenschnabels fester.
Der Alb erhob sich geschmeidig und kam die vier Stufen herab. »Ich habe nicht daran geglaubt, dich jemals wieder zu sehen.«
Tungdils Augen verengten sich. Boindil merkte ihm an, dass er sich zu erinnern versuchte.
»Wie lange ist es her? Zweihundert Zyklen?« Der Alb senkte den Fächer und lächelte den Einäugigen freundlich an. Am Hals hatte er eine schmale Wunde wie von einem Bolzen, auf seiner Wange war eine Narbe zu sehen.
»Tirigon!« Tungdil strahlte und öffnete die Arme weit.
Dann geschah das aus Ingrimmschs Sicht Ungeheuerliche: Der Alb beugte sich nach unten und drückte den Gelehrten wie einen sehr guten Freund kurz an sich, und beide lachten. »Soll ich dich Balodil nennen, oder belassen wir es bei Tungdil?« Der Zwerg hinter Ingrimmsch stieß ein lautes Schluchzen aus. Verwundert wandte er sich um. Es musste einer der Zhadär sein, der dieses merkwürdige und unangebracht rührselige Verhalten zur Schau stellte. »Sei gefälligst still«, raunte er und hob dabei sein Visier etwas an, damit ihn der andere auch verstand. »Der Gelehrte macht das schon.« Und noch während die Worte seinen Mund verließen, befiel ihn Unsicherheit. Die Vertrautheit, mit der sich Tungdil und der Alb begegneten, wie sich die düsteren Gestalten in die Welt des Bösen einfügten, das alles rüttelte die zugeschütteten Zweifel in Ingrimmsch wach.
Der Zhadär gab einen gurgelnden Laut von sich, dann nickte er.
Ingrimmsch wandte sich nach vorn und beobachtete, wie sich Tungdil und der Alb nochmals die Hände reichten und bereits in ein Gespräch versunken schienen. Anscheinend kannten sie sich aus der Zeit in der Schwarzen Schlucht.
Er wollte gerade überlegen, wie es dem Schwarzauge gelungen war, die Barriere vor Tungdil zu durchbrechen, da wurde Ingrimmsch schlecht: Er erinnerte sich unvermittelt daran, wann er den Namen Tirigon zum letzten Mal vernommen hatte: Sie standen einem ebenso legendären wie verdorbenen Alb gegenüber, der die letzten Elben des Geborgenen Landes ausgerottet hatte. Wie er wohl handeln wird, wenn sich einer aus unserer Gruppe verrät?

XV
    Das Geborgene Land, Dsön Bharä (einst das Elbenreich Lesintei'l), Dsön, 6491 ./6492. Sonnenzyklus, Spätwinter.
    Wer hätte gedacht, dass wir uns ausgerechnet in Dsön Bharä wieder sehen?« Tirigon betrachtete Tungdil voller Freude. Das zeigte Ingrimmsch, dass es sich um mehr als um eine bloße Bekanntschaft geha hatte, was ihn nicht eben glücklicher machte. Sein Gelehrter und einer der schlimmsten Albae der vergangenen zweihundert Zyklen, der Sage nach der Vernichter der letzten Elben des Geborgenen Landes. Das kann ja was werden. Wie gern hätte er sich in die Unterhaltung eingemischt, doch er durfte nicht. Jetzt schon gar nicht mehr. Tungdil lachte dunkel. »Du weißt, dass Zwerge Wasser hassen wie ihr die Elben. Ich wäre niemals mit euch durch den Mondteich geschwommen. Elrias Fluch hätte mich ersticken lassen.«
»Du musstest dafür lange warten, um zurückzukehren.« Der Alb sah zur Ehrengarde, und Ingrimmsch fand den Blick aus den blauen Augen, der auch auf ihm ruhte, sehr unangenehm. »Aber ich sehe auch, dass du uns die Begehrer abspenstig gemacht hast.« »Sie folgen mir, weil ich Großkönig bin.« Er lächelte. »Du musst mich nicht

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