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Das Schicksal in Person

Das Schicksal in Person

Titel: Das Schicksal in Person Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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schon! Ich kannte mal ein Mädchen, das mit einem Afrikaner durchgebrannt ist. Er hatte ihr erzählt, sein Vater sei ein Scheich. Irgendwo in Afrika oder Algier. Ja, es war Algier. Das Blaue vom Himmel hat er ihr versprochen. Sein Vater hätte sechs Kamele und einen ganzen Stall voll Pferde, und sie würden in einem herrlichen Haus leben, die Wände voller Teppiche. Teppiche an den Wänden – verrückt! Und mit dem zog sie los. Drei Jahre später kam sie wieder… Sie hatte eine fürchterliche Zeit hinter sich. In einer Lehmhütte haben sie gehaust und nichts anderes gegessen als Mehlbrei. Dann hat er ihr schließlich erklärt, sie sei nicht gut genug für ihn, und er würde sich von ihr trennen. Er müsste nur dreimal ›Ich scheide mich von dir‹ sagen, und alles sei erledigt. Das hat er dann getan und ist verschwunden. Irgendeine Organisation hat sich um sie gekümmert und ihr das Fahrgeld nach England gegeben. Und eines Tages stand sie wieder vor der Tür. Aber das ist schon dreißig oder vierzig Jahre her. Aber das mit Nora passierte erst vor sieben oder acht Jahren. Ich glaube ja immer noch, dass sie eines Tages zurückkommt. Dann hat sie ihre Erfahrungen gemacht und weiß, was man von all diesen feinen Versprechungen zu halten hat.«
    »Hat sie jemand, zu dem sie gegangen sein könnte, außer ihrer Mutter – ich meine, Ihrer Kusine?«
    »Ach ja, es gibt eine ganze Reihe von Leuten, die nett zu ihr waren. Die Leute im Old Manor House zum Beispiel. Mrs Glynne war damals noch nicht dort, aber Miss Clotilde war immer nett zu den Schulmädchen. Sie hat ihr öfter schöne Geschenke gemacht. Einmal hat sie ihr ein sehr hübsches Tuch und ein schönes Kleid geschenkt. Ein Sommerkleid aus Seide. Ja, Miss Clotilde war immer sehr nett. Sie versuchte, Nora mehr für die Schule zu interessieren und auf den richtigen Weg zu bringen. Ich sage es nicht gerne, aber sie ist keine nahe Verwandte – Nancy ist auch nicht meine direkte Kusine… Schrecklich, wie scharf Nora auf Jungen war. Jeder konnte sie haben. Ich habe immer gesagt, eines Tages wird sie auf der Straße enden. So war es. Aber vielleicht ist das immer noch besser, als ermordet zu werden wie Miss Hunt, die im Old Manor House lebte. Grauenhaft war das. Sie hatten gedacht, sie sei mit jemand davongelaufen, und die Polizei suchte nach ihr. Überall fragten sie herum, man verhörte auch die jungen Männer, die das Mädchen gekannt hatte. Geoffrey Grant, Billy Thompson und Harry Langford. Keiner von denen arbeitete, dabei hätten sie alle Arbeit gekriegt, wenn sie gewollt hätten. Als ich jung war, war das ganz anders. Die Mädchen waren anständig, und die jungen Männer wussten, dass sie arbeiten mussten, wenn sie zu etwas kommen wollten.«
    Miss Marple unterhielt sich noch eine Weile mit Mrs Blackett, erklärte dann, dass sie sich nun wieder wohl fühle, bedankte sich und verließ das Haus.
    Ihr nächstes Ziel war ein Mädchen, das sie gerade beim Salatpflanzen antraf.
    »Nora Broad? Oh, die war seit Jahren nicht mehr hier. Die ist mit jemand auf und davon. Sie hatte es immer schon mit den Männern! Ich habe mich oft gefragt, wie sie noch mal enden würde. Wollten Sie sie aus einem bestimmten Grund sprechen?«
    »Ich habe einen Brief von einer ausländischen Freundin bekommen«, schwindelte Miss Marple: »Eine sehr nette Familie, die eine Miss Nora Broad anstellen will. Offensichtlich war sie in Schwierigkeiten. Hat irgendeinen Kerl geheiratet, der sie dann im Stich ließ und mit einer anderen Frau durchging. Sie wollte eine Arbeit, bei der sie mit Kindern zu tun hätte. Meine Freundin wusste nichts Näheres über sie, aber ich habe herausbekommen, dass sie von hier stammt. Deswegen wollte ich jemand sprechen, der mir etwas über sie erzählen kann. Sie sind mit ihr zur Schule gegangen?«
    »Ja, wir waren in derselben Klasse. Ich war nicht mit allem einverstanden, was Nora trieb. Sie war verrückt auf Jungen. Ich hatte selbst einen sehr netten Freund damals, einen ständigen, und habe ihr gesagt, dass es nicht gut sei, sich von jedem x-beliebigen Mann im Auto mitnehmen zu lassen oder mit ihm ins Wirtshaus zu gehen. Sie hat die Männer immer angeschwindelt und sich älter gemacht, als sie war. Sie war auch schon sehr reif und sah älter aus.«
    »Hatte sie dunkle oder helle Haare?«
    »Nora hatte dunkles Haar, sehr schönes Haar. Sie trug es immer offen.«
    »Suchte die Polizei nach ihr, als sie verschwand?«
    »Ja. Sie hatte ja nichts hinterlassen, niemand ein

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