Das Schlangental - Neal Carey 3
prima Züchter und ein guter Nachbar. Als ich mir das Bein gebrochen hatte, sind Bob oder Jory oder einer seiner Helfer jeden Tag zu mir rübergekommen, haben das Vieh gefüttert und das Eis aus dem Bach gehackt.«
Steve hupte einmal, bevor er auf den Kieskreis vor der Garage fuhr, in der nebeneinander zwei grüne Traktoren standen, die so sauber glänzten, als wären sie gerade erst aus einem John-Deere-Ausstellungsraum gekommen. Einen Augenblick später trat ein kleiner Mann mittleren Alters in einem hellen Khaki-Hemd mit einer Khaki-Hose und einem großen grauen Stetson aus der Scheune. Er stolzierte wie ein Hahn. Sein kurzgeschnittenes Blondhaar war sorgfältig gekämmt, seine blauen Augen erhellten ein gut geschnittenes Gesicht. Er sah aus wie der zweite Hauptdarsteller in einem Film aus den Vierzigern, derjenige, der das Geld bekam, das Mädchen aber verlor.
»Hallo, Steve«, sagte er.
»Bob. Das ist Neal Carey«, sagte Steve.
Bob zog seinen Handschuh aus und gab Neal die Hand. »Nett, Sie kennenzulernen. Was kann ich für dich tun, Steve?«
»Kannst du mir ein Kalb verkaufen? Ich hab’ ‘ne Kuh mit zuviel Milch.«
»Na ja … Ich hab’ kein gutes, das ich entbehren kann.«
»Ich brauch’ nicht unbedingt ein gutes.«
»Na ja, dann hab’ ich da einen Angus/Charolais-Mischling, den du haben könntest. Könnte immerhin irgendwann noch was Ordentliches zu Essen draus werden.«
»Reicht völlig.«
»Schau es dir an.«
Er führte sie zu einem Pferch hinter der Scheune, in dem ein paar Kühe und Kälbchen faul die Fliegen mit ihren Schwänzen wegwedelten. Hansen zeigte auf ein langbeiniges, schlammfarbenes Kälbchen.
»Das da«, sagte Hansen.
»Wie ist denn das zustandegekommen?« fragte Steve.
»Oh, oben in den Bergen, im Frühling, schätze ich«, sagte Hansen ein bißchen verwirrt. »Die beiden Helfer, die ich da oben hatte, haben sich nicht allzuviel Mühe gegeben, die Herden auseinander zu halten. Du weißt ja, wie Cowboys heutzutage sind, sie wissen, das ist eine Kuh. Das ist auch schon alles, was sie wissen – oder wissen wollen. Die Hälfte von ihnen haut nach dem ersten Zahltag ab.«
Sagen Sie, Mr. Hansen, dachte Neal, für Sie arbeitet nicht zufällig ein Cowboy namens Harley McCall, oder?
»Wieviel willst du dafür?« fragte Steve.
»Ist ja kaum das Futter wert – das bringt mir nicht viel. Hundert?«
»Klingt fair.«
Steve öffnete seine Brieftasche und gab Hansen zwei Fünfziger.
»Vielen Dank«, sagte Hansen. »Ich weiß das zu schätzen.«
»Wie läuft das Bullengeschäft mittlerweile?«
»Grausam. Die Regierung will mich aus dem Geschäft drängen. Sie machen lauter Gesetze, die bedeuten, daß ich neue Geräte kaufen muß, aber die Bank will mir keinen Kredit dafür geben.«
Steve Mills nahm sein Käppi ab, schüttelte den Kopf, setzte das Käppi wieder auf. »Das ist doch lächerlich, Bob. Bill Bradshaw weiß doch, daß du einer der besten Züchter in Nevada bist.«
»Bill gehört die Bank aber nicht mehr. Die ist von irgendeiner Firma aus Kalifornien aufgekauft worden.«
Steve schüttelte wieder den Kopf. »Die Dinge ändern sich, nicht wahr?«
»Viel zu schnell. Neulich war ein Regierungsinspektor aus Reno hier und hat sich meine Melkanlage angesehen. Sagt, sie sei ein Gesundheitsrisiko; meine Milch sei ›unhygienisch‹.«
Neal hörte die Empörung in der Stimme des Mannes.
»Shit«, sagte Steve.
»Aber«, fuhr Hansen mit lauterer Stimme fort, »bei dem, was man heutzutage für die Milch kriegt – ich meine, bei dem, was ich kriege, nicht der Zwischenhändler – könnte ich den Laden auch gleich dicht machen, mich auf die Veranda setzen und Whiskey trinken.«
»Hey«, fragte Steve, »hast du Lust, Neal deine Ranch zu zeigen? Er ist aus New York City. Da könnte er was lernen. Und während ihr unterwegs seit, schubs’ ich das Kalb hier in meinen Truck.«
»Oh, jemand aus New York interessiert sich doch nicht für meine Farm.«
Genaugenommen, Mr. Hansen, interessiert sich dieser Jemand aus New York ganz außerordentlich für ihre Farm. Neal sagte: »Ich würde sie gerne sehen, wenn Sie Lust haben, sie mir zu zeigen.«
Hansen schüttelte den Kopf, schien sich aber trotzdem zu freuen. »Na, dann kommen Sie.«
In der Scheune wünschte sich Neal, Joe Graham wäre hier. Graham hätte es hier gefallen – das lange flache Gebäude war makellos. Der Boden war gewischt und desinfiziert, die Pfosten schimmerten metallisch, die Ausstattung glänzte.
»Das ist
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