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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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»Vielleicht ist denen bei deiner Prägung ein Irrtum unterlaufen.« Zugleich gibt sie mir mit einem Blick zu verstehen, wie sehr auch ihr der Begriff der Prägung missfällt.
    Als laute Schläge gegen die Luke donnern, öffnet sie die Klappe, und der Gelbe – inzwischen sieht er eher grünlich aus – drängt sich keuchend hinein. »Meine Güte, da drinnen ist es wirklich kalt. Ich glaube, es ist keiner mehr da, das Schiff wirkt völlig verlassen. Keine Leichen, keine Elemente, aber ich habe auch keine Schäden entdecken können.«
    »Wie weit bist du denn vorgestoßen?«, fragt die Spinnenfrau.
    »Nicht weit. Als Nächstes gehe ich mit einem der Lehrer hinein, und dann beginnen wir mit der militärischen Aufklärungsarbeit.«

    »Du spuckst ja große Töne«, frotzelt mein anderes Ich.
    »Na und?« Der Gelbe grinst. »Ich glaube, ich weiß jetzt über meine Bestimmung Bescheid. Ich bin ein Polizist. Ein Bulle, der für harte Einsätze vorgesehen ist.«
    Wir machen uns nicht die Mühe nachzufragen, was genau ein Bulle ist. Ich kann mir auch so mühelos vorstellen, dass der Gelbe, falls nötig, wie ein Bulle vorprescht.
    »Aber da drinnen ist es wirklich eiskalt«, beharrt er. »Also werden wir nicht lange bleiben können. Es sei denn, es gelingt uns irgendwie, die Heizung anzuwerfen. «
    Die drei weiblichen Mitglieder der Gruppe nehmen unsere grauen Säckchen an sich, packen die letzten Essensreste und Wasserflaschen aus und streifen die leeren Beutel über meine Arme und Beine. Sie bitten Tsinoy, ein Loch in einen der Beutel zu schneiden und ziehen ihn mir über Kopf und Schultern, so dass ich ziemlich lächerlich aussehe. Warum soll ich gehen und nicht mein Doppelgänger? Jedenfalls kann der Gelbe uns offenbar voneinander unterscheiden und hat mich ausgewählt, indem er mir die Pranke kurz auf die Schulter gelegt hat. Ich bin der weniger Erfahrene von uns beiden, schießt mir durch den Kopf. Auf mich kann man eher verzichten.
    Der Knochenkammmann liegt immer noch zusammengerollt da und tut zumindest so, als schliefe er.
    Nachdem eines der Mädchen die Luke geöffnet hat, stoßen der Gelbe und ich ins Schiffsinnere vor. Mit einem letzten warmen Luftzug schließt sich die Klappe
hinter uns. Ich fühle mich zurück auf LOS versetzt: Erneut gilt es, dem Tod durch Erfrieren zu entgehen.
    »Lass uns versuchen, bis zum Kontrollraum vorne am Bug vorzudringen. Wir sollten nachsehen, ob dort noch irgendwas funktioniert«, sagt der Gelbe.
    »Gibt es hier auch einen Bereitstellungsraum?« Sobald ich den Mund aufmache, bilden sich Wölkchen in der kalten Luft.
    »Anscheinend ja, aber dort stehen nur Gestelle und Gerüste herum, keine Landefahrzeuge oder so was.«
    »Und wie sieht’s mit Lebensmittelvorräten aus?«
    »Hab keine gesehen, aber ich war ja auch nicht lange da draußen.«
    »Mal im Ernst gefragt: Wie lange gibst du uns hier? Fünf Minuten?«
    »Für dich nicht mal so viel. Du bist schmächtiger als ich, also wirst du schneller erfrieren.«
    »Hab doch meine Polarausrüstung dabei«, erwidere ich und strecke die in die grauen Beutel gehüllten Arme hoch.
    »Tja, dann nichts wie los.«
    Ich folge ihm, dankbar dafür, dass ich die Oberflächen nicht mit bloßen Händen berühren muss. Trotzdem komme ich nur mühsam vorwärts, da ich mich nur mit den in Handschuhen steckenden Händen abstoßen kann und schlecht Halt finde, während wir uns mit großen Sprüngen nach vorn, zur Nase des Schiffskörpers bewegen.
    Die Kammer am Bug ist nicht verschlossen, zu unserer Enttäuschung aber nur rudimentär ausgestattet. Es
sind lediglich kleine Höcker im Boden und seltsame bläuliche Umrisse zu sehen; vermutlich sind das die Stellen, die dafür vorgesehen sind, dass daraus Steuerkonsolen wie Sonnenblumen in die Höhe schießen. Die Aussichtsfenster sind mit Jalousien verhängt, so dass wir keinen Ausblick auf die Sterne haben.
    »Nicht gerade vielversprechend«, bemerke ich.
    »Genau deswegen habe ich dich ja hierhergebracht. Du hast gesagt, die Schiffsleitung habe mit dir gesprochen. Vielleicht wissen die Mädchen irgendwas, das sie uns nicht verraten wollen. Ehrlich gesagt traue ich dir mehr als den beiden. Frag mich nicht warum, aber ich glaube, dass du mit diesem Ort auf irgendeine besondere Weise verbunden bist. Probier’s einfach aus.«
    »Was soll ich ausprobieren?«
    »Schau mal nach drüben.« Er deutet auf eine blaue, kreisförmig umlaufende Linie, an der die Jalousien enden. Könnte man sie von hier aus nach oben

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