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Das Schiff der Hoffnung

Das Schiff der Hoffnung

Titel: Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Thermosflasche und lauschten auf ein rettendes Motorengeräusch.
    Marion Gronau faßte das Ganze als eine willkommene, romantische Unterbrechung der langweiligen Reise auf. Sie lag im Gras, das Kleid war an ihren schönen Schenkeln emporgerutscht, und sie machte keinerlei Anstalten, es wieder herunterzuziehen. Im Gegenteil: Sie öffnete noch zwei Knöpfe des blusenartigen Oberteils auf, und der junge Lord hatte die Auswahl, was er mehr bewundern sollte – die weißen, langen Beine oder denn prallen Brustansatz.
    »Was wollen Sie einmal werden, Bob?« fragte sie und räkelte sich. »Sie haben studiert?«
    »Ja, Miß Marion. Soziologie.«
    »Das ist doch so etwas wie Politik …«
    »Gesellschaftslehre.«
    »Und was wollen Sie damit anfangen?«
    »Ich werde einmal einen Platz im Oberhaus bekommen, Miß Marion. Außerdem werde ich die Güter meiner Familie verwalten und Golf spielen.«
    »Ist das auch ein Beruf?« fragte Marion anzüglich.
    »Natürlich! Englands ökonomischer Blick wird beim Golfspiel trainiert. In den Pausen werden die Geschäfte abgeschlossen.«
    »Und wenn Ihr Onkel James Sie wirklich enterbt?«
    Neffe Robert lächelte mokant. »Ich bin sein einziger Erbe. Wer die englische Familientradition kennt, hat vor solchen Drohungen keine Angst.«
    »Sie werden also einmal sehr reich sein?«
    »Reich sein ist relativ.« Robert Rockpourth warf sich neben Marion in das harte, staubige Gras. »Ein Mann, der an einem schottischen See sitzt und angelt, kann reicher sein als ein Bankier in der City; denn allein die Zeit, dort zu sitzen und zu angeln, muß durch Reichtum erworben sein! Und dabei kann es ein Streckenwärter der Bahn sein. Verstehen Sie?«
    »Nein«, sagte Marion ehrlich.
    »Macht nichts.« Robert lächelte in den weißblauen Sommerhimmel. »Die meisten Menschen glauben, Reichtum sei es, Kisten voll Geld zählen zu können.«
    »Genau so denke ich auch.«
    Die Hitze war einschläfernd. Marion dehnte sich, eine wohlige Müdigkeit überkam sie, und sie fühlte, wie sie langsam wegglitt in den Schlaf. Doch bevor sie ganz versank, wurde sie wieder hellwach, denn über ihr wurde es dunkel, ein Schatten fiel auf sie, und dann spürte sie einen Kuß, schüchtern und doch voll Begehren.
    Ebenso schnell war die Sonne wieder da. Sie hörte ein leises Seufzen und neben sich das Rascheln des trockenen Grases.
    »Oh …«, sagte sie mit kindlicher Stimme. Sie breitete die Arme aus und wußte, daß jetzt auch ihr Ausschnitt auseinanderklaffte. Sie drehte den Kopf zur Seite und sah in die blauen Augen von Robert Rockpourth. »Ich habe geträumt … Ein schöner Traum. Ich wurde geküßt …«
    »So etwas träumt man manchmal.« Neffe Robert kaute an der Unterlippe. »Das macht die Sonne, Miß Marion.«
    »Es war ein Märchenprinz, der mich küßte.« Sie blinzelte zu ihm hin. »Können Sie sich vorstellen, daß ein Prinz eine arme Sekretärin küßt?«
    »Nein!« sagte Robert Rockpourth zurückhaltend. »Es gibt gewisse Konventionen, die man nicht durchbrechen sollte.«
    »Das dachte ich mir auch!« Marion setzte sich mit einem Ruck auf. Ihr Blick war giftig, aber sie sah nicht den jungen Lord an, sondern das in der Sonne schillernde Auto. Na warte, dachte sie. Du scheinheiliger Patron! Ich werde dich noch dazu bringen, daß du vor meinem Fenster stehst und Steinchen gegen die Scheibe wirfst. Und ich werde nicht aufmachen. Nein! Ich werde dich kochen lassen im eigenen Saft.
    Sie knöpfte den Ausschnitt wieder zu, zog den Rock über ihre Knie und setzte sich schicklich hin.
    Wenig später bog knarrend der Ochsenkarren um die Kurve. Der Retter.
    Man band den Rolls mit einer Leine hinten an den Karren an, der Bauer schrie unartikulierte Laute, drosch auf die beiden brummenden Ochsen ein, und während der Chauffeur mit saurer Miene hinter dem Steuer saß – man stelle sich das vor: ein Rolls-Chauffeur hinter einem Ochsenkarren! Diese Blamage! –, kletterten Robert und Marion zwischen die Leiterseiten des Karrens und setzten sich auf die obere Stange.
    »Es stinkt nach Schweinen«, sagte Robert Rockpourth und hob die Nase. »Ich kenne diesen Geruch ganz genau. Der Bauer hat mit diesem Karren Schweine zum Markt gebracht.«
    »Und nun transportiert er uns«, sagte Marion giftig.
    »Sie haben Sinn für Humor, Miß Marion«, lächelte Robert. »Das gefällt mir.«
    Und er steckte sich eine Zigarette an.
    So rückten sie nach einer Stunde glutvoller Zuckelei in Bosinj ein, einem Dorf, in dem die Welt vor 300 Jahren

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