Das Schiff aus Stein
Block zu. Doch dann schrieb er plötzlich noch einen Satz auf: Es gibt übrigens ein Mittel gegen die Geldgier. Aber es ist nicht ungefährlich, denn wer es angewendet hat, der weiß auch, wie man es vernichten kann.
Rufus sah Oliver erstaunt an. Doch noch ehe er den stummen Lehrling dazu weiter befragen konnte, rief eine Stimme über ihnen:
»Hey Leute! Warum weckt ihr uns denn nicht?«
Nos blonder Schopf war an einem Fenster von Meister Otomos Haus zu sehen. »Das ist ja wohl nicht zu fassen. Ihr stürzt euch fröhlich in die Flut und lasst uns hier pennen. Ist das euer Ernst?«
»Natürlich nicht!«, rief Rufus. »Die Flut hat uns völlig überrascht. Wir wollten euch gerade wecken. Los, kommt schon runter, bevor es zu spät ist.« Er warf Oliver einen Seitenblick zu. »Ich habe sie ausgelöst und wollte euch wecken, aber ich bin, na ja, ich bin aus dem Fenster gefallen. Zum Glück hat mich Oliver gehört und ist mir zu Hilfe geeilt.«
»Mann, Hammer!«, brüllte No. »Rufus, du dämlicher Esel! Bist du echt ins Wasser geknallt?«
Rufus nickte mit hochrotem Kopf. »Ja, voll daneben! Aber ich hab’s überlebt, wie du siehst. Los, No, hol die anderen.«
»Sowieso!« No verschwand wieder vom Fenster.
Rufus sah Oliver an. »Hast du da eben den Brunnen des Silen gemeint?«, flüsterte er.
Oliver nickte.
Ja, dachte Rufus. Die Wasser des Paktolos, vielleicht würden sie ihm in Zukunft helfen können.
Er holte tief Luft und blickte an Oliver vorbei über das Deck. Es war sehr früher Morgen. Die Segel blähten sich in einer sanften Brise und das Schiff glitt stetig über das heller werdende Wasser.
Amilcar war noch immer an den Mast gefesselt. Er lag auf den nackten Planken und schlief. Hanno lag zusammengekauert in seiner Nähe.
Rufus blickte zu Meister Otomos Haus. Es begann jetzt zu verblassen. Doch da erschien Nos Kopf wieder am Fenster. Er hatte die anderen mitgebracht.
Zwei Minuten später standen die sechs Lehrlinge alle zusammen auf dem Schiff des griechischen Piraten.
»Wie ist die Flut denn zurückgekommen?«, erkundigte sich Filine und fuhr sich mit der Hand durch ihr verstrubbeltes Haar.
Rufus lächelte ihr zu. »Ich habe nachgedacht«, erklärte er. »Ich konnte nicht schlafen und habe ein paar Fakten zusammengezählt.«
»Die Olympiade und das Zweigespann?«, fragte Filine.
Rufus nickte überrascht.
»Und der König von Sparta und der Angriff auf die Stadt der Rasenna?«, fragte Filine weiter.
»Ja«, sagte Rufus.
Filine grinste. »Wir müssten im Jahr 407 vor Christus sein«, meinte sie dann. »Ich habe auch nachgedacht. Aber diesmal bist du mir zuvorgekommen, bravo, Rufus!«
Sie lächelte Rufus mit aufrichtiger Bewunderung an und Bent und Anselm warfen sich einen Blick zu.
»Die Stadt, in die Amilcar gebracht wird, heißt Veji«, sagte Rufus.
Augenblicklich wechselte die Flut.
Das Schiff lag jetzt in einem Hafen, in dem es von anderen Schiffen nur so wimmelte. Vom mauerumsäumten Hafenbecken aus führte ein Fluss ins Landesinnere.
»Da, Junge«, hörten die Lehrlinge den Kapitän sagen. Er stand neben Amilcar und deutete auf Hafen und den Fluss. »Das hier ist Ostia und dort fließt der Tiber. Hinter seinen Ufern liegt deine Zukunft.«
Rufus sah den Fluss hinauf. Am rechten Ufer war ein großes Militärlager errichtet.
»Ein schönes Land«, meinte Amilcar spöttisch, »das mich mit Soldaten empfängt.«
»Er hat recht«, sagte Bent. »Das ist ein römisches Lager. Da würde ich gerne mal einen Blick reinwerfen.«
»Nun«, sagte Stratis und deutete auf die andere Seite des Hafens. »Ich sehe das da! Und damit werde ich bezahlt werden für meine kostbare Fracht.« Auf der linken Seite des Hafens befanden sich große Wasserbecken, die in leichten Stufen ins Landesinnere abfielen und durch niedrige Wälle mit hölzernen Schleusen voneinander getrennt waren. An ihrem Ende lagen große weiße Haufen.
»Was ist das denn?«, fragte Rufus.
»Salz«, sagte Filine. »Das sind Salzgärten, man nennt sie auch Salinen. In die Becken wird Meerwasser eingelassen und verdunstet dann in der Sonne. Dabei steigt der Salzgehalt im Wasser. Nach einer Weile wird dieses Wasser dann aus dem ersten Becken in das zweite weitergeleitet und das erste wird wieder frisch gefüllt. Und so geht es immer weiter, bis im letzten Becken schließlich das Wasser ganz verdunstet und das Salz übrig bleibt. Dann wird es zu solchen Haufen zusammengeschoben. Speisesalz ist schon immer ein sehr kostbares Gut
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