Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schlangennest

Das Schlangennest

Titel: Das Schlangennest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Alexander
Vom Netzwerk:
Leben zu empfinden.
    "Sie bleiben doch sicher zum Dinner, Doktor Gregson", meinte Claudine Forest, als sie aus der Stadt zurückkehrten. "Wir würden uns alle sehr freuen."
    "Gerne", nahm Ralph die Einladung an.
    Die Zeit bis zum Abendessen verbrachten Daphne und Ralph mit den Kindern. Robert und Joyce führten sie zu den Ruinen der alten Abtei, die im hintersten Winkel des weitläufigen Parks lagen. Noch jetzt waren an den verwitterten Steinen Brandspuren zu s ehen.
    "Die Mönche, die hier lebten, sollen lebendig verbrannt worden sein", berichtete Robert und fuhr ehrfürchtig über den Altarstein der ehemaligen Klosterkirche. "Daddy mochte es nicht, wenn wir hier spielten." Er beugte sich hinunter und zupfte an den Grasb üscheln, die zwischen den Fugen der Bodenplatten und Mauern wucherten. "Es soll hier unterirdische Gewölbe geben, aber niemand kennt ihren Eingang."
    "Fragt sich, wie sicher die Ruinen überhaupt sind", bemerkte Ralph. "Dein Vater hat euch bestimmt nicht ohne Grund verboten, dorthin zu g ehen.
    "Daddy tat nie etwas ohne Grund", erwiderte der Elfjährige traurig und legte den Arm um die Schultern seiner Schw ester.
    Daphne wunderte sich, daß nach den Streitereien bei der T estamentseröffnung das Dinner noch immer gemeinsam eingenommen wurde. Als sei nichts gewesen, nahmen die einzelnen Familienmitglieder am langen Tisch im Eßzimmer Platz. Scheinbar unbefangen plauderten sie miteinander über ganz alltägliche Dinge.
    "Was sagt der Arzt zu Joyce, Daphne?" fragte Bruno Forest, als sie beim Hauptgang angelangt waren. "Macht die Kleine For tschritte?"
    "Ich habe noch nichts davon bemerken können", warf sein Sohn ein. "Es ist absolut unnötig, das Kind so zu quälen." Er b ediente sich mit Gemüse und reichte die Platte dann an Mortimer Hammond weiter.
    "Doktor Miller ist sehr zufrieden." Daphne wandte sich direkt an Earl. "Ist Ihnen nicht aufgefallen, daß Joyce nicht mehr ganz so ängstlich und verstört reagiert? Langsam, aber sicher scheint sie sich zu erh olen."
    "Joyce war schon immer ein besonders sensibles Kind", b emerkte Mortimer Hammond. "Ich halte nach wie vor nichts davon, sie zum Psychiater zu schleppen. Viel frische Luft, Vitamine und Abwechslung können mehr bewirken als tausend Ärzte."
    "Wir sollten Daphne nicht dafür tadeln, daß sie für Joyce das Beste will", sagte Claudine und lächelte der jungen Frau über den Tisch hinweg zu.
    "Das Beste für Joyce oder für sich?" fragte Isabel Hammond scharf. "Ich..."
    "Isabel!" Earl warf ihr einen mahnenden Blick zu.
    "Vielleicht sollten wir Daphne einmal fragen, was sie heute vormittag in Richards Zimmer getan hat", meinte Mortimer Hammond.
    Alle Augen wandten sich der jungen Frau zu. Ralph Gregson, der neben Daphne saß, legte leicht seine Hand auf ihren Arm.
    "Woher wollen Sie wissen, daß ich im Zimmer meines verstorbenen Schwagers gewesen bin?" fragte sie und blickte dem Wissenschaftler ins Gesicht. "Und selbst wenn es der Fall wäre, wen geht es etwas an? Wie ich Ihnen bereits heute morgen sagte, dies ist Roberts Haus."
    Das Gesicht des älteren Herrn rötete sich. Auf seiner Stirn schwoll eine dicke Ader. "Muß ich mir das wirklich bieten la ssen?" fragte er. "Muß ich..."
    "Großvater, wann wirst du endlich begreifen, daß es Leute gibt, die man am besten ignoriert", meinte Isabel. "Was immer auch Daphne in Richards Zimmer getan haben mag, es muß uns nicht interessieren."
    Thomson trat gefolgt von einem der Hausmädchen ins Zimmer, um das Geschirr abzuräumen und das Dessert zu servieren. Das Gespräch wandte sich wieder allgemeinen Themen zu. Bruno Forest sprach von dem Buch, an dem er arbeitete, und Mortimer Hammond erwähnte, daß er dabei war, einen Kraftstoff zu erfinden, der die Welt vom Erdöl unabhängig machen würde.
    Endlich wurde die Tafel aufgehoben. Daphne hatte das Ende der langen Mahlzeit kaum noch erwarten können. Sie sehnte sich danach, endlich mit Ralph Gregson alleine zu sein. Deshalb war sie auch froh, als es Ralph ablehnte, sich mit den Männern zu e inem Glas Portwein zurückziehen.
    "Ich habe noch einiges mit Miß Baker zu besprechen", en tschuldigte er sich. "Zudem ist es schon spät und mein Vater erwartet mich noch heute abend zurück."
    "Sonst hätten Sie gerne auf Hammond Hall übernachten kö nnen", meinte Claudine. "Aber wir wollen Sie natürlich nicht aufhalten, Doktor Gregson."
    Einige Minuten später verließ Daphne mit dem jungen Anwalt das Haus. Tief atmete sie die reine, frische Seeluft ein.

Weitere Kostenlose Bücher