Das Schiff aus Stein
nützlich sein.
Schnell nahm Rufus einen kleinen schwarzen Stein aus der Mauer und steckte ihn ein. Er wollte sich gerade davonschleichen, als ihm etwas in den Sinn kam. Rufus nahm noch einen zweiten Stein und steckte ihn ebenfalls ein. Dann bat er Minster: »Führ mich zum geheimen Garten, ich muss dort etwas erledigen!«
Minster stieß ein leises Knurren aus und lief voraus.
Der Weg führte ein Stück zurück in das alte Kanalisationssystem, durch das sie hergekommen waren, dann bog die Bisamratte ab und führte Rufus durch ein enges Treppenhaus weiter hinab bis in das Gewölbe, in dem Rufus, Filine und No während ihrer letzten Flut Quartier bezogen hatten und in dem die Verteilung der Artefakte für den Flutmarkt erfolgt war. Sie durchquerten es und nachdem sie eine lange Treppe hinabgestiegen waren, betraten sie schließlich den Kanal, der zum Eisengitter vor dem geheimen Garten führte.
Rufus schloss es auf und lief dann rasch bis zum achteckigen Vogelhaus, das er ebenfalls öffnete. Er zog seinen Block hervor und hinterließ Meister McPherson eine Nachricht, in der er ihm von Coralias geheimem Fort und dem unbekannten Meister berichtete, den Coralia als Rabe bezeichnet hatte. Er berichtete von der seltsamen Geheimsprache und schrieb noch dazu, dass Coralia offensichtlich mit ihm zusammenarbeiten wollte, um irgendetwas Großes aus einer Traumflut zu holen. Dann legte er die Nachricht zusammen mit einem den beiden Steine aus dem Fort in die kleine Pagode, die dem Flutmarkthändler und ihm als Briefkasten diente.
Vielleicht konnte James McPherson mithilfe des Steins ins Fort gelangen und etwas Wichtiges in Erfahrung bringen. Auch wenn Rufus keine Ahnung hatte, wann der Meister den Stein und die Nachricht bekommen würde, einen Versuch war es ganz bestimmt wert.
Sorgsam verschloss Rufus die Pagode und das Vogelhaus wieder und kehrte mit Minster zurück in den Kanal.
»Und nun bring mich bitte, so schnell es geht, in die Bibliothek, Minster!«
Eine knappe halbe Stunde später war Rufus in der großen Halle mit der Harfe. Es war inzwischen weit nach Mitternacht, dämmerte aber noch nicht. Rufus brauchte eine glaubhafte Entschuldigung, warum er es nicht geschafft hatte, in Coralias Traumflut zu gelangen. Und dabei half nur Arbeit.
Er musste die Flut wieder zurückrufen. Denn niemand konnte gleichzeitig in einer Flut und in einer Traumflut sein.
Er beugte sich zu Minster. »Minster, ich werde jetzt lesen und nachdenken müssen! Danke, dass du mir geholfen hast!«
Minster blickte Rufus aus ihren dunklen Knopfaugen an, dann drehte sie sich um und verschwand unter einem der hohen Bücherregale.
Rufus konzentrierte sich auf seine Aufgabe.
Was hatte Stratis gesagt? Dass ein König, der an der Quelle des Tiber residierte, die Entführung des jungen Glasmachers in Auftrag gegeben hatte. Rufus’ Gedanken rasten. Und was hatte der weiße Sklave Hanno gesagt?
Der Hafen, in den sie einlaufen würden, war Ostia. Ostia war der Hafen Roms gewesen, aber Amilcar wurde zu einem König verschleppt, der mit den Römern in einer Fehde lag. Wer herrschte also dort, wo Amilcar hingebracht wurde, wenn es nicht die Römer waren? Der Grieche hatte einen Namen genannt: Rasenna. Aber der Name sagte Rufus nichts. War es vielleicht eine Stadt? Doch als er jetzt nachschlug, fand er keine mit diesem Namen.
»Rasenna«, murmelte Rufus. Aber das brachte die Flut nicht zurück.
Aber da war noch etwas gewesen. Stratis hatte etwas über die Olympiade gesagt. Dass vor weniger als zwölf Monden bei der Olympiade ein Rennen mit einem Zweigespann von Pferden stattgefunden hatte. Konnte das nicht ein Hinweis sein?
Rufus suchte einen Band über die Geschichte der Olympiade. Das Buch wog mindestens sieben Kilo und es hatte sage und schreibe 293 Olympiaden im antiken Griechenland gegeben. Fieberhaft blätterte Rufus es durch. Er hatte Glück.
Der Wettkampf mit dem Zweigespann war bei der 98. Olympiade eingeführt worden. Und diese hatte nach der modernen Zeitrechnung 408 vor Christus stattgefunden.
»Vor zwölf Monden«, flüsterte Rufus. »Das ist ein Jahr.«
Demzufolge befanden sie sich mit Amilcar also im Jahr 407 vor Christus, da die Zeit bis zu dessen Geburt rückwärts zählte. »Vierhundertsieben«, flüsterte Rufus. »Vierhundertsieben! Ein Glasmacher!«
Nichts geschah.
Was wusste er noch? Der Angriff der Römer auf die unbekannte Stadt hatte im Todesjahr des Königs Archidamos von Sparta stattgefunden. Rufus rannte an den Regalen
Weitere Kostenlose Bücher