Das Schlangental - Neal Carey 3
Der Typ im Zimmer nebenan klang, als litte er an Dauerwahnsinn, die Toilette lief, und seit zehn Minuten jaulte eine Autoalarmanlage.
»Hallo«, sagte Graham verärgert.
»Hallo, Süßer.«
»Wunderbar, Ed.«
»Wir legen los.«
Graham setzte sich im Bett auf. »Was?«
»Wir legen los«, wiederholte Ed.
»Wie geht’s unserem Jungen?« fragte Graham. Wenn sie »loslegten«, hieß das, daß Neal die Order hatte, die Operation in die aktive Phase voranzutreiben. Eine gefährlich aktive Phase.
»Ich habe nichts von ihm gehört«, sagte Levine.
Graham spürte, wie klebrige, ekelhafte Angst ihn einhüllte. Das gefiel ihm alles gar nicht. Ich bin Neals Kontaktperson, nicht Ed, dachte er. Ed ist gut, Ed ist gründlich und vorsichtig, aber er kennt Neal nicht so gut wie ich. Niemand kennt ihn so gut wie ich. Und jetzt ist der Junge dort draußen – er ist eingerostet und ungeduldig, und das ist eine schlimme Kombination. Wenn man sich beeilt, macht man Fehler.
»Klärst du das?« fragte er Levine, obwohl die Antwort auf der Hand lag.
»Natürlich.«
»Du…«
»Ich melde mich, sobald ich was höre. Halt dich bereit.«
Werde ich, Eddy-Boy.
»Noch was«, fügte Ed hinzu. »Vielleicht hauen wir so richtig auf die Pauke.«
»Wie doll?«
Pause. Graham hörte Ed seine Zigarette rauchen.
»Wenn unser Klient tot ist … daß es kracht!«
Großer Gott, dachte Graham. Das Ganze hat so einfach angefangen. Und jetzt redet Ed davon, Leute umzubringen. Falls der Junge tot ist.
Ihm kam ein anderer Gedanke. »Hey … und wenn unser Junge es nicht schafft? Hauen wir dann auch auf die Pauke?«
Wieder das Knistern der Zigarette.
»Nein«, entgegnete Ed. »Das gehört zum Geschäft, okay?«
Graham legte auf. Nein, Ed, dachte er. Nicht okay.
Neal Carey stand an der Tankstelle und stopfte Nickels in den Spielautomaten. Aber die Ergebnisse interessierten ihn nicht, ihn interessierte nur das Telefon dort draußen.
Schließlich klingelte es. Er hörte es dreißig Sekunden klingeln, bevor es aufhörte. Er sah auf die Uhr. Dreißig Sekunden später klingelte es wieder.
Ein Intervall: Operation gestorben, komm zurück.
Zweimal: Bleib da und warte.
Dreimal: Zerstör sie.
Er ging raus und stieg in Peggys Volvo. Er dachte ein paar Minuten nach. Dann fuhr er zu Karens Haus, was Peggy sowieso vermutet hatte, als er gebeten hatte, sich ihren Wagen leihen zu können. Er saß noch eine Minute im Wagen, sammelte all seinen Mut zusammen, klopfte an ihre Tür.
Sie trug einen grauen Sweater und eine alte Jeans. Sie war barfuß. Sie hatte ihre Brille auf, und ein Stift klemmte hinter ihrem Ohr. Er konnte an dem Ausdruck auf ihrem Gesicht sehen, daß sie nicht recht wußte, ob sie sich freuen oder ärgern sollte.
»Hab’ ich dir meine Telefonnummer gegeben?« fragte sie. »Außerdem steh’ ich im Telefonbuch.«
»Tut mir leid. Ich hätte anrufen sollen.«
»Nachdem wir das geklärt haben, möchtest du reinkommen?«
»Nur einen Augenblick.«
Er stand unschlüssig in ihrem Wohnzimmer herum und wußte nicht, was er sagen oder tun sollte, wußte nicht mal, warum er eigentlich hier war.
»Du hast mich beim Arbeiten unterbrochen«, sagte sie. »Dafür schuldest du mir zumindest eine leidenschaftliche Umarmung. Komm her.«
Er hielt sie so fest er konnte.
»Was ist?« fragte sie.
Er schüttelte den Kopf.
»Dunkelheit in der Seele?« fragte sie.
»Yeah.«
»Nicht lustig. Willst du dich ablenken?«
»Ich möchte dich lieben.«
»Süßer, weißt du nicht, daß die Frau zuerst das Wort mit dem ›L‹ sagen soll?«
Er zuckte mit den Achseln. »Ich weiß sowieso nicht viel.«
Sie nahm ihn an der Hand und ging ins Schlafzimmer. »Wie gut, daß du dir eine Lehrerin ausgesucht hast«, sagte sie.
Eine Stunde später standen sie wieder auf, sie machte sich an ihre Arbeit, er an seine.
Die Frau lächelte ihr professionelles Lächeln und öffnete die Tür. »Hi, ich bin Bobby, was…« Sie schwieg abrupt, als sie sah, daß die drei Männer in der Tür Masken trugen.
Neal hielt ihr eine Pistole ins Gesicht. »Hi, Bobby. Dies ist ein Überfall.«
Randy Carlisle packte sie, schubste sie zur Tür hinein und nahm sie in einen Unterarm-Würgegriff. Der Schläger mit dem schwarzen Hut und der Sonnenbrille wachte auf und versuchte, die Stiefel von seinem Fußablagestuhl zu ziehen, während er nach seiner Waffe griff.
»Tu’s nicht!« warnte Cal. Er zielte mit seiner Pistole auf den Kopf des Schlägers. Er trat ins Zimmer und
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