Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend
unwiderstehlichem Zickzack übers
ganze Feld bis zur gegnerischen Torlinie und machte einen Punkt. Wie
sie da jubelten auf den Rängen! Und wenn wir verteidigten, fing
ich jeden Querpaß ab und rang jeden Gegner zu Boden. Ich war
überall. Chinaski, die Furie! In den letzten Sekunden fing ich den
gegnerischen Kick-Off ganz hinten in unserer Hälfte und rannte
los. Vorwärts, seitwärts, rückwärts. Ich
schüttelte einen Angreifer nach dem anderen ab und sprang
über die Gestürzten hinweg. Mein Team blockte mir keinen ab.
Mein Team war nichts als eine Bande von zimperlichen
Muttersöhnchen. Schließlich hingen fünf Mann an mir
dran, aber ich ließ mich nicht zu Boden ringen, ich schleifte sie
mit mir über die Torlinie und machte den Touchdown, der uns den
Sieg brachte.
Eines Nachmittags sah ich einen
größeren Kerl hinten durchs Gartentor kommen. Er kam zu mir
her, stellte sich vor mich hin und sah auf mich herunter. Er war gut
ein Jahr älter als ich und nicht von meiner Schule. »Ich bin
aus der Marmount Grammar School«,sagte er. »Mach lieber,
daß du hier verschwindest«, sagte ich. »Mein Vater
kommt gleich nach Hause.« »Was du nicht sagst.« Ich
stand auf. »Was willst du hier?« »Ich höre, ihr
von der Delsey Grammar haltet euch für stark.«
»Wir gewinnen jede
Schulmeisterschaft.« »Ja, aber bloß weil ihr
bescheißt. Wir von der Marmount können Schummler nicht
leiden.«
Er hatte ein altes blaues Hemd an, das vorne nur
halb zugeknöpft war. Um das linke Handgelenk hatte er ein
Lederband. »Meinst du, du bist stark?« wollte er wissen.
»Nein.«
»Was habt ihr da in eurer Garage? Ich
glaube, ich nehm mir was aus eurer Garage mit.« »Bleib da
bloß raus.«
Das Garagentor stand offen. Er ging hinein. Es gab da drin nicht viel. Er entdeckte einen alten
Wasserball, aus dem die Luft raus war.
»Ich glaube, den nehm ich mir.«
»Leg ihn wieder hin.«
»Schluck ihn doch runter«, sagte er
und warf nach mir. Ich duckte mich. Er kam aus der Garage und ging auf
mich zu. Ich wich zurück.
Er folgte mir über den Rasen.
»Schummler bringen es nie zu was!« sagte er und holte aus.
Ich duckte ab und hörte seinen Schlag über mich wegzischen.
Ich machte die Augen zu, rannte mit gesenktem Kopf auf ihn los und
begann zu hämmern. Ab und zu traf ich etwas. Ich spürte, wie
ich Schläge abkriegte, aber sie taten nicht weh. Ich hatte zuviel
Angst, um darauf groß zu achten. Es blieb nichts zu tun, als
weiter auf ihn einzuhämmern.
Dann vernahm ich eine Stimme. »Hört
auf!« Es war Lila Jane, die zu mir in den Garten gekommen war.
Wir hörten beide auf. Sie hob eine alte
Blechdose auf und warf sie nach dem Burschen. Die Dose traf ihn mitten
auf die Stirn und prallte ab. Einen Augenblick stand er wie
gelähmt da, dann rannte er heulend und jammernd davon, durchs
Gartentor, den Weg hinunter, und weg war er. Eine kleine Blechdose. Es
überraschte mich, daß ein starker Kerl wie er einfach
losheulte. Mit diesen Burschen von der Marmount war nicht viel los.
»Du hättest mir nicht helfen müssen«, sagte ich
zu Lila Jane. »Er hat dich geschlagen!« »Er hat mir
nicht weh getan.«
Lila Jane drehte sich um, rannte zurück in
ihren Garten und verschwand im Haus. >Lila Jane mag mich immer
noch<, dachte ich.
11
In der zweiten und dritten Klasse gaben sie mir
immer noch keine Chance, Baseball zu spielen, doch ich wußte,
daß ich mich trotzdem irgendwie zu einem beachtlichen Spieler
entwickelte. Wenn ich je wieder einen Schläger in die Hände
bekam, würde ich den Ball glatt übers Schulhaus schlagen.
Eines Tages, als ich wieder einmal untätig herumstand, kam ein Lehrer auf mich zu.
»Was machst du?«
»Nichts.«
»Es ist Sportstunde. Du solltest dich beteiligen.
Oder bist du behindert?« »Wie
bitte?« »Fehlt dir etwas?« »Ich weiß
nicht.« »Komm mal mit.«
Er ging mit mir zu einer Gruppe, die Kickball
spielte. Es war dasselbe wie Baseball, nur daß man einen
Fußball benutzte. Der Pitcher rollte ihn auf die Platte zu, und
der Spieler dort kickte ihn. Wenn der Ball von der gegnerischen
Mannschaft gefangen wurde, war man draußen. Wenn er durchs
Infield rollte, oder wenn man ihn hoch über die Köpfe der
Gegner kickte, machte man einen Run und trat auf so viele
Ledersäcke, wie man konnte. »Wie heißt du?«
fragte mich der Lehrer. »Henry.«
Er ging zu den Jungs hin. »Also«,
sagte er, »Henry wird jetzt mal Shortstop spielen.« Sie
waren aus der Parallelklasse und kannten mich alle. Shortstop war
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