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Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend

Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend

Titel: Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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geriet in Wallung.
    »Schlag zurück, Gene! Gib’s diesem Scheißer! Er ist ein Feigling! Gib’s ihm! «
    Gibson ließ die Fäuste sinken, sah mich von der Seite an und kam zu mir her.
»Was hast du gesagt, du halbe Portion? «
»Ich hab meinen Mann angefeuert«, sagte ich.
    Dan war inzwischen bei Gene und machte ihm die Handschuhe ab. »Hab ich da nicht was von >Feigling< gehört? «
    »Du hast gesagt, du drehst bei ihm nicht voll auf. Hast du aber doch. Du hast draufgedroschen
mit allem, was du hast. «
»Nennst du mich vielleicht ‘n Lügner? «
»Ich sag, dass du nicht dein Wort hältst.«
»Kommt her und zieht diesem Strolch die Handschuhe an! «
    Gene und Dan kamen her und zogen sie mir an. »Setz ihm nicht so zu, Hank«, sagte Gene. »Denk daran, dass er sich schon mit uns hier verausgabt hat. «
    An einem denkwürdigen Tag, von neun Uhr morgens bis abends um sechs, hatten es Gene und ich schon einmal mit bloßen Fäusten ausgetragen. Gene war ziemlich gut gewesen. Ich hatte kleine Hände, und wenn man kleine Hände hat, muss man entweder beinhart schlagen können, oder man muss einiges an Technik draufhaben. Ich hatte von beidem nur sehr wenig. Am nächsten Tag hatte ich am ganzen Oberkörper purpurne Schwellungen gehabt, zwei verquollene Lippen und ein paar lose Vorderzähne. Jetzt sollte ich gegen den Kerl antreten, der gerade meinen letzten Bezwinger vermöbelt hatte …
    Gibson tänzelte nach links und nach rechts herum, und dann ging er auf mich los. Ich sah seine linke Gerade überhaupt nicht kommen. Ich wusste auch nicht, wo sie mich getroffen hatte. Aber ich ging zu Boden. Es hatte nicht einmal weh getan, aber da lag ich nun schon auf den Knien. Ich stand wieder auf. Wenn seine Linke soviel anrichten konnte, was würde dann erst seine Rechte tun? Ich musste mir schleunigst etwas einfallen lassen.
    Harry Gibson kam auf meine linke Seite herum. Statt ihm nach rechts auszuweichen, machte ich einen Schritt nach links. Er sah überrascht drein, und als wir voreinander waren, schlug ich einen wilden linken Schwinger, der ihn mitten auf die Stirn traf. Das war ermutigend. Wenn man einen Kerl einmal treffen kann, dann kann man ihn auch ein zweites Mal treffen. Wir standen uns gegenüber, und er kam sofort zur Sache. Er erwischte mich mit einer Linken, aber ich duckte ab, so schnell ich konnte, und seine hinterher geschlagene Rechte zischte über mich hinweg. Ich ging in den Clinch und trommelte ihm auf die kurzen Rippen. Dann stieß ich mich von ihm ab und fühlte mich wie ein Profi. »Du kannst ihn fertigmachen, Hank!« schrie Gene. »Los, mach ihn fertig, Hank!« schrie Dan.
    Ich machte einen Satz nach vorn und versuchte, die rechte Führhand ins Ziel zu bringen. Sie ging vorbei, und sein linker Cross knallte mir ans Kinn. Ich sah grüne und gelbe und rote Sternchen, und im nächsten Augenblick verstaute er bereits einen rechten Haken in meinem Magen. Ich hatte das Gefühl, als käme mir seine Faust hinten wieder heraus. Ich packte ihn und klammerte. Doch zur Abwechslung hatte ich jetzt mal keine Angst, und das war ein gutes Gefühl. »Ich mach dich kalt, du Scheißer!« eröffnete ich ihm.
    Jetzt wurde nicht mehr geboxt, nur noch gedroschen. Seine Schläge kamen schnell und hart. Er war treffsicherer, hatte mehr Pep dahinter, doch auch ich landete ein paar harte Knaller, und das gab mir Auftrieb. Je öfter er mich traf, desto weniger spürte ich. Ich zog den Bauch ein und machte ihn hart. Die Action machte mir Spaß. Dann waren plötzlich Gene und Dan zwischen uns und drängten uns auseinander.
    »Was ist denn?« fragte ich. »Geht hier nicht dazwischen! Ich kann den Kerl erledigen!« »Red’ keinen Quatsch, Hank«, sagte Gene. »Sieh dich doch mal an.«
    Ich sah an mir herunter. Das Hemd war dunkel von Blut, mit einigen Eiterflecken dazwischen. Die Schläge hatten drei oder vier Pusteln platzen lassen. Bei meinem Kampf mit Gene war das nicht passiert.
    »Das ist gar nichts«, sagte ich. »Bloß ein bisschen Pech. Er hat mich nirgends verletzt. Gib mir ‘ne Chance, ich leg ihn flach!«
    »Nein, Hank«, sagte Gene. »Sonst kriegst du ‘ne Infektion oder so was.«
    »Ach Scheiße!« sagte ich. »Dann mach mir halt die Handschuhe ab.«
    Gene nestelte mir die Dinger auf. Als er sie runter hatte, merkte ich, dass meine Hände zitterten. Sogar die Arme, wenn auch nicht ganz so stark. Ich steckte die Hände in die Hosentaschen. Dan machte inzwischen Harry die Handschuhe ab. Harry sah mich an. »Du bist

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