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Das Schlitzohr

Das Schlitzohr

Titel: Das Schlitzohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Schöchle
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Zweiten Weltkrieg sandte sie noch Reisende als
Aufkäufer aus.
    Die Tierhandlung Mohr in Ulm kam von
einer ganz anderen Seite an das Geschäft mit Tieren. Ihr Schwerpunkt lag
ursprünglich auf dem Handel mit Weinbergschnecken. Diese Firma importierte aber
auch Jagdwild aus den Balkanländern. So erlebte ich selbst, wie in Ulm einmal
6000 Rammler eingetroffen waren und auf ihre Käufer warteten. Von ihren Reisen
brachten die Einkäufer auch Tiere mit, die für zoologische Gärten interessant
sind: Kropfgazellen, Bären, Luchse, Ottern usw.
    Nach dem Krieg hatten die großen
deutschen Tierhandlungen lange Zeit keine Möglichkeit, Überseehandel zu
betreiben. Deshalb war es den holländischen, belgischen und italienischen Tierhändlern
möglich, sie aus ihren Positionen zu verdrängen. Zugleich hatten sich in den
Herkunftsländern der wichtigsten Zootiere zahlreiche Tierfänger, die zugleich
Händler waren, etabliert.
    Der Tierhandel hat heute insofern eine
grundlegende Änderung erfahren, als die zoologischen Gärten selbst
bemerkenswert viel Nachzucht haben. Das kann zu unerwarteten Preisstürzen
führen. Manche Tierarten sind gar nicht mehr absetzbar, wie zum Beispiel Löwen.
Unsere sibirischen Tiger kosteten, als wir sie erwarben, 10 000 DM das Stück.
Zwei Jahre vorher sogar 25 000 DM. Heute muß man froh sein, wenn man für einen
schönen, ausgewachsenen männlichen sibirischen Tiger noch 1000 DM erhält. Die
größte Belastung des Tierhandels ist das Verlangen der Zoodirektoren,
Gegengeschäfte zu machen, das heißt, der Händler muß Tiere, die der Zoo
loswerden will, in Zahlung nehmen. Dabei handelt es sich oft um Nachzuchten,
die kaum absetzbar, oder um Tiere, die krank, alt oder nicht zuchtfähig sind.
Wie leicht man beim Tierhandel einen Reinfall erleben kann, zeigt folgendes
Beispiel: Ein Tierhändler erhielt von einer pharmazeutischen Firma einen
Auftrag zur Lieferung von über 1000 Rhesusaffen. Da er selbst nicht abkömmlich
war, beauftragte er einen jungen Zoologen mit der Abwicklung des Geschäfts in
Indien. Dieser verhandelte mit fünf einheimischen Tierhändlern, und jeder
versprach ihm, 250 Rhesusaffen zu liefern. Nun hätte es dem Zoologen eigentlich
auffallen müssen, daß ihm jeder Händler die gleiche Zahl anbot. Außerdem hätte
er sich die Tiere gründlich ansehen müssen. Das tat er aber nicht, sondern
kabelte nur »chartert größere Maschine«. Als der Tag der Verladung kam, standen
nicht 1250, sondern lediglich 250 Affen auf dem Flugplatz. Jeder hatte die
Tiere seiner Kollegen mit angeboten.
    Aus all dem kann man ersehen, wie
risikoreich der Tierhandel ist, nicht nur für Händler, sondern auch für den
Käufer. Man sieht es einem Tier sehr oft nicht an, ob man mit ihm Zuchtprobleme
bekommt oder nicht. Dabei spielt Sympathie bei den Tieren eine außerordentliche
Rolle. Deshalb machten wir zur Bedingung, daß wir die Tiere vor dem Kauf erst
einige Wochen oder Monate bei uns einstellen und beobachten durften. Die
Händler gingen auch meist darauf ein, denn so lange fielen für sie schon keine
Futterkosten an. Meldeten sich allerdings andere Käufer, so mußte man sich
entscheiden.
    Dabei fielen wir einmal gewaltig
herein. Wir suchten einen männlichen Leoparden. Es wurde uns eine Raubkatze
angeboten, die aus einem anderen Zoo stammte und mangels Zuchterfolgen abgegeben
wurde. Wir nahmen das Tier unter Vorbehalt, aber auch wir konnten keine
Deckakte beobachten. Als uns der Tierhändler nach sechs Wochen einen anderen
Interessenten präsentierte, hielten wir das Ganze für einen Händlertrick und
gaben den Leoparden ab. Gut 14 Tage später zeigte unsere Leopardin einwandfreie
Symptome von Trächtigkeit und brachte auch drei wunderbare Junge zur Welt. Wir
konnten uns über so viel Schamhaftigkeit beim Liebesleben der beiden freuen
oder ärgern; auf alle Fälle, den zuchtfähigen Leoparden waren wir los.
    Grundsätzlich zogen wir möglichst junge
Tiere aus Direktimporten vor. Da heute die Zuchterfolge ein wichtiger Maßstab
für die Qualität eines Zoos sind, tauschten wir die Partner oft jahrzehntelang
aus, bis wir ein Paar hatten, das Junge bekam.
    Wie sehr persönliche Sympathien und
Antipathien bei der Zucht eine Rolle spielten, konnten wir bei den Grantzebras
beobachten. Wir hatten ein Paar, das recht und schlecht miteinander
harmonierte. Die Stute warf ein Hengstfohlen. Da anderweitig ein Hengst gesucht
wurde, konnten wir das Fohlen gegen eine Jungstute tauschen. Kaum war die
Jungstute da,

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