Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend

Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend

Titel: Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
Vom Netzwerk:
Blocks. Niemand ahnte, wie gut ich war. Keiner hatte eine Ahnung, was alles in mir steckte. Ich war so was wie ein Wundertier. Die Sonne schmiss überall mit Gelb um sich, und ich schnitt glatt durch, wie ein irres Messer auf Rädern. Mein Vater war ein Bettler auf den Straßen von Indien, und alle Frauen der Welt liebten mich …
    Ich erreichte in voller Fahrt eine rote Ampel, sauste zwischen zwei Reihen wartender Autos durch und über die Kreuzung. Jetzt hatte ich sogar diese Autos hinter mir gelassen. Doch nicht für lange. Ein Kerl und sein Mädchen holten mich in ihrem grünen Coupe ein und fuhren neben mir her. »Hey, Kid!«
    »Yeah?« Ich sah auf den Kerl herunter. Er war ein massiger Typ von Mitte zwanzig und hatte stark behaarte Arme mit einer Tätowierung drauf.
    »Was bildest du dir eigentlich ein? Bist du nicht bei Trost?« Er wollte vor seiner Freundin
angeben. Sie war eine Wucht. Ihre langen blonden Haare flatterten im Wind.
»Leck mich, Kumpel!« eröffnete ich ihm.
»Was?«
»Ich sagte: Leck mich!«
Ich zeigte ihm den Finger.
    »Willst du dir das von so einem Kid gefallen lassen, Nick?« fragte ihn seine Freundin. Er fuhr weiter neben mir her.
    »Hey, Kid«, sagte er, »ich hab nicht ganz verstanden, was du gesagt hast. Wärst du vielleicht so nett und sagst es nochmal?«
    »Yeah, sag das nochmal!« kam es von der Ische, und ihre langen blonden Haare flatterten im Wind.
    Dass die mich nun auch noch herausforderte, machte mich sauer.
    Ich sah den Kerl an. »All right, willst du Zoff? Park deine Karre. Ich besteh aus nichts als Zoff!«
    Er preschte einen halben Block voraus, parkte und schwang die Fahrertür auf. Als er ausstieg, umkurvte ich ihn und geriet dabei vor einen Chevy, der ärgerlich hupte. Ich bog in die nächste Querstraße ein. Hinter mir hörte ich den großen Kerl schallend lachen.
    Ich wartete, bis er weitergefahren war, dann radelte ich auf den Washington Boulevard zurück,
fuhr ein paar Blocks, stieg ab, setzte mich an einer Bushaltestelle auf die Bank und wartete auf
Jim. Ich sah ihn bereits kommen. Als er vor mir hielt, stellte ich mich, als sei ich
eingeschlafen.
»Komm schon, Hank! Spiel mir hier kein Theater!«
»Oh… hallo, Jim? Du bist schon da?«
    Am Strand versuchte ich Jim dazu zu bringen, dass er eine Stelle aussuchte, wo nicht so viele Leute waren. Solange ich mein Hemd anhatte, fühlte ich mich ganz normal, aber ohne es war ich ihren Blicken ausgeliefert. Ich hasste sie wegen ihrer lupenreinen Körper. Ich hasste all die gottverdammten Leute, die sich bräunen ließen oder im Wasser planschten oder aßen oder schliefen oder quatschten oder sich gegenseitig Wasserbälle zuwarfen. Ich hasste ihre Hintern und ihre Gesichter und ihre Ellbogen und ihr Haar und ihre Augen und ihren Nabel und ihre Badeanzüge.
    Ich legte mich in den Sand. Hätt ich diesem fetten Scheißer doch eine aufs Maul geschlagen,
dachte ich. Was wusste der denn schon?
Jim legte sich neben mich.
»Ach, was soll’s«, sagte er. »Komm, wir schwimmen. «
»Jetzt noch nicht«, sagte ich.
    Das Wasser war voll von Menschen. Was war an einem Strand nur so faszinierend? Warum gefiel es ihnen hier so sehr? Hatten sie denn nichts Besseres zu tun? Was für rammdösige Scheißer sie doch waren.
    »Stell dir nur mal vor«, sagte Jim. »Die Weiber gehn da ins Wasser und pissen rein.« »Yeah, und du schluckst es dann.«
    Ich sah für mich keine Möglichkeit, jemals mit den Leuten problemlos leben zu können. Vielleicht würde ich Mönch werden. So tun, als glaubte ich an einen Gott, in einer Zelle hausen, Orgel spielen und mich jeden Tag mit Wein besaufen. Da würde mich niemand nerven. Ich konnte monatelang in einer Zelle hocken und meditieren, ich würde niemanden sehen müssen, und sie brauchten mir nur den Wein reinzuschicken. Die Schwierigkeit war nur, dass diese Mönchskutten aus reiner Wolle waren. Sie waren schlimmer als die Uniformen vom R.O.T.C. Also die würde ich nicht tragen können. Ich musste mir etwas anderes einfallen lassen. »Au Mann«, sagte Jim. »Was ist denn?« »Da drüben sind ein paar Weiber, die sehn zu uns her.« »Na und?« »Sie tuscheln und lachen. Vielleicht kommen sie rüber.« »Yeah?«
    »Yeah. Wenn sie kommen, geb ich dir Bescheid, dann legst du dich auf den Rücken.« Auf der Brust hatte ich nur vereinzelte Narben und Pusteln.
    »Also vergiss nicht«, sagte Jim,“wenn ich dir Vorwarnung gebe, drehst du dich auf den
Rücken.«
»Hab schon verstanden.«
    Ich hatte den Kopf auf den

Weitere Kostenlose Bücher