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Das Schiff der Hoffnung

Das Schiff der Hoffnung

Titel: Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auf.
    »Wer sind Sie?« fragte er heiser.
    »Kraicic«, sagte er ältere Arzt.
    »Professor Kraicic …« Haußmann hob wie flehend beide Hände. »Was ist mit meiner Frau? Bitte, sagen Sie mir die Wahrheit. Lebt sie noch? Sie haben Sie nicht operiert, nicht wahr? Sie ist doch inoperabel, wie die Ärzte sagen. Kann … kann ich sie sehen …?«
    Professor Kraicic griff in die Hosentasche, holte eine Packung Orientzigaretten heraus und hielt sie Haußmann hin. Karl schüttelte den Kopf. Der Professor steckte sich eine der goldgelben Zigaretten an.
    »Ihre Frau wird gerade operiert«, sagte er. »Oberarzt Dr. Dravo macht es allein mit drei Assistenten. Ich brauchte nicht einzugreifen. So etwas ist Routine.«
    »Natürlich, natürlich …«, stotterte Haußmann hilflos. »Routine. Es sterben ja so viele …«
    »Wer redet hier von Sterben?« Professor Kraicic setzte sich und sah Haußmann ein wenig reserviert an. »Woher kommen Sie?«
    »Aus Gelsenkirchen, Herr Professor. Eine Industriestadt in Deutschland … Ruhrgebiet …«
    »Ich kenne Deutschland. Ich habe als kriegsgefangener Militärarzt vier Jahre lang in Duisburg gearbeitet.«
    »Ach so«, sagte Haußmann. »Jaja, der Krieg …«
    Erika ist nicht tot, dachte er dabei. Sie ist noch nicht tot …
    »Wer hat Ihre Frau dort untersucht?« fragte Professor Kraicic.
    »Unser Hausarzt.«
    »Mit Röntgenkontrolle?«
    »Ich weiß nicht.« Haußmann sah zu Boden. Er schämte sich. Nie hatte er sich um die Krankheit seiner Frau gekümmert. »Deine Nerven«, hatte er immer gesagt. Oder: »Nun fang bitte nicht wieder an, hysterisch zu werden!« Er hatte sie nie gefragt, was der Arzt festgestellt hatte. Und hätte sie es ihm gesagt, würde er sicherlich geantwortet haben: »Diese Ärzte! Gnädige Frau hinten, gnädige Frau vorn, und dann 100, – DM für die Beratung. So was kennt man. Was dir fehlt, ist Arbeit. Du hast zuviel Langeweile. Früher, als wir von morgens sieben bis in die Nacht arbeiteten, da hattest du keine Zeit für Wehwehchen …«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Haußmann leise. »Erika sprach nie darüber.«
    »Und wer hat die Krebsdiagnose gestellt?«
    »Dr. Borgoporte in Rimini und Dr. Tezza in Capistrello.«
    »Mit Röntgen?«
    »Ja. Ich habe die Aufnahmen selbst gesehen.« Haußmanns Stimme zitterte. »Die dicke Verschattung im Leib … die … die Krebsgeschwulst …«
    »Ach!« Professor Kraicic zerdrückte die halb gerauchte Zigarette. »Und was wurde getan?«
    »Dr. Borgoporte riet mir, sofort nach Hause zu fahren, in eine gute Klinik. Zur Kontroll-Diagnose. Er hält Erikas Geschwulst für inoperabel.«
    »Und warum sind Sie nicht gefahren?«
    »Ich hörte von diesem Dr. Tezza …«, sagte Haußmann, und wieder schämte er sich. »Er … er galt als eine Art Wunderdoktor.«
    »Und Sie haben daran geglaubt?«
    »Würden Sie nicht an Wunder glauben, wenn Ihnen jemand sagt, die normale Medizin ist am Ende ihres Wissens?« rief Haußmann verzweifelt.
    »Nein!« Professor Kraicic sagte es ganz hart. »In der Medizin gibt es kein Ende. Täglich entwickelt sie sich weiter. Aber ohne Wunder. Durch Wissen und Können.«
    »Darauf hoffte ich ja!« stöhnte Haußmann.
    »Dieser Tezza war ein Schwindler, nehme ich an?«
    »Ja. Ein Erzgauner. Gott sei Dank merkten wir das zeitig.«
    »Und dann hörten Sie von unserem Kollegen Dr. Zeijnilagic in Sarajewo. Von seinem HTS. Und es gab für Sie nur eins: Hin nach Sarajewo. Wie die Kühe, die einem Leitstier nachtrotten, und wenn's in den Abgrund geht.«
    Haußmann nickte müde. Er wurde von Professor Kraicic seelisch zerpflückt, moralisch so ausgezogen, daß er sich wirklich wie nackt und angespuckt vorkam.
    »In allen Zeitungen stand, daß dieses HTS große Heilerfolge hat. Warum fahren Tausende nach Sarajewo?«
    »Warum zogen Millionen singend in den Krieg? Es ist das alte Rätsel, Herr Haußmann: Glaube an unbewiesene Dinge und Massenwahn.«
    »Sie glauben nicht an das HTS?«
    »Es ist noch nichts bewiesen! Es liegen keine klinischen Berichte vor, keine Forschungsreihen über Jahre hinweg, man hat ein paar Spontanheilungen in der Hand, aber in der Medizin ist man bei diesen Spontanheilungen sehr kritisch.«
    »Dann ist also auch Dr. Zeijnilagic ein Schwindler?« stotterte Haußmann.
    »Aber nein! Nein! Kollege Zeijnilagic ist ein ernsthafter Arzt und Forscher, der in jahrelanger Arbeit sein HTS entwickelt hat und ohne staatliche oder kommerzielle Hilfe, nur mit seinem eigenen Geld, einen Traum der Menschheit

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