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Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Titel: Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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Mann, der seit Jahren betrunken war. Ich dachte an die Statistik, von der ich wünschte, ich würde sie nicht kennen: Die Hälfte aller Ehen scheitern innerhalb eines Jahres nach dem Tod eines Kindes. Ich drehte mich nach Van Houten um. Wir waren auf der College Road, doch ich hielt hinter einer Reihe von parkenden Autos und fragte: »Sie hatten ein Kind, das gestorben ist?«
    »Meine Tochter«, sagte er. »Sie war acht. Hat vorbildlich gelitten. Wurde nicht heiliggesprochen.«
    »Sie hatte Leukämie?«, fragte ich. Er nickte. »Wie Anna«, sagte ich.
    »Sehr wie sie, ja.«
    »Sie waren verheiratet?«
    »Nein. Jedenfalls nicht, als sie starb. Es war eine unerträglich lange Zeit, bevor wir sie verloren. Trauer verändert einen nicht, Hazel. Trauer bringt den wahren Charakter hervor.«
    »Haben Sie mit ihr zusammengelebt?«
    »Nein, überwiegend nicht, wobei wir sie am Ende nach New York gebracht haben, wo ich wohnte, um eine Reihe von experimentellen Foltermethoden an ihr auszuprobieren, die das Elend ihrer Tage vergrößerte, ohne ihre Anzahl zu vergrößern.«
    Nach einem Moment sagte ich: »Also haben Sie ihr sozusagen ein zweites Leben geschenkt, in dem sie zum Teenager heranwachsen durfte.«
    »Ich würde sagen, das ist eine faire Interpretation.« Dann setzte er schnell nach: »Ich nehme an, du kennst Philippa Foots Gedankenexperiment, das Trolley-Problem?«
    »Und dann bin ich vor Ihrer Haustür aufgetaucht, genauso angezogen wie das Mädchen, zu dem Ihre Tochter hätte heranwachsen sollen, und das war wie ein Schlag ins Gesicht für Sie.«
    »Eine Straßenbahn rast außer Kontrolle über die Gleise«, sagte er.
    »Mich interessiert Ihr blödes Gedankenexperiment nicht.«
    »Genau genommen ist es Philippa Foots Gedankenexperiment.«
    »Auch das interessiert mich nicht«, sagte ich.
    »Sie hat nicht verstanden, warum«, sagte er. »Ich musste ihr sagen, dass sie sterben würde. Ihre Pflegerin sagte mir, dass ich es ihr sagen musste. Ich musste ihr sagen, dass sie sterben würde, und ich habe ihr erzählt, sie würde in den Himmel kommen. Sie fragte, ob ich auch dort sein würde, und ich sagte, nein, noch nicht. Aber irgendwann, sagte sie, und ich versprach es ihr, ja, natürlich, ganz bald. Und ich sagte ihr, dass wir bis dahin schon eine tolle Familie da oben hätten, die sich um sie kümmern würde. Und sie fragte mich, wann ich kommen würde, und ich sagte ihr, bald. Das war vor zweiundzwanzig Jahren.«
    »Tut mir leid.« Und dann, nach einer Weile, fragte ich: »Was wurde aus ihrer Mutter?«
    Er lächelte. »Du willst immer noch deine Fortsetzung, du kleiner Fuchs.«
    Ich lächelte zurück. »Sie sollten nach Hause gehen«, sagte ich. »Ausnüchtern. Noch einen Roman schreiben. Das tun, worin Sie gut sind. Nicht viele Menschen haben das Privileg, in etwas so gut zu sein.«
    Er starrte mich lange im Rückspiegel an. »Okay«, sagte er. »Ja. Du hast recht. Du hast recht.« Doch während er sprach, nahm er wieder seine fast leere Whiskeyflasche heraus. Er trank, schraubte den Deckel zu und öffnete die Tür. »Leb wohl, Hazel.«
    »Machen Sie’s gut, Van Houten.«
    Er setzte sich auf den Bordstein hinter dem Wagen. Während er im Rückspiegel kleiner wurde, griff er wieder nach der Flasche, und einen Moment sah es so aus, als wollte er sie auf dem Bordstein stehen lassen. Doch dann trank er noch einen tiefen Schluck.
     
    Es war ein heißer Nachmittag in Indianapolis, still und stickig wie in einer Wolke. Für mich war es die schlimmste Art von Luft, und ich redete mir ein, es lag nur an der Luft, dass mir der Weg vom Auto zur Haustür endlos vorkam. Ich klingelte, und Gus’ Mutter öffnete mir die Tür.
    »Oh, Hazel«, sagte sie und schloss mich weinend in die Arme.
    Sie zwang mich, mit ihr und Gus’ Vater einen Teller Auberginenlasagne zu essen – anscheinend hatten alle Nachbarn Essen vorbeigebracht oder so was. »Wie geht es dir?«
    »Er fehlt mir.«
    »Ja.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wollte einfach nur runtergehen und suchen, was immer er für mich geschrieben hatte. Außerdem war die Stille im Zimmer unerträglich. Ich wollte, dass sie miteinander redeten, sich trösteten oder sich an den Händen hielten oder so was. Aber sie saßen einfach nur da und aßen ganz kleine Bissen Lasagne und sahen einander nicht mal an. »Im Himmel wurde ein Engel gebraucht«, sagte sein Vater nach einer Weile.
    »Ich weiß«, sagte ich. Dann tauchten seine Schwestern und die Rotznasen von Kindern auf

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