Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend
hingen ihm wirr ins Gesicht,
und er stopfte sich seine Hemdzipfel in die Hose. Er stieg zu mir in
den Lieferwagen. »Hat dir die Frau das Geld gegeben?«
fragte ich.
»Das war mein letzter Stop für
heute«, sagte mein Vater. »Mehr schaff ich nicht mehr. Wir
bringen den Wagen zurück, und dann gehn wir nach Hause
…«
Die Frau sollte ich bald wiedersehen. Eines
Tages, als ich von der Schule nach Hause kam, saß sie bei uns im
Wohnzimmer. Meine Eltern saßen auch da, und meine Mutter weinte.
Als sie mich sah, stand sie auf, stürzte auf mich zu und
drückte mich an sich. Sie ging mit mir ins Schlafzimmer, und ich
mußte mich auf die Bettkante setzen. »Henry, liebst du
deine Mutter?« Das tat ich eigentlich nicht. Aber sie sah so
traurig aus. Also sagte ich eben »ja«. Sie ging wieder mit
mir nach vorn.
»Dein Vater sagt, er liebt diese
Frau«, sagte sie zu mir. »Ich liebe euch beide! Und jetzt
schaff den Jungen hier raus!«
Ich hatte den Eindruck, daß er meine Mutter sehr unglücklich machte.
»Ich bring dich um«, sagte ich zu meinem Vater.
»Schaff den Jungen hier raus!«
»Wie kannst du diese Frau lieben?«
fragte ich ihn. »Sieh dir bloß ihre Nase an. Sie hat
‘ne Nase wie ein Elefant.«
»Herrgottnochmal!« sagte die Frau. »Das muß ich mir nicht bieten lassen!« Sie sah meinen
Vater an. »Entscheide dich, Henry! Sofort! Sie oder ich!«
»Aber ich kann nicht! Ich liebe euch beide!«
»Ich bring dich um!« sagte ich zu meinem Vater.
Er kam her und haute mir eine runter, daß
ich umfiel. Die Frau sprang auf und rannte aus dem Haus. Mein Vater
hinterher. Sie setzte sich in sein Auto, startete und fuhr los. Es ging
alles sehr schnell. Mein Vater rannte auf der Straße hinter dem
Wagen her. »Edna! Edna, komm zurück!«
Er holte den Wagen tatsächlich ein, griff
auf der Fahrerseite hinein und bekam Ednas Handtasche zu fassen. Dann
trat Edna aufs Gas, und mein Vater blieb mit ihrer Handtasche
zurück.
»Ich habe gewußt, daß was nicht
stimmt«, erzählte mir meine Mutter. »Ich hab mich im
Kofferraum versteckt und die beiden erwischt. Dein Vater hat mich nach
Hause gefahren, zusammen mit dieser gräßlichen Frau. Jetzt
hat sie sein Auto.«
Mein Vater kam mit Ednas Handtasche zurück.
»Ins Haus mit euch!« Wir gingen hinein, und er schloß
mich in mein Zimmer ein. Sie begannen zu streiten. Der Streit wurde
laut und sehr häßlich. Dann fing er an, meine Mutter zu
schlagen. Sie schrie, aber er schlug sie weiter. Ich kletterte aus dem
Fenster und versuchte, zur Haustür hineinzukommen. Sie war
abgeschlossen. Ich probierte die Hintertür, die Fenster. Alles zu.
Ich stand auf dem Hof, und die Schreie und Schläge klangen mir in
den Ohren.
Dann war es zu Ende, und ich hörte nur noch,
wie meine Mutter schluchzte. Sie schluchzte sehr lange. Allmählich
wurde das Schluchzen schwächer, und schließlich verstummte
es.
13
Ich war in der vierten Klasse, als ich es erfuhr.
Vermutlich war ich der einzige, der es noch nicht wußte, denn ich
redete immer noch mit keinem. Als ich während einer Pause
herumstand, kam ein Junge zu mir her. »Willst du wissen, wie es
geht?« fragte er mich. »Was?« »Ficken.«
»Was’n das?«
»Na, deine Mutter hat ein Loch
…« — Er machte mit Daumen und Zeigefinger der
rechten Hand einen Kreis - »und dein Vater hat einen Dong
…« - Er pumpte seinen linken Zeigefinger in das Loch.
»Dann spritzt aus dem Dong von deinem Vater so Saft raus, und
manchmal kriegt deine Mutter ein Baby, und manchmal nicht.«
»Gott macht die kleinen Kinder«,
sagte ich. »Scheiße, von wegen«, sagte der Junge und
ging weg. Ich fand das schwer zu glauben. Als die Pause vorüber
war und ich wieder im Unterricht saß, dachte ich darüber
nach. Meine Mutter hatte also ein Loch, und mein Vater hatte einen
Dong, der Saft verspritzte. Wie konnten sie so etwas haben und sich
benehmen, als sei überhaupt nichts? Wie konnten sie über dies
und jenes reden und es anschließend tun, ohne je ein Wort
darüber zu verlieren? Mir wurde richtig schlecht bei dem Gedanken,
daß ich als ein Saftspritzer meines Vaters angefangen hatte.
Als meine Eltern an diesem Abend zu Bett gegangen
waren, lag ich wach und lauschte. Tatsächlich, nach einer Weile
hörte ich sie nebenan. Ihr Bett begann zu quietschen. Ich konnte
ganz deutlich die Sprungfedern hören. Ich stieg aus meinem Bett,
ging auf Zehenspitzen an ihre Schlafzimmertür und horchte. Das
Bett machte weiter diese Geräusche. Dann wurde es plötzlich
still.
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