Das Schicksal des Highlanders
Zerbrich dir nicht den Kopf über Dinge, die du beinahe getan hättest; denk lieber daran, was als Nächstes zu tun ist!«
»Ich muss es Nigel sagen und dann ihren Verwandten.« Er drückte sie einen Moment lang fest an sich. »Lieber würde ich jetzt einfach bei dir liegen bleiben.«
»Das geht nicht. Wenn du zu lange wartest, um mit Nigel und Grizels Verwandten zu reden, erfahren sie es von jemand anderem. Solch schlimme Neuigkeiten verbreiten sich rasch. Wahrscheinlich sind bereits Gerüchte im Umlauf.« Sie lächelte nachsichtig, als er fluchend aufstand. »Nigel muss es von dir erfahren und nicht durch irgendein Gerücht und Halbwahrheiten.«
»Ich weiß«, murrte er und zog sich an. »Ich hoffe nur, dass ich nicht wieder die Beherrschung verliere. Das führt zu nichts und würde Nigel nur zusätzlich aufregen.«
Maldie machte es sich wieder gemütlich und wickelte sich fest in die Decke. »Soll ich hier auf Euch warten, mein Laird?«, fragte sie lächelnd. Er lachte, worüber sie sehr froh war, denn es zeigte ihr, dass es ihr, wenn auch nur kurz, gelungen war, die Traurigkeit aus seinem Blick zu vertreiben.
Er küsste sie und richtete sein Plaid, bevor er ging. »Ein sehr verführerisches Angebot, das ich liebend gern annehmen würde. Aber wahrscheinlich wird Nigel dich jetzt gleich brauchen. Er wird ebenso außer sich geraten wie ich, als ich die schreckliche Geschichte erfuhr.«
»Natürlich. Und das könnte ihn schwächen oder dazu bringen, sich zu hastig zu bewegen. Wenn du ihm die traurige Wahrheit beigebracht hast, klopf einfach dreimal, dann mache ich mich auf zu ihm.«
Sobald sich die Tür hinter Balfour geschlossen hatte, stieß Maldie erst einmal ein paar deftige Flüche aus. Beaton war an allem schuld. Er hatte den Hass einer verbitterten Alten ausgenützt, um Balfour zu treffen und einen Jungen aus seinem Zuhause zu entführen. Vielleicht war die Ermordung von Balfours Vater nicht direkt ihm geschuldet, doch zweifellos hatte er die feige Tat gutgeheißen und die Mörderin am Ende sogar dafür belohnt. Man musste den Schuft endlich zur Rechenschaft ziehen. Die Frage war nur, wer würde ihn zuerst zu fassen bekommen – sie oder Balfour?
9
Der starke Wein trug kaum dazu bei, Balfour zu beruhigen; trotzdem schenkte er sich nach. Obwohl das Mittagsmahl schon seit geraumer Zeit angerichtet war, war er fast allein im großen Saal. Hoffentlich kam es nur daher, dass keiner rechten Appetit hatte, und nicht daher, dass er gerade ein Mitglied ihres Clans verurteilt und an den Galgen gebracht hatte.
Voller Unbehagen nahm er einen weiteren tiefen Schluck und dachte an das eben vollstreckte Urteil. Grizel hatte bei der kurzen Verhandlung weiterhin keine Reue gezeigt. Sie hatte nur lautstark auf ihn und seine Familie geflucht, bis der Strick um ihren Hals die bitteren Worte abgewürgt hatte. Balfour war nicht sicher, was ihn mehr störte – der unnachgiebige Hass und die Verachtung dieser Frau oder die Tatsache, dass er sein erstes Todesurteil als Laird von Donncoill hatte vollstrecken lassen. Trotz der schweren Vergehen dieser Frau erfüllte ihn Grizels Tod nicht mit Genugtuung und erst recht nicht mit Stolz auf die Tatsache, eine der wenigen Todesstrafen verhängt zu haben, seit der Clan der Murrays das Land erobert hatte.
»Nun kommt schon, mein Laird«, meinte James verständnisvoll, der zu Balfour getreten war und sich neben ihm niederließ. »Ihr habt getan, was getan werden musste. Das Weib hat sich mit seinen eigenen Worten verurteilt. Ihren Verrat hätte man ihr vielleicht noch verzeihen können, aber sie hat Euren Vater, ihren Laird, ermordet!«
»Ich weiß.« Balfour sank in sich zusammen. »Und sie hat ihm weder einen raschen noch einen ehrbaren Tod beschert. Deshalb ist es nur gerecht, dass ihr mit gleicher Münze heimgezahlt wurde. Aber ich kann an Hinrichtungen keinen Gefallen finden, und die Notwendigkeit, eine anzuordnen, ist mir zuwider. Ich bin richtig wütend, dass die Alte mich dazu gezwungen hat!«
»Vielleicht war das ihre letzte kleine Rache.«
»Ja, vielleicht.« Balfour grinste schief. »Der Tag war lang, auch wenn er noch nicht vorbei ist. Wir haben die Verräterin aufgestöbert, sie verurteilt und gehängt. Aber ich glaube, mein schlechtes Gewissen wird mich noch lange quälen.«
»Schlechtes Gewissen?« James zog den Weinkrug zu sich.
»Ich habe dabeigestanden und zugesehen, wie diese Frau meinen Vater umgebracht hat. Das macht mich zu ihrem Komplizen.«
»Nein!«,
Weitere Kostenlose Bücher