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Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Titel: Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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Irgendwie stehe ich drauf. Es ist eine Serie.«
    »Du machst mir Angst. Gehen wir shoppen?«
     
    Wir gingen in einen Schuhladen. Als wir uns umsahen, suchte Kaitlyn lauter Peeptoe-Ballerinas für mich raus und sagte: »Die würden süß an dir aussehen«, was mich daran erinnerte, dass Kaitlyn niemals Peeptoes trug, weil sie fand, dass ihr zweiter Zeh zu lang war, und deswegen ihre Füße hasste, als wäre ihr zweiter Zeh das Fenster zu ihrer verunstalteten Seele oder so was. Als ich ihr ein Paar Sandalen zeigte, die gut zu ihrem Teint gepasst hätten, antwortete sie prompt: »Ja, aber …«, wobei das aber stellvertretend stand für aber darin sieht man meinen hässlichen zweiten Zeh , und ich sagte: »Kaitlyn, du bist der einzige Mensch, den ich kenne, der eine zehenspezifische Dysmorphophobie hat«, und sie fragte: »Eine was?«
    »Du weißt schon, wenn du in den Spiegel siehst, und das, was du siehst, ist nicht das, was da ist.«
    »Oh. Oh«, sagte sie. »Wie findest du die?« Sie hielt ein Paar nette, aber unaufregende Riemchenschuhe hoch, und ich nickte, und sie fand ihre Größe und probierte sie an, indem sie den Gang hoch- und runterrannte und dabei ihre Füße in kniehohen, angewinkelten Spiegeln betrachtete. Dann fand sie ein Paar nuttige Riemchenpumps und sagte: »Kann man in denen überhaupt laufen? Die bringen einen doch um …«, dann brach sie ab und sah mich schuldbewusst an, als wäre es ein Verbrechen, vor den Sterbenden das Wort Tod zu verwenden. »Du solltest sie anprobieren«, fuhr sie fort und versuchte, die peinliche Situation zu überspielen.
    »Die würden mich umbringen«, versicherte ich ihr.
    Am Ende nahm ich einfach ein Paar Flipflops, damit ich auch etwas zum Kaufen hatte, und setzte mich auf die Bank vor einem der Schuhregale, um zuzusehen, wie Kaitlyn sich durch die Gänge schlängelte und mit einer Intensität und Konzentration shoppte, die man sonst nur von professionellen Schachspielern kennt. Am liebsten hätte ich Mitternachtsdämmerung herausgeholt und eine Weile gelesen, aber ich wollte nicht unhöflich sein, und so sah ich Kaitlyn einfach zu. Gelegentlich kam sie mit fest an sich gedrückter, hochgeschlossener Beute zu mir und fragte: »Die hier?«, und ich versuchte, einen intelligenten Kommentar abzugeben, und schließlich kaufte sie drei Paar, und ich kaufte meine Flipflops, und als wir aus dem Laden gingen, fragte sie: »Willst du noch zu Urban Outfitters?«
    »Ich glaube, ich muss nach Hause«, sagte ich. »Ich bin ziemlich müde.«
    »Ja, klar«, sagte sie. »Aber wir müssen uns öfter sehen, Darling.« Sie legte mir die Hände auf die Schultern und küsste mich auf beide Wangen, und dann marschierte sie mit schwingenden Hüften davon.
    Doch ich ging nicht nach Hause. Ich hatte Mom gebeten, mich um sechs abzuholen, und auch wenn ich wusste, dass sie entweder in der Mall oder auf dem Parkplatz war, wollte ich die nächsten zwei Stunden für mich haben.
    Ich mochte meine Mutter, aber ihre ständige Nähe machte mich manchmal irgendwie nervös. Und Kaitlyn mochte ich auch. Wirklich. Doch nachdem ich inzwischen seit drei Jahren von der täglichen Auseinandersetzung mit meinen Altersgenossen in der Schule ausgeschlossen war, spürte ich eine gewisse unüberbrückbare Distanz. Ich glaube, meine Klassenkameraden hatten mir helfen wollen, die Krebserkrankung zu überstehen, aber irgendwann festgestellt, dass sie nicht helfen konnten. Zum einen gab es kein Überstehen .
    Also entschuldigte ich mich mit dem Verweis auf Schmerzen und Müdigkeit, wie so oft in den letzten Jahren, wenn ich mit Kaitlyn oder anderen Freunden unterwegs war. Die Wahrheit war, ich hatte immer Schmerzen. Es tat weh, nicht wie ein normaler Mensch zu atmen und meine Lunge ständig daran erinnern zu müssen, was sie zu tun hatte. Es tat weh, mich ständig zwingen zu müssen, die reißende, schürfende, umstülpende Qual der Sauerstoffunterversorgung als unabdingbar zu akzeptieren. Deshalb war die Entschuldigung auch nicht geschwindelt. Ich suchte mir nur eine aus verschiedenen Wahrheiten aus.
    Ich fand eine Bank zwischen einem irischen Geschenkeladen, einem Schreibwarenladen und einem Outlet für Baseballkappen – ein Winkel des Einkaufszentrums, wo Kaitlyn nie einkaufen würde –, und begann Mitternachtsdämmerung zu lesen.
    Das Leichen-Satz-Verhältnis lag fast bei eins zu eins, und ich las, ohne einmal aufzublicken. Ich mochte Staff Sergeant Max Mayhem, auch wenn er eigentlich nicht viel Charakter

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