Das Schicksal des Highlanders
Geheimnis ebenso gut würde wahren können wie bislang ihre eigenen Geheimnisse.
11
»Malcolm ist tot«, verkündete James, als er in den großen Saal kam.
Balfour verschluckte sich fast an seinem Brot. »Tot?«
»Jawohl. Er wird uns nichts mehr über Beaton oder Dubhlinn sagen können. Himmel nochmal, selbst wenn er die Schläge überlebt hätte, die sie ihm verpasst haben, hätte er uns nichts mehr sagen können. Beaton hat ihm die Zunge herausschneiden lassen!«
»Bist du dir sicher?« Balfour wusste, dass James keine bloßen Gerüchte wiederholen würde, aber er wollte hieb- und stichfeste Beweise.
»Die Mistkerle haben seinen zerschmetterten Leichnam an einem Baum am Dorfrand aufgehängt.« James setzte sich und goss sich Wein ein. Er nahm einen langen Schluck, bevor er weitersprach. »Zuerst wussten wir nicht, wer da hing, weil er so schrecklich zugerichtet war und wahrscheinlich schon irgendwelche Aasfresser an ihm herumgenagt haben. Als wir uns dann sicher waren, dass es sich um Malcolm handelte, wussten wir auch, wer ihn ermordet hat. Und das erklärt auch, warum sein Leichnam dort aufgehängt wurde.«
»Sie wollen uns verhöhnen.«
James nickte. »Und sie haben ihn auf grausamste Weise umgebracht. Sie wollten uns nicht nur wissen lassen, dass sie unseren Spion entdeckt haben, sondern unseren Leute auch Todesangst einjagen, um es uns schwer zu machen, wieder einen Freiwilligen zu finden, den wir als Spion nach Dubhlinn einschleusen können. Wir haben Malcolms Leichnam geholt und für die Beerdigung hergerichtet. Dabei haben wir entdeckt, dass er schrecklich gefoltert wurde.«
»Habt ihr etwas von unserem anderen Mann, Douglas, gehört?«
»Nein, aber ich nehme an, er lebt noch, denn sonst hätte er im Wind neben Malcolm gebaumelt.« James schüttelte den Kopf. »Ich dachte schon, es wäre die reine Zeitvergeudung, als Ihr Euch so viel Zeit genommen habt, zwei Murrays zu finden, die die nötigen Fähigkeiten besaßen und sich nicht einmal vom Sehen kannten. Doch jetzt zeigt sich, dass es der Mühe wert war. So übel, wie Malcolm zugerichtet wurde, hat er vor seinem Tod Höllenqualen erdulden müssen und Beaton wahrscheinlich alles gesagt, was er wusste.«
»Vielleicht. Aber Malcolm war ein tüchtiger und ehrenwerter Mann, er hätte keinen anderen in den Tod geschickt.«
»Freiwillig bestimmt nicht, aber offenbar wurde er grausam gequält. Vielleicht war er vor Schmerzen so blind, dass er nicht weiter über die Folgen dessen nachgedacht hat, was er Beaton sagte. Wahrscheinlich hat er nur an eines denken können – irgendetwas zu tun, damit die Schmerzen aufhörten.«
Balfour trank zur Beruhigung einen Schluck Wein. »Mir war schon klar, dass ich diese Männer möglicherweise in den Tod schickte, aber ich habe nie daran gedacht, wie schrecklich und unehrenhaft dieser Tod sein könnte.«
»Warum auch? Ihr würdet mit einem Menschen nie so umspringen, egal, welche Schuld er auf sich geladen hat.«
»Soll ich Douglas zurückholen?«
»Nein. Wenn Beaton ihn bislang nicht entdeckt hat, könnte es ihn in Gefahr bringen, wenn wir versuchten, ihm eine Nachricht zukommen zu lassen. Ich kannte Malcolm nicht sehr gut, er war ein Mann Eures Cousins Grodin, aber ich kenne Douglas. Ein tüchtiger Mann, tapfer und beharrlich. Und sehr gescheit. Wenn er glaubt, dass ihm ein ähnliches Schicksal wie Malcolm droht, wird er aus Dubhlinn fliehen. Douglas wüsste, dass das nicht feige wäre und dass er uns nichts nützt, wenn er tot ist. Uns würde ja nicht nur das Wissen verloren gehen, das er bislang gesammelt hat, sondern auch eine fähige Schwerthand.«
»Gut. Ich möchte wirklich nicht noch einen Tod zu verantworten haben.«
»Ihr tragt keine Schuld an Malcolms Tod. Er kannte das Risiko, und Ihr habt ihn oft genug gewarnt, dass er es mit seinem Leben bezahlen müsste, wenn er erwischt würde. Keiner von uns konnte ahnen, auf welche Weise der arme Kerl zu Tode kommen würde. Wenn wir das gewusst hätten, hättet Ihr ihn nie hingeschickt. Ihr könnt Euch nicht für jeden Tod verantwortlich fühlen. Ihr lasst Euch zu rasch von Schuldgefühlen überwältigen. Nie haben Arroganz, Ärger, Stolz oder auch nur Sorglosigkeit einem Eurer Männer das Leben gekostet. Wir führen Krieg gegen Beaton, und Erics Leben ist in Gefahr, da ist es kein Wunder, wenn Männer sterben. Das wird so lange so gehen, bis Beaton tot ist.«
»Und deshalb müsst Ihr aufhören, Euch zu grämen«, setzte Balfour hinzu und verzog den Mund zu
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