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Das Schlangental - Neal Carey 3

Das Schlangental - Neal Carey 3

Titel: Das Schlangental - Neal Carey 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Stacheldraht entlang galoppierte, wobei er sich eine Winzigkeit zur Seite lehnte, damit Neals Bein gerade eben an den Stacheln entlang schrammte.
    Neal hörte das Lachen vom Pferch herüberdröhnen, und Bills stolze Stimme grölte: »Yep, das verdammte Pferd macht’s schon wieder! Das kann man ihm nicht beibringen, versteht Ihr – der macht das ganz von allein!«
    »Ich wünschte, du hättest noch deine Eier, Midnight!« grölte Neal, während seine Jeans am Stacheldraht zerriß. »Dann würde ich sie dir eigenhändig abschneiden!«
    Midnight galoppierte daraufhin weitere hundert Meter an dem Stacheldraht entlang, dann bog er ab in Richtung der Bäume am Bachufer.
    Genauer gesagt: In Richtung eines bestimmten Baumes. Eine dünne alte Kiefer, die einen tief gelegenen toten Ast zur Seite reckte, etwa so hoch über dem Boden, wie, sagen wir mal, ein Mann auf dem Rücken eines Pferdes.
    Da Neal nicht so gerissen war wie das Pferd, bemerkte er den Ast erst, als sie nurmehr fünfzig Meter davon entfernt waren.
    Er riß hart an den Zügeln, aber Midnight galoppierte einfach weiter, wie ein New Yorker Taxifahrer vor einer gelben Ampel.
    Neal zog kräftiger.
    Midnight ignorierte ihn und senkte den Kopf.
    »Schon mal von ›Alpo‹ gehört?« brüllte Neal.
    Midnight fand das so einschüchternd, daß er noch beschleunigte, als er unter dem Ast hindurch galoppierte. Neal schaffte es gerade noch, die Hände vors Gesicht zu halten, bevor er gegen den Ast donnerte, einmal wie um eine Trapezstange herumwirbelte und schließlich mit dem Rücken voran zu Boden krachte.
    Dieweil er sich bemühte, wieder Luft in seine Lungen gelangen zu lassen, kam Midnight langsam zu ihm herüber und stupste ihn vorsichtig mit der Nase an, wie Fury, der versuchte, Joey zu wecken.
    Dann biß er ihn.
    Es war nur ein kleiner Biß, aber er tat weh, gottverdammt noch mal, und Neal war wütend genug, sich hochzustemmen, seinen Fuß in den Steigbügel zu rammen und sich wieder auf den Sattel zu schwingen.
    Midnight stand die ganze Zeit still, dann ging er langsam los, als Neal ihn trat.
    Nach einer Weile war Neal tapfer genug, das Pferd zu einem leichten Trott zu animieren, und schließlich kehrte er zurück in den Pferch, wo die Jungs seine triumphierende Rückkehr erwarteten.
    »Es geht nur darum, dem Tier zu zeigen, wer hier der Boß ist«, verkündete Neal und ließ Midnight stoppen. In diesem Augenblick begann Midnight, sich wie wild im Kreis zu drehen, ließ Neal wie eine Frisbeescheibe vom Sattel glitschen und ihn, ähnlich einem Stein über das Wasser, über den Boden hüpfen.
    Also war Neal ein bißchen wund, als er an jenem Abend Karen begegnete, und sie hatte ein paar Fragen an ihn, zum Beispiel, warum er bei Hansen reiten lernte.
    Und natürlich war die Verbrechenswelle das Stadtgespräch. Beim Bier bei Phil and Margie’s, beim Kaffee bei Wong’s, und beim billigen Whiskey im Brogan’s redeten die Leute über die Raubüberfälle, die sich beinahe schon zu einer Legende verdichteten. Es schien, als wüßten alle von dem Überfall auf die Filly Ranch, und plötzlich schien es da eine Gang zu geben, die sich jeden Drogendealer in der Umgegend vornahm, und die meisten waren damit ausgesprochen einverstanden. Es hieß, daß die Polizei ein Auge zudrückte; es hieß sogar, daß Cops, die gerade dienstfrei hatten, die Sachen durchzogen. Und ganz leise flüsterte man, daß die Mafia in Las Vegas – das die meisten Einwohner für eine kalifornische Kolonie und nicht für einen Teil Nevadas hielten – ein bißchen unruhig wurde und selbst Jagd auf die Räuber machte.
    Hansens Jungs hörten das auch. Sie begannen, mit diesem schwankenden Schritt zu gehen, wenn sie in die Stadt kamen, und sie grinsten breit und wissend, wenn das Gespräch auf die Raubüberfälle kam, und die Leute begannen, über die »James-Gang« und die »Daltons« zu scherzen. Neal erstickte fast an seinem grünen Chili, als dieser unfaßbar dämliche Dave Bekke behauptete, seine Gang sei ähnlich wie die von Robin Hood, »bloß rauben wir bei den Juden und geben den Armen«.
    Bald begann das Flüstern. Einige Finger zeigten diskret auf die Rücken der Jungs, wenn sie durch die Stadt marschierten und während die Musik bei Phil and Margie’s spielte. Neal glaubte sogar einmal, seinen Namen gehört zu haben, als er sich zur Bar durchdrängelte, um noch einen Krug für seinen Tisch zu holen. Vielleicht war es auch nur Einbildung, daß Steve ihn von Zeit zu Zeit etwas eigenartig

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