Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
einmal nach Lion schauen könnten. Nicht dass er wieder nicht schlafen geht und nur Fernsehen schaut!«
    »Das mache ich auf alle Fälle«, sagte Nadjeschda, »Ich sehe nach ihm und bringe ihn ins Bett. Mach dir keine Sorgen.« Im kleinen Windfang am Eingang zum Office speichelte ich meinen Finger ein und steckte ihn in die Detektoröffnung. Gleichzeitig schaute ich in die Linse der Kamera, die meine Netzhaut abglich, aber das war Blödsinn. Die sicherste Überprüfung ist die genetische, da man Fingerabdrücke fälschen, Fingerkuppen transplantieren oder ein Passwort durch Foltermethoden erfahren könnte. Es ist entschieden tauglicher, die Epithelzellen und Erythrozyten, die generell im Speichel vorkommen, zu überprüfen.
    Immer wenn ich den Finger an die Detektorfläche hielt, war ich etwas aufgeregt.
    Unter der Kontaktfläche befand sich eine Nadel mit einem Serum, das einen Menschen in zwei Sekunden unschädlich macht. Wenn die Genanalyse ergibt, dass ein Fremdling in den Windfang eingedrungen ist, sticht die Nadel zu.
    Es war natürlich alles in Ordnung. Die Tür öffnete sich und über ihr leuchtete ein grünes Lämpchen auf. Ich trat ein und grüßte den Wachmann.
    »Hallo, Tikkirej«, erwiderte er, »du bist heute ziemlich zeitig.«
    »Ich hatte nichts weiter zu tun«, erklärte ich.
    Es gefiel mir sehr, wie man sich mir gegenüber am Arbeitsplatz verhielt. Niemand machte sich über mein Alter oder meine Herkunft von einem anderen Planeten lustig.
    Und auch umgekehrt: Niemand behandelte mich mit besonderer Rücksicht.
    Als Stasj meinetwegen verhandelte, schlug er mir drei Arbeiten zur Auswahl vor: die erste im analytischen Zentrum, das Informationen über alle Planeten des Imperiums sammelte. Die zweite als Techniker auf dem Kosmodrom der Phagen. Wenn man dort gearbeitet hatte, war es leicht, auf einer Pilotenschule angenommen zu werden. Und die dritte in einer Firma, die Waffen untersuchte und entwickelte.
    Ich entschied mich für die Waffenfirma.
    Hauptsächlich deshalb, weil ich hier am wenigsten arbeiten brauchte, und das bedeutete, dass ich Lion nicht in ein Krankenhaus geben musste. Im Großen und Ganzen habe ich es nicht bedauert. Ich bekam die Funktion eines Hilfstechnikers und ein Arbeitszimmer – na ja, nicht für mich allein, sondern zusammen mit Boris Petrowitsch Tarassow, der Cheftechniker und mein Vorgesetzter war.
    Er war schon anwesend. Dünn, lang, kahl geschoren – lediglich auf dem Scheitel thronte ein langes Haarbüschel. Am Anfang hatte ich mich etwas vor seinem Anblick gefürchtet. Aber nicht lange, denn Tarassow erwies sich als guter Mensch. Auf der Welt gibt es bestimmt mehr gute Menschen als böse.
    »Guten Tag, guten Tag...«, murmelte Tarassow, kaum dass ich das Zimmer betreten hatte. Er kroch geradezu in den Bildschirm des Genscanners, auf dem sich eine wundersame Peptidkette drehte.
    Hatte er etwa mein Spiegelbild auf dem Bildschirm gesehen?
    »Guten Tag, Boris Petrowitsch«, sagte ich laut, »macht es etwas aus, dass ich früher da bin?«
    Tarassow hüpfte aus dem Sessel, drehte sich zu mir um und schrie mich an: »Tikkirej? Du kannst dich doch nicht einfach anschleichen, oder willst du, dass mir das Herz stehen bleibt?«
    »Sie haben mich doch gegrüßt«, rechtfertigte ich mich verwirrt.
    Tarassow hob erstaunt seine Augenbrauen. »Gegrüßt? Ich? Ah... komm mal her, Tikkirej!«
    Ich ging zu ihm und schaute mit einem Auge auf die Plattform des Analysegeräts. Dort lag ein Schlangenschwert, ganz ruhig. Das also hat Boris Petrowitsch untersucht...
    »Ich habe diese Schöne dort begrüßt«, erklärte Tarassow und tippte mit dem Finger auf den Bildschirm, »siehst du?«
    »Ich sehe sie, verstehe aber nichts«, gab ich zu.
    »Diese Plasmapeitsche ist Ausschuss«, erläutete Tarassow. »Es ist eine Schande. Eine Peitsche bindet sich an ihren Meister und arbeitet nur mit ihm, das weißt du doch?«
    »Ja.«
    »Tja, also bei dieser kam es nie zu einem Imprinting. Nicht beim ersten Phagen, nicht beim zweiten, nicht beim dritten. Eine individuelle Abneigung kommt natürlich vor, quasi lebende Mechanismen sind kompliziert. Aber diese hier möchte niemanden annehmen. Ein genetischer Defekt, leider Gottes. Irgendeine Unzulänglichkeit während des Produktionsstadiums.«
    »Kann man das heilen?«, wollte ich wissen und warf eine Blick auf die Waffe. Die Plasmapeitsche der Phagen ähnelte wirklich einer Schlange – rund einen Meter lang, mit silbrigen Schuppen bedeckt und mit einem flachen

Weitere Kostenlose Bücher