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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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aus Knochen, verbunden mit Drähten aus Gold, Tionium und anderen Edelmetallen; abgestorbene Bäume waren mit Schädeln behangen worden, und woanders drehte sich etwas im Wind, das Ingrimmsch an Windmühlenflügel erinnerte, aber in sich viel verschobener und wesentlich größer war. Er ahnte, dass es sich bei der Bespannung um Haut handelte. Welche Art von Haut, wollte er nicht wissen.
Je näher sie an das tiefe Loch ritten, desto mehr dieser Kunstwerke reihten sich aneinander, bis es kaum mehr Platz zwischen ihnen gab und sie wie Gewächse aus einem Albtraum aus der Erde ragten. Die Albae hatten großen Spaß daran, die Vergänglichkeit der Natur nachzubilden und sie im Sterben noch düsterer zu machen. Es schlug aufs Gemüt.Ingrimmsch fiel es immer schwerer, nichts zu sagen. Das Grauen um ihn herum lockerte seine Zunge. Er wollte darüber sprechen, sich mit dem Gelehrten unterhalten und hören, was Balyndar und Slin dazu sagten. Doch sie hatten vereinbart, dass eisernes Schweigen gewahrt wurde.
Die Zhadär hatten ihre Anweisungen erhalten: Sie würden unterwegs den Schlitten mit der Kordrionbrut unauffällig in einem Versteck mitten in der Stadt zurücklassen, vielleicht sogar im Palast der Dsön Aklän.
Ob die Herrscher der Albae den Knochenturm wieder errichtet haben?, fragte sich Ingrimmsch. Der alte Turm in Dsön Baisur hatte aus den Gebeinen der getöteten Feinde bestanden, doch hatten die zweihundert Zyklen ausgereicht, eine entsprechende Menge zu horten? Er reckte sich im Sattel, aber er konnte kein Bauwerk erkennen, dass über den Rand des Kraters hinauswuchs.
Als er ein auffälliges Kunstwerk erblickte, musste er an sich halten, um nicht den Krähenschnabel gegen Ütsintas und seine Begleiter zu schwingen; auch unter Slins Helm vernahm er ein entsetztes Stöhnen. An eigens dafür hochgezogenen Mauern waren Wandreliefs abgebildet. Zu sehen waren stets Albae, die gegen ihre Feinde kämpften und sie niederwarfen. Doch während die Albae durch Tionium und Silber lebensgroß modelliert waren, hatten die Schöpfer für die Gegner echte Tote verwendet. So stierte Ingrimmsch auf verrottende Zwergenleichen.
»Es müssen einhundert sein«, rief Balyndar, der sichtlich mit seiner Beherrschung rang. »Dieses Ende ist eines Kindes des Schmieds nicht würdig!«, fuhr er leiser fort. »Zur Ergötzung der Schwarzaugen verschimmeln wie wertlose Orks das können wir nicht hinnehmen. Sie brauchen eine Bestattung ...«
»Still«, befahl Tungdil kaum hörbar. »Bleibt ruhig, oder ihr verderbt ein viel größeres Vorhaben wegen nichtsnutziger Rache.«
Ütsintas wandte sich um. »Einhundert?«, wiederholte er amüsiert; offenbar hatte er den Rest des geflüsterten Wortwechsels nicht mitbekommen. »Der Künstler benötigt jeden viertel Zyklus neue Leiber, um sie gegen die alten auszutauschen. Im Winter bereitet es weniger Schwierigkeiten, weil der Frost das Fleisch haltbar macht. Und auch die Menschen sind nicht das Problem, von denen gibt es mehr als genug. Aber an die Zwergenstämme ist schwierig heranzukommen. Wir ernten in erster Linie bei den Vierten. Sie sind einfacher zu bekommen.«
»Ernten?«, brach es aus Ingrimmsch heraus.
Ütsintas grinste, dieses Mal hatte er den Ruf vernommen. »Es wundert mich, dass ein Begehrer tut, als sei er zart besaitet. Schließlich liefert ihr uns immer wieder Material.« »Er ist mit dem falschen Fuß aufgestanden«, sagte Tungdil. »Ich habe den ganzen Umlauf schon mit seiner Laune zu kämpfen.«
»Wenn du ihn loswerden möchtest...« Der Alb deutete auf das Wandrelief, das sie passierten.
»Ho, ich kann dich zurechtstutzen, dass du hineinpassen würdest, Schwarzauge!«, gab Ingrimmsch zurück. Er hatte nicht übel Lust, dem Alb die Hochgestochenheit auszutreiben.
»Genug!«, herrschte ihn Tungdil an. »Sonst mache ich von Ütsintas Angebot Gebrauch.«
Ingrimmsch bemerkte verwirrt, dass es sehr echt und keinesfalls gespielt geklungen hatte.
Nicht lange darauf erreichten sie die Serpentinen, die hinab in den Krater führten. Boindil stieß einen Laut des Erstaunens aus, als er sah, was sich unter ihm ausbreitete. Er hatte auf den ersten Blick bemerkt, dass die Wände des Lochs steil nach unten abgegraben worden waren und sich ein Durchmesser von geschätzten zwölf Meilen ergab; nach unten ging es sicherlich drei Meilen tief, wenn nicht sogar mehr. Auf dem Boden des Kraterkessels herrschte Schwärze. Die Albae hatten ihn mit etwas bedeckt, das den Anschein erweckte, es ginge noch tiefer

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