Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)
Drinks sind auf dem Flug umsonst. Wenn man sich anstrengt, holt man es fast wieder raus.« Van Houten nahm einen Schluck Whiskey, dann beugte er sich noch mal vor, um meinem Vater einen Schluck anzubieten, der dankend ablehnte, bevor er mir den Flachmann hinhielt. Ich nahm ihn.
»Hazel«, sagte meine Mutter, doch ich schraubte den Deckel ab und trank einen Schluck. Im nächsten Moment fühlte sich mein Magen an wie meine Lunge. Ich gab Van Houten die Flasche zurück, der einen tiefen Schluck trank. Dann sagte er: »Omnis cellula e cellula.«
»Häh?«
»Dein Freund Waters und ich haben ein wenig korrespondiert, und in seiner letzten …«
»Ach, Sie lesen Ihre Fanpost jetzt plötzlich?«
»Nein, er hat mir nach Hause geschrieben, nicht an den Verlag. Außerdem würde ich ihn kaum einen Fan nennen. Er hat mich gehasst. Trotzdem versprach er mir beharrlich, ich würde von meinem schlechten Benehmen losgesprochen, falls ich zu seiner Beerdigung kam und dir erzählte, was aus Annas Mutter wurde. Deshalb bin ich hier, und hier ist deine Antwort: Omnis cellula e cellula. «
»Was heißt das?«, fragte ich wieder.
»Omnis cellula e cellula« , wiederholte er. »Jede Zelle stammt aus einer Zelle. Jede Zelle entsteht aus einer anderen Zelle, die aus einer anderen Zelle entstanden ist. Leben entsprießt Leben. Leben zeugt Leben zeugt Leben zeugt Leben zeugt Leben.«
Wir hatten den Fuß des Hügels erreicht. »Schon klar«, sagte ich. Ich war nicht in der Stimmung für so was. Peter Van Houten würde Gus’ Beerdigung nicht an sich reißen. Das würde ich nicht zulassen. »Danke«, sagte ich. »Ich schätze, wir sind hier am Fuß des Hügels.«
»Willst du keine Erklärung?«, fragte er.
»Nein«, sagte ich. »Geht schon. Für mich sind Sie ein jämmerlicher Säufer, der schlaue Sprüche klopft, um sich wichtig zu machen wie ein frühreifer Elfjähriger, und Sie tun mir echt leid. Aber okay, Sie sind nicht mehr der Typ, der Ein herrschaftliches Leiden geschrieben hat, und deshalb können Sie sich auch keine Fortsetzung ausdenken, selbst wenn Sie wollten. Trotzdem danke. Haben Sie noch ein schönes Leben.«
»Aber …«
»Danke für den Schnaps«, sagte ich. »Und jetzt raus aus dem Wagen.« Er machte ein betroffenes Gesicht. Dad hatte angehalten, und wir standen vielleicht eine Minute da, unter Gus’ Grab, bis Van Houten die Tür öffnete und endlich schweigend ging.
Als wir wegfuhren, sah ich durch die Heckscheibe, wie er einen Schluck trank und die Flasche in meine Richtung hob, als wollte er mir zuprosten. Seine Augen sahen so traurig aus. Ehrlich gesagt hatte ich wirklich Mitleid mit ihm.
Gegen sechs waren wir endlich zu Hause, und ich war völlig erschöpft. Ich wollte nur noch schlafen, aber Mom zwang mich, ein paar Käsenudeln zu essen, die sie mich wenigstens im Bett essen ließ. Ich schlief ein paar Stunden mit dem BiPAP-Gerät. Aufwachen war schrecklich, weil ich im ersten Moment verwirrt war und dachte, es wäre alles gut, aber dann brach alles von Neuem über mich herein. Mom schloss das BiPAP ab, und ich steckte mir die Nasenstöpsel in die Nase und zog die Sauerstoffflasche mit ins Bad, um mir die Zähne zu putzen und meine Bettfrisur zu bändigen.
Als ich mich beim Zähneputzen im Spiegel ansah, wurde ich den Gedanken nicht los, dass es zwei Arten von Erwachsenen gab: Es gab die Peter Van Houtens – jämmerliche Kreaturen, die die Welt nach Opfern absuchen, die sie verletzen konnten. Und es gab Leute wie meine Eltern, die wie Zombies herumliefen und taten, was sie tun mussten, um weiterzulaufen.
Keine der beiden Zukünfte kam mir besonders verlockend vor. Es schien, als hätte ich alles Reine und Gute in der Welt bereits erlebt, und mir kam der Verdacht, dass, selbst wenn der Tod uns nicht in die Quere gekommen wäre, die Art von Liebe, die Augustus und mich verband, nie überdauern konnte. Aus Morgenröte wird grauer Tag, schrieb der Dichter. Und kein Gold ist von Dauer.
Jemand klopfte an die Badtür.
»Occupado«, sagte ich.
»Hazel«, sagte Dad. »Darf ich reinkommen?« Ich antwortete nicht, aber nach einer Weile öffnete ich die Tür. Ich setzte mich auf den Klodeckel. Warum musste Atmen so schwere Arbeit sein? Dad kniete sich neben mich. Er nahm meinen Kopf und zog ihn an sein Schlüsselbein, und er sagte: »Es tut mir so leid, dass Gus gestorben ist.« Ich hatte das Gefühl, ich bekam keine Luft durch sein T-Shirt, aber es war gut, so fest gehalten und in den vertrauten Geruch
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