Das Schlangental - Neal Carey 3
Bruderschaft, die Endzeit und über den großen Überfall redete, den sie jetzt planen mußten, kam Steve Mills rüber zu Bob Hansen.
»Wie gut, daß du gekommen bist, Steve«, sagte Bob, als sie in der Küche saßen. »Wir sind zu lange Nachbarn, als daß es böses Blut geben sollte.«
Sie tranken aus zwei Wassergläsern. In Steves Glas war Scotch, den Hansen für Gäste bereithielt, Hansen trank Milch.
»Ich bin überhaupt nicht sauer auf dich, Bob. Aber die Leute, die du in letzter Zeit eingestellt hast … sie sind ein bißchen unhöflich. Wie auch immer, gestern abend war ich ein Arschloch und möchte mich entschuldigen. Wenn du deine Jungs zusammentrommeln kannst, geb’ ich ihnen die Hand.«
Das schien die Gelegenheit zu sein, auf die Hansen seit Monaten gewartet hatte. Also erzählte er seinem alten Nachbarn Steve davon, wie er etwas von einem gewissen Reverend C. Wesley Carter gelesen hatte, wie er bei einem Geschäftsbesuch in L. A. dessen Kirche besucht hatte, daß er begonnen hatte, seine wahre Bestimmung als Christ zu sehen, und seine Rechte und Pflichten als Weißer. Teufel, sie wußten doch beide, was mit diesem Land los war. Die verdammte Regierung mischte sich in alles ein, sagte einem, was man tun sollte und lassen mußte.
»Das stimmt«, gab Steve zu. »Man kann keine Kuh züchten oder einen Baum fällen, ohne daß die verdammten Bürokraten einem die Erlaubnis dazu geben müssen.«
Allerdings, fuhr Bob fort. Die Regierung hatte bereits die beiden Küsten ruiniert und arbeitete sich jetzt in die Mitte vor. Hier, hier gab es das letzte freie Land auf der Welt, hier in der Großen Einsamkeit , aber es würde nicht mehr lange dauern, bis die Regierung auch das zerstört hätte, was es hier gab. Er war sicher, daß Steve auch wußte, warum.
Steve gab zu, daß er seine eigene Meinung über die Regierung hatte.
Juden, die sind schuld, sagte Bob ihm. Die zionistische Verschwörung, die zur Weltherrschaft drängte. Deswegen lassen sie diese untermenschlichen Nigger Amok laufen. Und die Homosexuellen. Sie haben es alle auf uns abgesehen. Die Finanzbehörde, die Zentralbank, das FBI – alle von Juden zersetzt.
Bob erzählte ihm von der True Christian Identity Church, wie sich sein Leben geändert hatte, seit er dort eingetreten war, daß er jetzt die Dinge sah, wie sie waren, und daß sie ihm Erlösung versprach. Daß Jory mittlerweile auch die Wahrheit erkannt hatte und daß er nur noch Männer einstellte, die der Sache treu ergeben waren. Und als Freund und Nachbar seit zwanzig Jahren hielt er es für seine Pflicht, Steve einzuladen, sich ihm anzuschließen.
»Tja, ich glaube nicht, daß ich das tun kann, Bob«, sagte Steve, als er fertig war.
»Ich wünschte, du würdest es versuchen.«
Steve schüttelte den Kopf, trank seinen Whiskey aus und stellte das Glas auf den Tisch.
»Darf ich fragen, warum nicht?« fragte Bob. Seine Hoffnung auf Steve sank.
»Klar«, entgegnete Steve. »Weil ich Jude bin.«
Womit das Gespräch endete.
Da Steve das Schweigen überbrücken wollte, sagte er: »Halbjude jedenfalls. Väterlicherseits. Meine Mutter war so irisch wie ein Besäufnis, aber der Vater meines Vaters ist aus Rußland. Ich glaube, er hieß mal ›Milkowski‹ oder so. Ist irgendwann mal abgekürzt worden. Jedenfalls geh’ ich davon aus, daß ihr mich nicht in eurer Kirche haben wollt.«
»Raus«, sagte Hansen. Er war blaß geworden.
Steve stand auf. »Darauf kannst du wetten«, sagte er.
Er ließ sich Zeit, zur Tür zu gehen, während Hansen auf seinem Stuhl saß und den Tisch anglotzte.
»Ach, Bob«, sagte Steve von der Tür aus. »Schalom.«
Hansen kochte und brütete ein paar Minuten vor sich hin, bevor ihm etwas klar wurde. Dann sprang er auf und rannte zur Festung.
Neal sah von der Waffe auf, die er gerade säuberte, als Hansen durch die Türen der Baracke raste.
»Wo ist Jory?« brüllte Hansen wütend.
Die Männer erstarrten. Niemand sagte etwas.
»Ich glaube, er ist mit Shelly zum Mittagessen in der Stadt«, sagte Neal. »Ist was nicht in Ordnung?«
Hansen sah aus, als würde er gleich einen Herzinfarkt bekommen. »Steve Mills ist ein gottverfluchter Jude!« dröhnte er.
Yup, dachte Neal, etwas ist nicht in Ordnung.
Sie saßen da und starrten einander an.
»Macht euch auf und holt ihn!« donnerte Hansen. »Holt ihn weg von dieser Juden-Nutte! Holt ihn her!«
Hansen wandte sich ab und stürmte zur Tür hinaus.
»Ihr habt’s gehört«, sagte Vetter.
Cal Strekker
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