Das Schicksal des Highlanders
nicht sofort hinauszuschicken und einiges von ihrem wundervollen Heilerfolg zunichtezumachen.
»Sei nicht so grob!«, beschwerte sich Nigel und musterte wachsam seinen erbosten älteren Bruder.
»Vielleicht ärgere ich mich ja nur, dass du versuchst, das Mädchen zu verführen, das so hart gearbeitet hat, dich am Leben zu halten«, knurrte Balfour. Er trat an den Tisch und goss sich einen Becher Wein ein. Innerlich verwünschte er seinen Jähzorn, den er offenbar nicht beherrschen konnte.
»Und warum regst du dich so darüber auf?«
»Sie ist ein armes, vaterloses Ding. Hast nicht du selbst mich davor gewarnt, mich nicht von einem hübschen Gesicht blenden zu lassen? Hast nicht du selbst gemeint, dass sie zu viele Geheimnisse berge?« Bei einem prüfenden Blick auf Nigel wurde ihm unbehaglich, denn sein Bruder wirkte sehr nachdenklich. Wahrscheinlich hatte er soeben zu viele seiner Gefühle preisgegeben.
Nigel nickte bedächtig. »Das habe ich gesagt, und dieser Meinung bin ich noch immer. Aber inzwischen glaube ich, dass ihre Geheimnisse nichts mit uns zu tun haben oder zumindest keine Bedrohung für uns darstellen. Sie ist ein armes, vaterloses Mädchen, wie du ja schon festgestellt hast. Sie hatte ein hartes Leben und ist sehr betrübt über die Schande ihrer Mutter und die Art und Weise, wie ihr Vater sie und ihre Mutter verstoßen hat. Ihre Geheimnisse haben mit ihr und ihrer Vergangenheit zu tun, mit Schande, Verletzung und Mühsal. Das geht uns nichts an, wie sie ganz richtig glaubt.«
»Möglicherweise.« Balfour hoffte, dass Nigel das Thema jetzt ruhen lassen würde, wenn er selbst es nicht weiter vertiefte, doch seine Hoffnung trog.
»Aber ich glaube nicht, dass du dich geärgert hast, weil ich einem Mädchen schöne Augen gemacht habe, dem du misstraust.«
»Es sind unruhige Zeiten. Man sollte stets auf der Hut sein.«
Nigel ging nicht weiter darauf ein. »Ich glaube, dass du selbst hinter dem Mädchen her bist und dass du gedacht hast, ich würde sie dir wegnehmen.«
»Und ich glaube, du bist so lange im Bett rumgelegen, dass dein Verstand genauso schwach geworden ist wie dein Körper.«
»Nein. Ich habe recht und lasse mir von dir nichts vormachen. Du willst das Mädchen. Das habe ich schon damals gemerkt, als wir sie mitnahmen. Aber ich hatte mir vorgenommen, es zu vergessen. Ich glaube, ich habe mir sogar vorgenommen, alle Anzeichen deines Verlangens nach ihr zu übersehen. Es würde nämlich meine eigenen Pläne durchkreuzen. Aber wie stark ist dein Verlangen?«
Balfour dachte kurz daran, Nigel zu widersprechen und sich dann schleunigst davonzumachen, doch dann schüttelte er den Kopf. Ein solcher feiger Rückzug würde ihm nur eine kleine Atempause verschaffen. Sein Bruder würde nicht ruhen, bis seine Neugier gestillt war. Vielleicht würde eine aufrichtige Antwort Nigel zufriedenstellen. Ob sie ihn auch dazu bringen würde, nachzugeben und Maldie in Ruhe zu lassen? Es erboste ihn, dass er sich seiner Fähigkeit, um eine Frau zu werben und sie zu gewinnen, so unsicher war, zumal einer, auf die auch Nigel ein Auge geworfen hatte.
»Stark«, erwiderte er schließlich. »Manchmal glaube ich, dass mein Verstand sich in alle vier Winde zerstreut hat.«
»Tja, diese grünen Augen können alles Mögliche anrichten. Und ein herzhaftes Verlangen trägt auch dazu bei.«
»Es ist mehr als nur Verlangen«, gestand Balfour zögernd.
»Wie viel mehr?«
Nigels Miene wirkte seltsam angespannt und gleichzeitig verschlossen. Es kam Balfour vor, als bemühte sich sein Bruder, etwas vor ihm zu verbergen. Und wenn er nun ebenfalls unter Maldies Bann stand? Wenn sein Bruder ebenfalls Gefühle für Maldie hegte, die weit über das natürliche Verlangen eines Mannes nach einer hübschen Frau hinausgingen? Balfour merkte, dass er es gar nicht wissen wollte, egal, wie selbstsüchtig das war. Er wollte sich nämlich nicht verpflichtet fühlen, Nigel eine Chance zu geben, gegen ihn zu konkurrieren. Und falls sein Bruder gekränkt war durch das, was zwischen ihm und Maldie ablief, dann würde er sich später darum kümmern.
Die eifersüchtige Stimme in ihm murrte, dass es dem gut aussehenden Nigel nicht schaden würde, auch einmal eine Frau zu verlieren. Balfour nahm sich fest vor, diesen verbitterten, verletzten jungen Mann in ihm, der dabei zusehen hatte müssen, wie viel zu viele Frauen sich von ihm ab- und Nigel zugewandt hatten, und der darüber offenbar noch immer erzürnt war, endlich einmal zum
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