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Das Schlangental - Neal Carey 3

Das Schlangental - Neal Carey 3

Titel: Das Schlangental - Neal Carey 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Office anzurufen, dann schlief er ein. Eine Stunde später wachte er auf.
    »Sie sehen nicht verrückter aus als ein zahmer Waschbär!« brüllte Steve.
    »Was?« brüllte Neal Carey über den Lärm des alten Truck, der über den Highway 50 ratterte, hinweg.
    »Ich hab’ gesagt, Sie sehen nicht verrückter aus, als ein zahmer Waschbär«, entgegnete Steve Mills. Sein Gesicht verzog sich zu einem knitterigen Grinsen. »Ich hab’ gedacht, daß man verrückter sein muß als ein zahmer Waschbär, um ohne besonderen Grund hier durchs Land zu ziehen.«
    »Bin ich vielleicht auch«, entgegnete Neal. »Wie verrückt ist ein zahmer Waschbär?«
    »Ziemlich verrückt. Natürlich hat niemand, der versucht, in Nevada eine Ranch zu führen, das Recht, jemand anderen als ›verrückt‹ zu bezeichnen. Also selbst wenn Sie verrückter sind als ein zahmer Waschbär, habe ich wahrscheinlich immer noch zwanzig Jahre Vorsprung! Halten Sie mal das Lenkrad, ja?«
    Neal langte hinüber und hielt das Lenkrad, während Steve Mills ein Päckchen Camel aus seiner Hemdtasche zog, sich eine Zigarette in den Mund steckte, ein Streichholz anriß und sie anzündete.
    »Ich hoffe, das macht Ihnen nichts aus«, sagte Steve und blies eine Rauchwolke aus, »aber seit dem Herzanfall macht mir meine Frau die Hölle heiß, wenn sie mich qualmen sieht. Sie mußten mich nach Fallon fliegen, so hab’ ich doch wenigstens mal ein bißchen von meinem Versicherungsgeld zurückgekriegt! Hat meiner Frau aber Angst gemacht. Sie sagt, wenn es wieder passiert und sie Kippen bei mir findet, läßt sie mich einfach in der Scheune sterben. Ich hab’ gesagt, sie kann mich da ja auch begraben, wo ich doch sowieso den Großteil meines Lebens bis zum Arsch in Kuhscheiße gewatet bin. Sie sagen nicht viel, oder?«
    »Ich hör’ gern zu.«
    »Na, das könnte ja ganz gut passen, weil ich gern rede und meine Frau und meine Tochter schon alle meine Geschichten gehört haben – zweimal. Selbst meine Kuhherde freut sich auf meinen nächsten Herzanfall, damit sie mir nicht mehr zuhören muß. Mein Vieh macht nicht ›Muh‹, es sagt: ›Halt’s Maul.‹«
    Der Truck hatte eine lange, steile Gerade hinter sich gebracht. Neal konnte vor ihnen ein breites Tal sehen. Die Berge ragten dahinter auf. Nach Norden und Süden schien sich das Tal schier endlos zu erstrecken.
    Hier kann man die Ewigkeit sehen, dachte Neal.
    »Willkommen in der Großen Einsamkeit «, sagte Steve.
    »Der was?«
    »›Die Große Einsamkeit‹ – so nennen wir das hier. Wir sind zweitausend Meter hoch, und hier gibt es vor allem freies Land, wie Sie sehen können. Sehr wenig Leute, ein bißchen mehr Vieh, jede Menge Kaninchen und Kojoten. Aber dort in den Bergen gibt es Pumas, Bergziegen und Adler.«
    Steve stoppte den Truck, damit Neal Ausschau halten konnte.
    Als stünde man am Rand der Welt, dachte Neal. Unendliche braune Weite unter einem Himmel bewegenden Blaus.
    »Wir sind jetzt auf dem Mount Airy Summit«, erklärte Steve. »Zweitausendzweihundertunddreißig Meter hoch. Dort unten liegt das Reese River Valley, obwohl es mit dem Fluß darin nun wirklich nicht so doll bestellt ist. Auf der anderen Seite des Tals sehen Sie die Toiyabe Range. Der Berg da drüben heißt Bunker Hill. Meine Farm liegt am Fuß davon. Ob Sie’s glauben oder nicht, ich bin mit meiner Tochter Shelly sogar ein- oder zweimal auf das verdammte Ding raufgeklettert.«
    Steve lenkte den Truck zurück auf die Straße und begann, hinab ins Tal zu fahren.
    »Das meiste ist Weideland«, sagte Steve, »aber das Vieh braucht unheimlich viel Land zum Weiden, weil hier eigentlich nur Beifuß wächst. Dort oben züchten wir die beste Alfalfa im ganzen Land, aber das Zeug zu bewässern ist wahnsinnig teuer, und wir haben auch nicht genug Wasser, um noch mehr zu züchten. Früher gab’s hier jede Menge Goldminen, aber das hat sich erledigt.«
    »Und was machen die Leute jetzt?« fragte Neal.
    »Die meisten ziehen weg.«
    Steve zeigte auf einen Feldweg rechter Hand. »Unser Haus liegt ungefähr zwanzig Meilen da lang«, sagte er. »Sie glauben gar nicht, wie die Winter hier sind. Übrigens: Ich hab’ ein B.A. in Englisch, obwohl das die Kühe jedenfalls nicht beeindruckt.«
    »Von wo?«
    »Berkeley. Vor der Zeit der freien Rede, natürlich. Was irgendwie blöd ist, wo ich doch so sehr fürs freie Reden bin«, sagte Steve. Die Straße stieg plötzlich steil an, wand sich in mehreren Haarnadelkurven durch ein dichtes Kiefernwäldchen. »So,

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