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Das Schlangenmaul

Titel: Das Schlangenmaul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Fauser
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unter alten Freunden, du brauchst deine Muskelmänner nicht zu bemühen. Und das Geschäft werde ich auch nicht stören. Oder habt ihr heute wegen Trauerfall geschlossen?«
    Sie trug ein loses schwarzes Seidenkleid, das ihr gut stand. Sie hatte noch keine Zeit oder keine Lust gehabt, ihr abendliches Make-up aufzutragen, und ihr Gesicht sah mehr denn je wie das einer alten Bulldogge aus, die im Tierzirkus den Clown mimt. Nur ihre Augen waren wachsam wie die eines Kettenhunds.
    »Ein Drink, Harder, auf die alten Zeiten, und dann haust du ab.«
    Ihre Stimme war brüchig, aber ihre Bewegungen so geschmeidig wie immer. Sie goß Ricard in zwei Gläser, tat etwas Wasser hinzu und stellte sie auf den Nierentisch vor dem Sofa. Ich steckte mir eine Zigarette an und die Schachtel mit dem Aufnahmegerät in die äußere Brusttasche meiner Lederjacke. Das rote Lämpchen glühte. Betsy nahm auf dem Sofa Platz, ich pflanzte mich in einen Sessel. »Auf die alten Zeiten, Harder.«
    »Auf die Toten, Betsy.«
    Sie steckte sich ein Tiparillo an. »Ich mußte den Bullen die Namen ihrer Freier rausrücken«, sagte sie dann. »Deswegen kannst du mir keinen Vorwurf machen. Ich hab den ganzen Tag hier gesessen und geheult wie ein Schloßhund, Harder.«
    Man sah es ihr an, aber wenn sie wegen Nuchali geheult hatte, war ich der Schloßhund. Sie hatte eine Anisfahne, als ob sie darin gebadet hätte.
    »Warum hast du denn geheult, Betsy? Wo Nuchali herkam, kommen noch viele her.«
    »Du weißt nicht, wie es ist, wenn eins von den Mädchen umkommt. Es ist, als ob es uns alle erwischt hätte.«
    »Tatsächlich? Du hast doch gewußt, daß sie Spezialkunden hatte, die es gern ein bißchen auf die harte Tour machen. So etwas geht eben manchmal in die Hose.«
    »Willst du damit sagen, daß du mir die Schuld daran gibst?«
    »Wenn du nicht völlig aus Granit bist, tust du das doch selbst. Du bist schuldig, und ich bin schuldig und der, der Nuchali hierher gebracht hat. Und dann natürlich der Killer. Und der, der ihn mit Nuchali zusammengebracht hat. Der Vermittler. Falls du das nicht warst.«
    Sie leerte ihr Glas, schenkte sich noch einen ein und glotzte mich an. »Scher dich zum Teufel, Harder.«
    »Das haben mir schon viele gesagt, Betsy. Aber ich bin nun mal Harder, ich kann auch nicht aus meiner Haut. Ich möchte gern wissen, wer Nuchali abgemurkst hat.«
    »Das werden die Bullen schon rausfinden. Und die Jungs werden ihnen dabei helfen. Dich brauchen sie dabei nicht, Hardermäuschen. Du kannst ja hinterher einen Artikel schreiben.«
    »Das auch, Betsy. Aber ich möchte mich schon jetzt nützlich machen. Ehrlich gesagt, ich hab nämlich kein großes Vertrauen in die Jungs. Und ob die Bullen sich in diesen Fall so reinknien werden, wie wir das gerne hätten? Wenn der Killer ein ausgeflippter Psychopath wäre, einer von der Konditorinnung, bei dem plötzlich die Sicherungen rausgedonnert sind. Aber Nuchali hatte einen Treff mit einem alten Bekannten – ihrem Spezialkunden im Kamasutra. Kennst du den Typ?«
    Die Flasche klirrte gegen das Glas, als sie sich wieder einschenkte. »Mit diesem Scheiß darfst du nicht zu mir kommen, Harder, das solltest du wissen.«
    Ich rückte näher an sie heran. »Findest du, daß das Scheiß ist, Betsy? Und wie ist das, so ein sadistisches Schwein zu bedienen, und du machst das Spielchen mit, weil deine Familie in Thailand mit dem Riesen, den das Schwein dir gibt, wieder ein paar Monate überleben kann, und dann hat das Schwein eines Nachts keinen Abgang, das Schwein kommt nicht mehr nur vom Quietschen und Schnüffeln und Treten und Peitschen, das Schwein muß auch richtig Blut sehen, und vom Blut allein kommt es immer noch nicht, er muß auch noch würgen, Betsy, er muß draufspringen und so lange würgen, bis sie tot ist, dann kommt es ihm erst, wenn sie verröchelt und alle ist, dann kann er, und dann steht er mit seinem schlaffen leergemachten Schwanz da und sieht, da ist mir doch die Nutte glatt krepiert beim Abgang, so ein Pech. Und dann lädt er sie halt in sein Auto und wirft sie in den nächsten See, es gibt ja genug davon in der Stadt, kippen tun sie ohnehin, also rein mit dem Müll. Denn das ist die tote Nutte nun mal, sie ist Müll, ein Müllproblem, eine Wegwerfnutte ist sie. Allerdings, wenn das Komplikationen gibt mit dem Wegwerfen, wenn das nicht zu Hause passiert ist, sondern an einem Ort, wo auch noch andre Schweine verkehren, und vor allem, wenn das Schwein noch in diesem roten Nebel steckt, diesem

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