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Das Schlangental - Neal Carey 3

Das Schlangental - Neal Carey 3

Titel: Das Schlangental - Neal Carey 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Cal stand oben auf der Treppe.
    Strekker war teuflisch schnell. Er erfaßte schlagartig die Lage, traf eine Entscheidung und trat die Tür zu.
    Neal konnte ihn draußen hören, er rief die übrigen Männer zu sich. Dann das Geräusch von Stiefeln im Schnee, das Klick-klack der Gewehre, das Knallen, mit dem das Festungstor zuschlug.
    Toll, dachte Neal, wir sind im Bunker gefangen, in der Festung eingesperrt und umzingelt von ein paar Dutzend bestens gerüsteten, gut trainierten fanatischen Mördern.
    »Okay«, sagte Ed, »seid ihr bereit, den Laden hier hochgehen zu lassen?« 
     
    Steve Mills rückte das kleine Käppi auf seinem Hinterkopf zurecht und erhob sich am Tischende.
    Er räusperte sich, sah nacheinander Peggy, Shelly und Karen an, dann sagte er: »Wie ihr alle nur zu gut wißt, fehlen mir nur selten die Worte. Aber heute begehe ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Feiertag zu Ehren meines Vaters und meiner Großeltern. Ich wußte nie und habe mich nie darum gekümmert, warum sie ihr Judentum aufgegeben haben. Ich bin immer davon ausgegangen, sie wollten in Amerika ein bißchen besser klarkommen. Und ich schätze, es hat funktioniert: Ich habe mich immer hundert Prozent zu Hause gefühlt in diesem Land. Bis vor kurzem ist mir noch nicht klar gewesen, daß dieser Komfort auch seinen Preis hat und daß mein Großvater und mein Vater diesen Preis irgendwann bezahlt haben. Der Preis war ihre Herkunft und ihre Identität, und leider wohl auch ein Teil ihres Stolzes. Und so feiere ich heute abend einen Tag, über den ich nicht viel weiß, um ihnen ein bißchen von ihrer Person zurückzugeben. Vielleicht auch, um einen Teil von mir zurückzufordern, der verlorengegangen ist. Und um dir etwas zurückzugeben, Shelly, das wir dir vorenthalten haben.«
    Er sah die Tränen in den Augen seiner Frau und seiner Tochter und mußte innehalten und sich erneut räuspern.
    »Es ist nicht so, daß wir uns je geschämt hätten, jüdisch zu sein … und jetzt erst recht nicht. Es war einfach nur etwas, über das wir nicht viel nachgedacht haben, genausowenig, wie wir darüber nachgedacht haben, Christen zu sein. Es war einfach keine große Sache.
    Aber dann habe ich gesehen, wie meine Tochter«- er hielt inne und lächelte Shelly an -»mißbraucht wurde, weil ihr Vater Halbjude ist, und von diesem Augenblick an war es eine große Sache. Ich schätze, meine Großeltern haben darunter gelitten, Juden in Rußland zu sein. Möglicherweise sind sie deswegen nach Amerika gekommen. Und sie waren angsterfüllt, also hielten sie sich zurück, weil sie nicht wollten, daß ihre Kinder so leiden sollten wie sie. Und Gott segne sie, aber ich glaube, das war falsch.
    In diesem Land … wenn es irgend etwas zu bedeuten hat, dann dies: Daß man nicht verstecken muß, wer man ist, und sich nicht vor Idioten im Staub winden muß, die einen dafür hassen. Und ich liebe dieses Land.
    Karen, vielen Dank, daß du heute abend unser Ehrengast bist und diese neue Tradition mit uns teilst. Und Peggy, ich hoffe, deine irisch-katholischen Angehörigen vergeben dir, hier zu sitzen…«
    »Ich hätte es um nichts in der Welt missen mögen«, sagte Peggy.
    »Also, Shelly«, bat Steve, »würdest du zu Ehren deiner Großeltern, Urgroßeltern und der ganzen Familie, die noch davor kam, die Kerzen anzünden?«
    Steve sah zu, Peggy weinte leise in ihre Serviette, und Karen Hawley strahlte, während Shelly Mills in ihrem weißen Kleid mit offenem Haar, das im sanften Licht schimmerte, sich erhob und die Kerzen der Menora entzündete.
    Als sie fertig war, goß Steve allen den traditionellen Wein ein und sprach den traditionellen Spruch: »L’chaim – auf das Leben.« 
     
    »Du weißt, daß ich ihn umbringe!« brüllte Neal durch die Schießscharte. Er hatte Jory vor sich, Eds Pistole zeigte auf seinen Kopf.
    »Ich weiß!« brüllte Hansen zurück.
    »Wir kommen jetzt raus!« schrie Neal. »Wir steigen in den Laster und fahren nach Austin! Wir lassen ihn gehen, wenn wir dort sind! Wenn ich etwas sehe, höre oder auch nur rieche, was mir nicht paßt, schieß’ ich ihn tot! Hast du das kapiert?«
    »Verstanden!« brüllte Hansen.
    Neal sah Ed an, der Graham im Rettungsgriff über der Schulter trug. In der anderen Hand hielt er die kleine schwarze Kiste.
    »Kann’s losgehen?« fragte Neal.
    »Los.«
    Neal packte seine Geisel am Kragen und schob ihn zur Tür.
    »Bist du sicher, daß du das schaffst?« fragte Hansen. Er machte sich Sorgen. Sie hatten alles

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