Das Schiff aus Stein
entlang und suchte ein Buch über Sparta. Fieberhaft blätterte er es durch. Da, da stand es! Es war das Jahr 427 vor Christus gewesen. Und in diesem Jahr musste ein Krieg in einer Stadt nahe dem noch kleinen Römischen Reich stattgefunden haben.
Rufus eilte zum nächsten Regal und suchte einen Band mit der Geschichte Roms.
Kurze Zeit später leuchteten seine Augen auf.
Die Römer hatten tatsächlich zu dieser Zeit einen Krieg gegen eine Stadt geführt. Eine Stadt der Rasenna – oder der Etrusker, wie man sie heute nannte. Rufus schlug das Buch zu. Er wusste den Namen der Stadt jetzt. »Veji«, sagte Rufus leise. »Das ist die Stadt, in die der griechische Pirat Amilcar im Jahr 407 vor Christus bringen soll.«
Im selben Moment kehrte die Flut zurück. Erschrocken sah Rufus das blaue Meer vor sich auftauchen. Er hatte den Namen laut ausgesprochen, doch damit hätte er warten müssen, bis er wieder in Meister Otomos Haus war.
»Minster!«, rief er. »Bring mich sofort auf kürzestem Wege zurück zu Meister Otomos Haus!«
Minster war schon da und lief ihm voraus.
Rufus kniff die Augen zusammen. Schon patschten seine Füße durch Wasser. So schnell er konnte, rannte er hinter dem schwarzen Schatten her.
Wieder bewies Minster, dass sie jede Abkürzung in der Akademie kannte. In Windeseile erreichten sie die Rochusturmbrücke.
In der Mitte der Brücke blieb Minster stehen.
Jetzt machte Rufus die Augen weit auf. Unter sich im Flutkanal sah er das Meer, auf dem das Schiff des griechischen Piraten segelte. Im selben Moment erschien Olivers Kopf am Fenster des Hauses von Meister Otomo.
Rufus duckte sich unwillkürlich. Oliver war also schon wach. Er hatte die Flut ebenfalls bemerkt und würde die anderen wecken. Und dann würden Bent und Anselm merken, dass Rufus nicht da gewesen war. Jetzt half nur noch eins.
Rufus zog sich auf das Brückengeländer und sprang von dort in die Tiefe. Er flog durch die Luft auf das Wasser zu. Dann tauchte die Schiffswand vor seiner Nase auf und eine Zehntelsekunde später stürzte Rufus ins Mittelmeer und fühlte, wie das kalte Wasser über ihm zusammenschlug.
Zündende Idee
Als Rufus prustend wieder auftauchte und heftig nach Luft schnappte, waren die Häuser, die links vom Kanal lagen, verschwunden. Stattdessen sah er das unendlich scheinende Meer. Vor ihm segelte das große Holzschiff, dessen Heck wie ein unbezwingbarer Turm über ihm aufragte. Rufus trat Wasser und drehte sich um. Zum Glück war das Wasser nur kalt und nicht eisig.
Rufus wandte sich Meister Otomos Haus zu. »Oliver!«, rief er. »Flut! Ich bin ins Wasser gefallen! Hilf mir!«
Der stumme Lehrling stand bereits auf einer der Holzleitern. Er trug ein mehrfach geschlungenes Seil um die Schulter und kletterte damit behände nach unten.
Als er Rufus erblickte, lächelte Oliver erleichtert. Er hielt inne und drehte sich auf der Leiter um. Dann sprang er plötzlich ab und landete über Rufus auf dem Schiff.
»Hierher, Oliver!«, rief Rufus und winkte.
Oliver kam an die Bordwand gelaufen und warf das Seil zu Rufus hinab. Der Lehrling bekam es zu fassen und kletterte wie ein Bergsteiger an der Bordwand in die Höhe.
»Danke«, stöhnte Rufus, als er triefend und keuchend auf dem Deck stand. »Ich wollte auf das Schiff klettern, aber ich bin irgendwie abgeglitten und ins Wasser gefallen.«
Oliver sah ihm forschend ins Gesicht. Dann zog er seinen Block aus der Tasche und warf eine Skizze von Rufus aufs Papier, wie dieser das Haus Meister Otomos über die Leiter verließ.
»Genau«, sagte Rufus. »Ich bin auf die Leiter und dann …«
Oliver verzog missbilligend den Mund. Er bedeutete Rufus mit einer Hand zu schweigen und zeichnete nun, wie Rufus den Wendelring in sein Bett legte und sich von diesem entfernte.
Überrascht starrte Rufus ihn an.
Du hast einen Anker aus einer Traumflut, schrieb Oliver rasch und lächelte. Und … Er zeichnete eine Brieftaube und schrieb darunter: Irgendwas mit Coralia?! !
»Woher weißt du das?«, stammelte Rufus.
Ich kann auch Traumfluten, schrieb der stumme Junge.
»Du?«
Oliver nickte. Dann schrieb er: Und du warst schon neulich nachts nicht da. Ich habe dich gesehen, wie du durch mein Zimmer raus bist. Du hast einen Anker! Ich habe keinen, aber ich weiß, dass es so was gibt. Ich habe Meister Zeitschneiders Buch gelesen. Aber was hast du mit Coralia zu tun?
»Ich … wie kommst du darauf?« Rufus stockte und schüttelte hilflos sein nasses Haar. Das Wasser tropfte ihm auf
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