Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)
deinem Freund?«, fragte sie.
»Ich habe keinen«, sagte ich.
»Na ja, da draußen sitzt ein Junge, der den Warteraum kaum verlassen hat, seit du eingeliefert wurdest«, sagte sie.
»Er hat mich nicht so gesehen, oder?«
»Nein. Nur Familie.«
Ich nickte und sank in wässrigen Schlaf.
Es dauerte acht Tage, bis ich wieder nach Hause kam, acht Untage, in denen ich die Deckenverkleidung anstarrte und fernsah und schlief und Schmerzen hatte und wünschte, dass die Zeit verging. Ich sah weder Augustus noch sonst jemanden außer meinen Eltern. Meine Haare standen ab wie ein Vogelnest; mein schlurfender Gang war wie bei einem Demenz-Kranken. Doch jeden Tag fühlte ich mich etwas besser, aus jedem Schlaf wachte jemand auf, der mir etwas ähnlicher war. Schlaf war gut gegen Krebs, sagte mein Hausarzt Dr. Jim zum tausendsten Mal, als er sich eines Morgens mit einer Entourage von Medizinstudenten über mich beugte.
»Dann bin ich eine Krebskampfmaschine«, sagte ich.
»Das bist du, Hazel. Ruhe dich weiter aus, und hoffentlich kannst du am Montag nach Hause.«
Am Montag hieß es, ich könne am Dienstag nach Hause. Am Dienstag sagten sie Donnerstag, und ich glaubte schon fast, ich wäre das Opfer eines existenzialistischen Experiments, bei dem mir die Erfüllung meiner Wünsche ständig vorenthalten wurde, als Dr. Maria am Freitagmorgen hereinkam, eine Minute lang an mir herumschnüffelte und schließlich sagte, ich konnte gehen.
Mom machte ihre übergroße Handtasche auf, und ich sah, dass sie die ganze Zeit meine Nach-Hause-Geh-Kleider dabeigehabt hatte. Eine Schwester kam herein und nahm mir den Tropf ab. Ich fühlte mich befreit, auch wenn ich immer noch an meine Sauerstoffflasche gekettet war. Ich ging ins Bad, duschte zum ersten Mal seit einer Woche, zog mich an, und als ich wieder rauskam, war ich so müde, dass ich mich hinlegen musste, um Luft zu holen. Mom fragte: »Willst du Augustus sehen?«
»Ich schätze schon«, sagte ich nach einer Minute. Ich stand auf, schlurfte zu einem der Plastikstühle, die an der Wand standen, und stellte die Sauerstoffflasche unter den Stuhl. Es strengte mich an.
Nach ein paar Minuten kam Dad mit Augustus zurück, dessen Haare verstrubbelt waren und ihm in die Stirn hingen. Als er mich sah, strahlte er mich mit seinem echten albernen Augustus-Waters-Grinsen an, und unwillkürlich lächelte ich zurück. Er setzte sich neben mich in einen blauen kunstledernen Lehnstuhl. Dann beugte er sich zu mir und konnte das Grinsen nicht unterdrücken.
Meine Eltern ließen uns allein, was mir irgendwie peinlich war. Ich gab mir Mühe, seinem Blick nicht auszuweichen, obwohl seine Augen so schön waren, dass es mir schwerfiel hineinzusehen. »Ich hab dich vermisst«, sagte Augustus.
Meine Stimme war leiser, als ich wollte. »Danke, dass du nicht versucht hast, mich zu sehen, als ich grauenhaft aussah.«
»Ehrlich gesagt, siehst du immer noch ziemlich schrecklich aus.«
Ich lachte. »Ich hab dich auch vermisst. Ich wollte nur nicht, dass du … das alles siehst. Ich wollte, dass … Egal. Man kriegt nicht immer, was man will.«
»Wirklich nicht?«, fragte er. »Und ich dachte immer, die Welt ist eine einzige Wunscherfüllmaschine.«
»Ist aber anscheinend nicht der Fall«, sagte ich. Er war so schön. Er griff nach meiner Hand, doch ich schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte ich leise. »Wenn wir Zeit miteinander verbringen, dann … also, nicht so.«
»Okay«, sagte er. »Also, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht von der Wunscherfüllfront.«
»Ja?«, sagte ich.
»Die schlechte Nachricht ist, dass wir natürlich nicht nach Amsterdam fahren können, bis es dir besser geht. Aber sobald du wieder auf dem Damm bist, schwingen die Feen ihren berühmten Zauberstab, und es geht los.«
»Ist das die gute Nachricht?«
»Nein, die gute Nachricht ist, als du geschlafen hast, hat Peter Van Houten uns noch ein wenig Einblick in sein brillantes Hirn gewährt.«
Er griff wieder nach meiner Hand, aber diesmal um ein schweres, gefaltetes Blatt Briefpapier hineinzulegen, in dessen Briefkopf stand: Peter Van Houten, Schriftsteller emeritus .
Ich las den Brief erst, als ich zu Hause war, in meinem eigenen riesigen und leeren Bett, wo nicht ständig die Gefahr bestand, dass ich aus medizinischen Gründen unterbrochen wurde. Es dauerte ewig, bis ich Van Houtens ausladende Krickelschrift entziffert hatte.
Lieber Mr. Waters,
ich habe Ihre elektronische Post vom 24. April
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