Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
Kugel, sondern als gelb-grüne Ebene, die mit Wolkenflecken bedeckt war. Obwohl noch zu sehen war, wie sie sich am Horizont krümmte und nach unten verschwand. Die Sonne von Neu-Kuweit ging hinter dem Horizont unter unseren Füßen auf und die Eiskapsel funkelte wie Kristall.
    »Mensch...!«, flüsterte Lion.
    Die Sterne schienen hier noch hell und strahlend. Die Kapsel bewegte sich gleichmäßig, ohne Schütteln. Aber wir spürten deutlich, dass wir uns schon nicht mehr auf der Umlaufbahn, sondern im Landeanflug befanden.
    »Schwerelosigkeit ist prima, stimmt’s?«, fragte Lion.
    Ich antwortete nicht. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass Schwerelosigkeit eingetreten war, dass wir in unserer winzigen Eishöhle schwebten, nur mit lächerlichen Grasbändern festgeschnallt. Ich sah auf das Raumschiff der Phagen, das zielstrebig vorwärts und nach unten flog. Das war ein starkes und sicheres Schiff...
    »Tikkirej!«
    »Was ist?«
    »Hey, schläfst du?« Lion drehte sich um und schaute mir in die Augen. »Sieh nur, echt cool! Da ist die Sonne!«
    »Welche Sonne?«
    »Die von der Erde, wo alle Menschen herstammen... Da, schau doch mal!«
    Ich sah hin. Ein ganz gewöhnlicher Stern, nichts Besonderes.
    »Ich möchte mal zur Erde«, sagte Lion. »Ich sehe mir unbedingt Australien, Shitomir und London an. Und außerdem möchte ich auf den Edem... Da, schau doch mal, das ist dort... Nein, er ist nicht zu sehen, ist hinter dem Horizont... Und wo ist der Avalon, kannst du ihn erkennen?«
    Es war klar, dass er sich doch etwas fürchtete und deshalb ohne Unterbrechung sprach. Das sagte ich natürlich nicht laut, und fünf Minuten lang schauten wir uns Sternbilder an und erörterten, welche Planeten uns und welche den Fremden gehörten. Die Sonne von Neu-Kuweit stieg indessen höher und höher, wir mussten die Augen zusammenkneifen vor diesem grellen Strahlen, das sich über die Kapsel ergoss. Ich fand, dass uns Sonnenbrillen nicht geschadet hätten. Aber auch die Phagen können eben nicht an alles denken.
    »Siehst du, dass wir gewendet haben?«, stieß Lion aufgeregt heraus. »Die Atmosphäre bremst... Wir sind jetzt circa fünfzig Kilometer hoch... Nein, noch höher...«
    »Schaffen wir es wirklich, zu landen?«
    »Das schaffen wir!«
    Jetzt flog die Kapsel mit dem Boden nach vorn. Das Eis auf der Unterseite der Kapsel trübte sich ein und schmolz. Das unerträgliche Sonnenlicht wurde schwächer, so als ob es durch mattes Glas gedämpft würde.
    Vielleicht denken die Phagen wirklich an alles.
    Die Schwerelosigkeit verschwand genauso unmerklich, wie sie auf getreten war. Wir wurden auf die Matten gedrückt. Zuerst schwach, dann genau wie auf einem normalen Planeten.
    »Es wächst bis vier ›g‹ an«, teilte Lion mit. Warum er das sagte, war nicht nachvollziehbar, denn ich wusste es ja selbst. Wir hatten einen Belastungstest durchgeführt.
    »Wenn es doch schon zu Ende wäre...«
    »Die Belastung?«
    »Nein, die Landung!«
    Der Druck wurde immer stärker. Dann fühlte ich eine leichte Vibration. Das Licht wurde heller, aber es war kein Sonnenlicht mehr, sondern ein in das Auge stechender rötlicher Glanz.
    »So, jetzt sind wir in die Atmosphäre eingetaucht«, flüsterte Lion.
    Ich drehte den Kopf und schaute auf den Boden der Kapsel. Er war völlig trüb, aber trotzdem konnte man eine Flamme erkennen, die wie ein luftiges Feuerkissen vor uns tanzte. Die Flamme breitete sich aus, schloss die Kapsel ein und flackerte.
    Hinter uns entfernte sich ein kurzer Feuerschweif.
    »Und das... das wird nicht geortet?«, fragte ich. Mich gruselte es. Nur ein halber Meter tauendes Eis trennte uns von einer Plasmawolke!
    »Eigentlich nicht, wir haben speziell für die Landung die Zone des Morgenrots ausgesucht«, antwortete Lion. »Die Sonne hier ist aktiv... Es gibt oft Störungen auf dem Radar und visuell kann man es auch nur sehr schwer feststellen...«
    Das Licht begann zu verblassen und die Schwerelosigkeit kam wieder. Das war das erste Eintauchmanöver – wir schlitterten über die Atmosphäre, verloren dabei an Geschwindigkeit, prallten ab wie ein flacher Stein von der Wasseroberfläche und fielen wieder nach unten.
    »Beklemmend«, bekannte ich und war über meine eigenen Worte erstaunt. »Lion, hast du überhaupt keine Angst?«
    Er antwortete nicht sofort, murmelte aber dann: »Ein wenig schon...«
    Um die Kapsel loderte erneut eine Flamme. Dieses Mal wurden wir stärker durchgeschüttelt, die Kapsel vibrierte wie ein altes Auto auf

Weitere Kostenlose Bücher