Das Schicksal des Highlanders
Schweigen zu bringen. Er war sich nicht im Klaren gewesen, wie tief seine Verletzung reichte – nicht, bis Maldie in ihr Leben getreten war.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte er tonlos. »Es ist mehr als nur Leidenschaft, dessen bin ich mir sicher.«
»Und wie ist es um sie bestellt?«
»Sie begehrt mich, das weiß ich genau, aber sie kämpft dagegen an, weil sie glaubt, die Leidenschaft sei ihrer Mutter zum Verhängnis geworden. Maldie möchte die Dummheit ihrer Mutter nicht wiederholen. In dem Moment, in dem mir klar wurde, dass ich keine Angst mehr davor habe, die Fehler unseres Vaters zu wiederholen, wurde mir auch klar, dass mich nicht nur die Leidenschaft treibt.« Verdrossen über seine Unsicherheit zuckte er die Schultern. »Ich weiß nicht, wie tief meine Gefühle wirklich reichen, ich weiß nur, dass sie heftig und gleichzeitig sehr verwirrend sind.«
»Dann nimm dir das Mädchen, Bruder. Sie gehört dir. Ich ziehe mich aus dem Rennen zurück. Deine Ängste, deine Verwirrung, dein Begehren, und dann noch die Ängste und die Leidenschaft von ihr – nein, das alles ist mir zu viel!«
Bevor Balfour fragen konnte, was sein Bruder damit meinte, kehrte Maldie mit dem Essen zurück. Der zornige Blick, mit dem sie ihn bedachte, als sie das Tablett auf Nigels Schoß abstellte, ließ Balfour schon befürchten, sie habe sein Gespräch mit Nigel belauscht. Doch wenn Maldie etwas mitbekommen hätte, wäre sie jetzt wahrscheinlich sehr viel aufgebrachter gewesen. Falls jemand ihr Gespräch zufällig belauscht hätte, hätte er sicher den Eindruck gehabt, die beiden Brüder würden eiskalt darüber verhandeln, wer von ihnen Maldie nun in sein Bett ziehen dürfe. Und wahrscheinlich hätte ihr sein Geständnis, wie tief seine Gefühle reichten und wie verwirrt er darüber war, Maldie nicht viel Mitleid abgerungen. Sie ärgerte sich bestimmt nur darüber, dass er sich in ihre Pflegeaufgaben eingemischt und sie herumkommandiert hatte.
»Ist mir gestattet, ihm beim Essen zu helfen?«, fragte sie und runzelte die Stirn, als Balfour grinste.
Er fragte sich, warum es ihn eigentlich so freute, dass er nicht nur ihre Stimmung, sondern auch den Grund dafür richtig erraten hatte. »Eigentlich dachte ich, er sei schon wieder so weit hergestellt, dass er alleine essen könne.«
»Na ja, davon hätte man ausgehen können – wenn er nicht einfach aufgestanden und im Zimmer herumgehüpft wäre.«
»Ich bin nicht gehüpft«, murrte Nigel und fluchte halblaut, als er merkte, dass er zu schwach war, sein Brot klein zu schneiden.
»Warum soll er denn nicht versuchen, wieder zu gehen?«, fragte Balfour. In dem Moment merkte er, wie bleich sein Bruder war, und zog die Brauen zusammen. »Sein Fieber ist doch längst verschwunden, und seine Wunden werden bestimmt nicht wieder aufbrechen.«
»Stimmt, aber zuerst muss er wieder zu Kräften kommen. Die ersten Schritte muss er ganz behutsam machen, schließlich hat sein Bein eine der tiefsten Wunden davongetragen. Ich verstehe ja, warum er so unvernünftig ist«, setzte sie hinzu und mustere Nigel, der gerade einen Schluck Apfelmost trank. »Wenn man ausgeruht und mit einem vollen Bauch im Bett liegt, merkt man oft nicht, wie schwach man in Wahrheit ist, und man ist zu ungeduldig, um vorsichtig zu sein. Aber wenn er jetzt zu rasch zu viel tut, könnte sein Bein steif bleiben.«
Der feste Ton in ihrer Stimme machte Balfour klar, dass sie recht hatte. Er blickte auf seinen Bruder, dessen angespannter, verdrossener Miene er entnahm, dass auch dieser Maldies Warnung ernst nahm. Sobald Nigels Fieber gesunken war, hatte Balfour geglaubt, sein Bruder sei geheilt und bräuchte jetzt nur noch ein wenig Ruhe. Offenbar war er ebenso töricht gewesen wie Nigel. Man würde in nächster Zeit wohl noch gut auf ihn aufpassen müssen.
»Was macht dein Plan, Eric zu befreien und Beaton zu bestrafen?«, fragte Nigel, als Maldie ihm das Tablett wieder abgenommen hatte.
»Er nimmt nur langsam Gestalt an.« Balfour lehnte sich an einen Bettpfosten und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wir wissen nicht sehr viel über den Mann und über Dubhlinn. Ich habe einen Späher in das feindliche Lager geschickt, aber es ist schwierig für ihn, uns Nachrichten zukommen zu lassen. Schon ganz einfache Sachen könnten uns nützen, aber bislang haben wir noch gar nichts.«
»Was meinst du denn mit ›ganz einfach‹?«, fragte Maldie, die inzwischen wieder ihren Platz an Nigels Bett eingenommen hatte. »Etwa,
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