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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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geplant!
    Ein Agent der Phagen nahm Verbindung mit uns auf und wir erstatteten ihm über alles Bericht. Nach zwei Stunden kamen Raumschiffe des Imperiums, setzen Luftlandetruppen aus und befreiten uns. Wir nahmen sogar an den Kampfhandlungen teil – wir verbarrikadierten uns in der Werkhalle für Heißpressen und ließen die Soldaten des Inej nicht in die Halle hinein. Sie wurden von uns aus Schläuchen mit flüssiger chlorhaltiger Plastikmasse übergossen.
    Alles in allem war es recht lustig.
    Als uns Ramon in seinem schicken Sportauto nach Hause brachte, betonte er nochmals, dass es keine Information über Neu-Kuweit gäbe. Deshalb sollte man auch nicht von vornherein vom Schlimmsten ausgehen. Im Gegenteil, so etwas dürfte überhaupt nicht passieren. Aber... sicherheitshalber...
    Ich nickte schläfrig und schaute aus dem Fenster. Mein vierter Planet. Und an den zweiten konnte ich mich nicht einmal erinnern. So war es eben. Vielleicht sollte ich dem Kapitän der Kljasma einen Brief schreiben? Um herauszufinden, wo ich war?
    Schade, dass ich kein Phag werden kann, dachte ich. Aber ihnen zu helfen ist auch interessant. Obwohl es nicht ganz das dasselbe ist.
    »Seht zu, dass ihr ausschlafen könnt!«, riet Ramon. »Schlaft wenigstens ein bisschen. Um zehn wird euch Stasj abholen und zum Kosmodrom bringen.«
    »Und wer fliegt das Raumschiff?«, erkundigte ich mich.
    »Nicht Stasj. Er hat eine andere Aufgabe«, erwiderte Ramon nach kurzem Zögern. »Ich auch nicht. Aber das ist unwichtig, Jungs. Ein jeder von uns Phagen wird mit dieser Mission klarkommen.«
    »Ich weiß. Aber es ist trotzdem besser, wenn dein Freund bei dir ist, oder nicht?«
    Ramon zuckte mit den Schultern. »Ich erkenne die Theorie von Stasj. Verstehst du, Tikkirej, persönliche Beziehungen – das ist eine Medaille mit zwei Seiten. Natürlich sind die Menschen keine Roboter, die ohne Emotionen leben können, ohne Sympathie, Freundschaft oder umgekehrt. Wenn du wüsstest, wie viel Leid gerade diese persönlichen Beziehungen den Menschen zugefügt haben!?«
    »Wieso denn das?«, wollte ich wissen. »Der erste Sternenflieger, Son Chai, kehrte entgegen der Fügung des Schicksals auf die Erde zurück, nur weil er sich nach seiner Geliebten sehnte! Und der Pilot der Magellan konnte ein havariertes Raumschiff landen, weil seine Familie sich darin befand. Und...«
    »Du führst lediglich positive Beispiele an, Tikkirej. Aus dem Lehrbuch für Ethik für die fünfte Klasse, stimmts?«
    »Kann sein...« Ich überlegte. »Ich glaube, ja.«
    »Du hast damit durchaus Recht«, fing Ramon rhythmisch, als würde er Nägel einschlagen, an zu sprechen. »Im gewöhnlichen menschlichen Leben sind Freundschaft, Liebe, Zärtlichkeit – all das, was wir unter dem Begriff ›positive persönliche Beziehungen‹ verstehen – sehr wichtig. Aber jedes Ding hat zwei Seiten. Ein einfaches Beispiel: Wenn dein Freund Rossi zu dir eine größere Freundschaft empfunden hätte, hätte er dir sofort geholfen.«
    »Er wusste aber doch nicht, wie man jemanden rettet, der durch das Eis gebrochen ist!«, wandte ich zu Rossis Verteidigung ein.
    »Genau. Und ihr hättet beide sterben können. Je freundlicher die Menschen im ungefährlichen und abgesicherten Alltag miteinander umgehen, desto besser. So kann ein Mensch beim Versuch, ein untergehendes Kind zu retten, sein Leben riskieren oder sich Sorgen machen wegen Unannehmlichkeiten, die seinen Freund betreffen! Das ist nicht weiter gefährlich. Es nützt der Gesellschaft. In einigen Berufen jedoch...« Ramon zögerte. »Tikkirej, stell dir zum Beispiel Folgendes vor: Du bist auf Neu-Kuweit in Lebensgefahr. Dir droht der Tod, weil du als unser Agent erkannt wurdest und beschlossen wurde, dich öffentlich hinzurichten. Unter den Zuschauern sitzt Stasj. Er kann versuchen dich zu retten. Er hat ungeachtet aller seiner Fähigkeiten als Phag so gut wie keine Chancen... Stasj besitzt jedoch eine äußerst wichtige Information, die an den Imperator weitergeleitet werden muss. Was wird er machen?«
    »Stasj wird das Imperium nicht verraten«, antwortete ich. »Er wird sich nicht einmischen... danach wird er sich Vorwürfe machen. Und das war’s.«
    Mir wurde unheimlich zumute bei dieser Vorstellung! Als ob ich wirklich auf dem riesigen Platz in Agrabad stehen würde, auf einem grob zusammengezimmerten Holzpodest, wie in alten Filmen. Ich sah mich da mit auf den Rücken gefesselten Händen stehen, nackt bis zum Gürtel, und ein riesiger Henker

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