Das Schiff aus Stein
Geist‹, das hat er auch immer gesagt. Dass ich nicht lache! Es hat ihm gar nichts gebracht, und ich hasse das Meer und den Handel …«
Der alte Mann packte den Jungen und zog ihn zornig an sich. »Amilcar, wenn du deine Gedanken nicht zur Ordnung rufst, wirst du dein Leben nicht meistern.«
»Na und?«, wiederholte der Junge trotzig. »Ich weiß genau, was passiert. Wo Handel ist, da sind auch Piraten und Plünderer, die fette Beute wittern! Und wenn es nicht die sind, dann ist es das Meer selbst, das einen verschlingt. Von mir aus kann das Meer alles hier verschlingen! Es ist schrecklich! Und es ist mir egal, ob ich ein guter Glasmacher bin oder nicht!«
Der alte Mann sah Amilcar fest an. »Ja, das freie Meer befreit den Geist! So hat dein Vater es wirklich immer gesagt. Und es ist gut, dass du dich daran erinnerst, auch wenn du es nur im Zorn vermagst. Dein Vater hat das Meer geliebt. Er hat ihm sein Leben und Wohl immer anvertraut. Du hast recht, dein Vater ist auf dem Meer geblieben. Doch es hat ihn und dich auch reich beschenkt.«
»Aber jetzt ist er tot«, sagte der Junge.
»Wir können Jam nicht umstimmen, wenn er sein Urteil gefällt hat. Denk daran, dass dein Vater dich geliebt hat. Und morgen gehst du zum Griechen und erledigst deinen Auftrag!«
Der alte Mann drehte sich um und ging zurück ins Haus. Der Junge sah ihm nach. Dann wandte er sich um und schaute durch die Öffnung der Kuppel in den Ofenraum. Das helle Glühen der Glasschmelze tauchte sein Gesicht in ihren Schein. Sein Blick war wach und wütend und zugleich ohne große Hoffnung.
Rufus, Filine und No sahen einander an.
»Um was geht es denn hier?«, fragte No betroffen.
Rufus wollte ihm gerade antworten, als ihn ein seltsamer Schwindel ergriff. Er fasste sich an den Kopf.
Auch Filine verzog das Gesicht. »Ich habe plötzlich Seitenstechen«, keuchte sie.
Im selben Augenblick kam Oliver über den Hof angelaufen. Er winkte heftig mit seinem Block. Darauf stand in dicken Buchstaben geschrieben: Wo sind Bent und Anselm?
No fuhr herum. »Mir ist auf einmal so kalt, Leute. Ich glaube, wir verlieren die Flut. Wir haben uns zu weit voneinander entfernt.«
»Du hast recht!« Rufus zeigte über sie, wo sich der Nachthimmel aufzulösen begann.
»Bent!«, brüllte No. »Anselm! Wo seid ihr?« Er lief in den Gang, der zur Straße führte. »Los, wir müssen sie suchen.«
Doch als sie auf die Straße hinaustraten, war von Anselm und Bent nichts zu sehen.
»Mann«, keuchte No. »Diese Obergimpel müssen einfach weggegangen sein! So ein Mist, jetzt müssen wir –«
»Zu spät!« Filine zeigte auf die Straße, die vor ihnen von einer Sekunde auf die andere im Nichts endete. »Die Flut löst sich auf.«
Den vier Lehrlingen wurde eiskalt und sie merkten, wie ein bitteres Gefühl sie ergriff.
»Wir haben sie verloren!«, rief Rufus entsetzt. »Dabei dachte ich, dass wir auf der richtigen Spur sind.«
No nickte. Er war stehen geblieben und sah sich um. Das Bild der unbekannten Stadt fiel in sich zusammen und flirrte dabei wie heiße Luft.
»Mist!«, sagte er wütend. »So ein blöder Mist!« Dann standen die Lehrlinge wieder im trockenen Kanalbett unter dem Rochusturm.
Oliver streckte den Arm aus. Filine, Rufus und No blickten in die Richtung, in die er zeigte. Etwa zweihundert Meter entfernt liefen Bent und Anselm durch den Kanal, hatten die Köpfe in den Nacken gelegt und sahen sich etwas Unsichtbares an, das weder No, Filine, Rufus oder Oliver noch erkennen konnten.
Dann packte Anselm Bent plötzlich an den Schultern und zeigte in Richtung der vier anderen. Auch bei den beiden musste sich die Flut zurückgezogen haben.
Aber es war zu spät, wieder zusammenzukommen. Die Flutgruppe hatte die Flut verloren.
Meister Otomos Haus
»Warum seid ihr so weit weggelaufen, ihr habt doch behauptet, genau zu wissen, wie weit man sich voneinander entfernen kann?!«
Filine blickte Bent und Anselm wütend an.
»Ja, aber so einen Tempel hatte ich noch nie gesehen«, sagte Bent verteidigend. »Und es war zu dunkel, um wirklich abschätzen zu können, wie weit der von euch entfernt war. Aber das ist, ehrlich gesagt, auch nicht so wichtig. Ich bin sicher, dass ich den Tempel erkannt habe, und dann sind wir eh gleich wieder in der Flut.«
»Genau«, stimmte Anselm seinem Freund zu. »Und wenn ihr gleich mitgekommen wärt, wären wir noch um den Tempel rumgekommen und hätten ihn uns richtig ansehen können. Immerhin ist klar, dass er zwei Säulen hatte
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