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Das Schiff aus Stein

Das Schiff aus Stein

Titel: Das Schiff aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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gewesen.«
    Auch Amilcars Blick war jetzt auf die Salzberge gerichtet. Hanno stand neben ihm. Der weiße Sklave zeigte auf eine Barke, die sich ihnen näherte. »Da kommen die Vejenter.«
    »Die Vejenter?«
    »Ja, die Handelspartner des Kapitäns.«
    »Sprichst du ihre Sprache?«, fragte Amilcar.
    »Ein wenig«, antwortete Hanno. »Ihre Stadt liegt auf einem Hügel im Land, nicht weit von Rom. Ich war dort eine Zeit lang als Stratis’ Diener. Es ist eine mächtige Stadt, du wirst sehen. Sie gilt wegen ihrer hohen Mauer als uneinnehmbar, fast wie dein Tyros.«
    »Und doch«, ertönte die triumphierende Stimme des Kapitäns, »habe ich von dort einen der besten Handwerker entführt. Keine Stadt der Erde ist sicher genug, als dass menschlicher Geist ihre Mauern nicht überwinden könnte. Jede Stadt kann eingenommen werden. Die einzige Freiheit liegt auf dem Meer. Nur ein Schiff kann sein wie ein Fuchs oder ein Hase, ganz wie sein Kapitän es will! Es kann sein wie ein Jäger und es kann sich im Wind unsichtbar machen.« Er warf Hanno ein Stemmeisen und einen Hammer zu. »Nimm dem Glasmacher die Kette ab. Die Reise ist fast zu Ende. Jetzt geht es nur noch den Fluss hinauf.«
    Amilcar sah den Griechen feindselig an.
    Doch Stratis lachte nur. »Und verabschiede dich von deinem neuen Freund, meinem Sklaven. Nach Veji wirst du mit mir alleine reisen. Dort erhalte ich dann mein weißes Gold, und du gehst an die Arbeit für deinen neuen Herrn.«
    Amilcar blickte zu Hanno, der das Stemmeisen an die Kette anlegte. Und plötzlich straffte der tyrische Junge die Schultern.
    »Hör mir zu, Stratis«, sagte er. »Ich werde nur von Bord dieses Schiffes gehen, wenn ich diesen Sklaven bei mir behalten kann.« Er streckte die Hand aus und legte sie Hanno auf die Schulter. »Ohne ihn werde ich nicht gehen.«
    Hanno sah erstaunt auf.
    Der Kapitän lachte wieder. »Glaub bloß nicht, dass du hier an Bord bleiben könntest, wenn ich das nicht will.«
    »Ich werde mich im Wasser ertränken oder meinem Leben auf andere Weise ein Ende setzen«, drohte Amilcar. »Und daran kannst du mich nicht hindern! Gib mir diesen Sklaven oder lass es. Aber wenn du es nicht tust, wirst du dein Geschäft mit mir nicht machen können.«
    Interessiert musterte der griechische Pirat den jungen Glasmacher. Dann sagte er spöttisch: »So viel ist dir dein neuer Freund also wert? Wie rührend!«
    »Rührend oder nicht«, erwiderte Amilcar stolz. »Ich brauche ihn als meinen Helfer, wenn ich dort Glas machen soll. Ohne einen klugen Helfer, der meine Sprache spricht, kann ich kein Glas herstellen. Hanno versteht mich und er versteht die Sprache derer, zu denen du mich bringst. Also wird er mir dienen. Du hast die Wahl, Kapitän.«
    Stratis musterte Amilcar. Dann spuckte er auf das Deck. »Also gut, soll er dich begleiten.«
    Rufus konnte sehen, wie Hannos Augen vor Freude aufleuchteten. Aber der hellhäutige Sklave senkte sofort den Blick und ließ sich nichts anmerken. Amilcar dagegen sah den Kapitän herausfordernd an.
    Rufus spürte, dass dieser kleine Sieg Amilcar neue Kraft verlieh. Auch Oliver schien das Besondere dieses Moments wahrzunehmen, denn er stand mit seinem Block da und zeichnete die Szene.
    Dann wechselte die Flut, und die Lehrlinge drängten sich auf einem kleinen Segelboot, das den Tiber hinauffuhr. Die Männer, die das Boot steuerten, trugen knielange Tuniken mit einem Gürtel um die Hüften und hatten Mäntel über die Schultern geworfen. Im nächsten Moment befand sich die Sonne, die bis eben hinter ihnen gestanden hatte, zu ihrer Linken und vor ihnen erhob sich eine Stadt auf einem Felsen, die von einer mächtigen Mauer aus leicht rötlichem Stein umgeben war. Wieder hatte die Flut gewechselt. Amilcar musterte die Stadt.
    »Nichts gleicht Tyros«, verkündete er.
    »Hüte deine Zunge«, riet ihm der Pirat leise. »Du wirst gleich dem König vorgeführt werden. Erzürne ihn nicht und füge dich, dann wirst du vielleicht ein geachtetes Leben führen können. Aber unterschätze Veji und seine Bewohner nicht. Schau nur! Trotz dieser trockenen Gegend hier gedeihen in den Gärten dieser Stadt Früchte und Gemüse in Hülle und Fülle. Keine Stadt, die ich kenne, verfügt über ein besseres Bewässerungssystem für ihre Felder. Du kannst viel lernen von den Vejentern. Siehst du den See dort? Er ist von den Bewohnern künstlich angelegt worden, um die Felder zu wässern. Sie haben den Grund mit Ton wasserdicht gemacht und viele Tunnel führen in die

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