Das Schlangental - Neal Carey 3
Traktoren und einige andere landwirtschaftliche Geräte standen, die Neal nicht kannte. Ungefähr fünfzig Meter nördlich des Hauses befand sich ein mit Metallrohren gesicherter Pferch. Drei Pferde richteten ihre Ohren auf, als sie den Truck kommen hörten und trotteten an den Rand der Umzäunung. Es gab noch zwei kleinere Gehege und dahinter noch eine kleine Scheune.
»Wie schön«, sagte Neal, als er aus dem Wagen stieg.
Er meinte es ernst. Mills’ Haus schien ganz allein mitten im Beifuß zu stehen, das einzige Haus, das in diesem wunderbaren Tal zu sehen war, umrahmt von den Bergen. Die Ruhe war gleichermaßen betörend und angsteinflößend.
»Yeah, na ja, hat schon was«, sagte Steve. »Natürlich liegt von Oktober bis April ein halber Meter Schnee drauf, und dann steht man bis irgendwann im Juni knietief im Matsch. Bis September ist es staubtrocken, und der Herbst dauert ungefähr anderthalb Stunden, dann schneit es wieder. Aber ich liebe es einfach. Und wo wir schon beim Thema sind: Da ist meine Frau.«
Die »Frau« war vielleicht einszweiundsechzig auf Zehenspitzen. Schwarzes Haar, das bis knapp über die Ohren reichte, rahmte ihre starken Wangenknochen ein, eine kräftige Nase, ein kräftiger Kiefer, breite Augenbrauen. Ihr Gesicht war nicht schön. Es war angenehm, und dieser Eindruck wurde eher noch verstärkt durch die Lach- und Sorgenfalten, die zwanzig Jahre Wahnsinn auf einer einsam gelegenen Ranch zwanzig Meilen von Nirgendwo hinterlassen hatten.
Sie trug ein rotes Hemd, das sie in eine enge Blue Jeans gestopft hatte, dazu weiße Turnschuhe. Sie hatte die Ärmel aufgekrempelt, und insgesamt strahlte sie Kraft, Effizienz und Energie aus.
Sie küßte ihren Mann auf die Wange und streckte Neal die Hand hin.
»Ich habe einen Streuner mitgebracht«, sagte Steve zu ihr. »Das ist Neal Carey.«
»Ich bin Peggy Mills. Willkommen.«
Falls sie überrascht oder verärgert darüber war, plötzlich einen Fremden zu Gast zu haben, zeigte sie es jedenfalls nicht. Neal hatte das Gefühl, daß er nicht der erste Streuner war, den Steve mit nach Hause brachte.
»Vielen Dank.«
»Hat Steve Ihnen schon die Sehenswürdigkeiten gezeigt?«
»Einige.«
»Möcht’ ich wetten. Kommen Sie rein.«
Sie führte ihn in die Küche und ließ Neal an einem Holztisch Platz nehmen. Die Küche war klein, aber ordentlich. Töpfe, Pfannen und Kochgeschirr hingen an einem Metallring über der Spüle. Kariertes Wachstuch bedeckte den Tresen.
»Wo ist Shelly?« fragte Steve.
»Reitet mit Jory Hansen aus. Sie sollte bald zurück sein.«
Steve kicherte. »Das wird Jorys altem Herrn gar nicht gefallen, daß er einen Samstagnachmittag verschwendet.« Er goß sich eine Tasse Kaffee aus der Kanne auf dem Tresen ein und setzte sich.
»Mach’s dir nicht zu gemütlich«, sagte Peggy. »Ich glaube, Eleanor ist krank.«
»Oh?«
»Sie hat den ganzen Nachmittag geschrien.«
Steve nahm einen Schluck von seinem Kaffee, stellte die Tasse ab, ging zur Tür.
»Nie kann man mal Pause machen«, klagte er. »Wir sehen uns, Neal.«
»Ich bin gleich zurück«, sagte Peggy. »Nehmen Sie sich eine Tasse.« Sie folgte ihrem Mann auf die kleine Veranda, wo er sich gerade Gummistiefel anzog.
Neal ging davon aus, daß Steve ihr von seinem Gast erzählte. Neal sah sich inzwischen im Haus um.
Es war quadratisch. Die Wände bestanden aus großen, dunklen Holzstämmen, mit weißem Mörtel dazwischen. Die Küche beanspruchte ein schmales Rechteck an der Nordseite des Hauses. Der Tisch stand vor einem großen Fenster, durch das man auf die Berge im Osten schauen konnte. Durch drei weitere Fenster konnte man nach Norden, auf den Pferdepferch und die Scheunen schauen. Schränke und eine Treppe bildeten die Südwand der Küche. Auf der anderen Seite gab es ein großes Wohnzimmer, das den Rest des Erdgeschosses in Anspruch nahm.
Das Wohnzimmer war großartig. Ein gemauerter Kamin nahm den Großteil der Nordseite ein. Ein großes Sofa erstreckte sich an der gegenüberliegenden Wand, daneben standen zwei große Sessel, sie verbanden Sofa und Kamin zu einer gemütlichen Sitzecke. Auf dem Boden lag ein großer, dunkelblauer Indianer-Teppich, ein großer gläserner Kaffeetisch stand darauf.
Die Ostseite war wunderbar, weil sie im Grunde nur aus einem einzigen Panoramafenster bestand, das einen herrlichen Blick auf die Ranch der Mills’ freigab. Hinter der Veranda, die die Ost- und Südseite des Hauses umschloß, befand sich ein kleiner Rasen, den jemand
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