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Das Schlitzohr

Das Schlitzohr

Titel: Das Schlitzohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Schöchle
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Barock zu begleiten, da er doch durch
eigenen Augenschein eine ganz andere Vorstellung von den zu prüfenden Betrieben
hätte.
    So etwas war ihm bei seinen Prüfungen
noch nie vorgeschlagen worden, aber es leuchtete ihm durchaus ein. Bei gezwungener
Konversation machten wir uns auf den Weg durch die Wilhelma, aber je mehr Tiere
er sah, um so mehr fiel die steife Hülle von diesem Prüfer ab, und ein ganz
normaler, warmherziger Mensch kam zum Vorschein. Zuletzt, als er Drill,
Mandrill, Bartaffen und Blutbrustpaviane zum erstenmal lebend vor sich sah,
mußte ich ihn förmlich von den Käfigen wegziehen, denn ich wollte ihm auch noch
das Blühende Barock zeigen. Das gab ihm dann auch endgültig den Rest, besonders
als ich ihm mit absoluter Offenheit erklärte, wie alles zustande gekommen war.
Man sah ihm an, daß es ihm richtig leid tat, daß er mir Fragen über mein
Finanzgebaren stellen mußte.
    Er:
»Sie haben zwei Elefanten für 40 000 Mark gekauft?« Ich: »Ja, das Stück hat 20 000
Mark gekostet, dazu kamen noch 3000 DM Fracht.«
    Prüfer: »Außerdem kauften Sie zwei
Giraffen für 36 000 DM.«
    Ich: »Ja, das Stück zu 18 000 DM, das
war besonders günstig. Das waren übrigens die letzten, die hereingekommen sind,
jetzt ist die Einfuhr wegen Rinderpest aus diesem Gebiet gesperrt.«
    Prüfer: »Außerdem haben Sie für 100 000
Mark Zebras, Antilopen, Löwen, Tiger und Gott weiß was alles gekauft, ohne daß
auch nur bei einer einzigen Rechnung ein Genehmigungsvermerk der Vorgesetzten
Behörde ist. Haben Sie mir denn dazu gar nichts zu sagen?«
    Ich: »Freilich, es war ein großes
Glück, daß ich gleich zugegriffen habe, denn sonst hätte ich viele Tiere, wie
zum Beispiel die Giraffen, nicht mehr gekriegt, weil wegen dieser blöden
Rinderpest die Einfuhr von Paarhufern gesperrt ist.«
    Prüfer: »Das ist ja schön und gut, aber
das meine ich nicht. Ich wollte sagen, diese Käufe mußten Sie doch beim
Ministerium beantragen, das ging weit über Ihre Zuständigkeit hinaus. Warum
haben Sie das denn nicht getan?«
    Ich: »Ganz einfach, weil diese Käufe
samt und sonders abgelehnt worden wären. Sie werden mir doch recht geben, daß
ich im Falle einer Ablehnung die Tiere unter keinen Umständen mehr kaufen
konnte. Außerdem wäre die Zustimmung so spät gekommen, daß die Tiere schon
längst einen anderen Besitzer gehabt hätten.«
    Der Prüfer sah mich lange an: »Wenn ich
das nun beanstande, was werden Sie dann tun!«
    Ich: »Hinschreiben, wird künftig
beachtet.«
    Prüfer: »Dann können Sie aber keine so
teuren Tiere mehr kaufen.«
    Ich: »Da muß ich mir was Neues
einfallen lassen, ich brauche noch allerhand, die Sache rentiert sich, wie Sie
sehen.«
    Der Beamte des Rechnungshofes prüfte
noch acht Tage und fand alles in Ordnung, bis auf die großzügige Behandlung der
Dienstvorschriften. Jede Mittagspause verbrachte er vor den Affenkäfigen. Die
Antwort der Behörde kam nach drei Monaten. Man höre und staune, der
Rechnungshof schlug vor, meine Zuständigkeit bei Tierkäufen auf 20 000 DM zu
erhöhen und die Wilhelma in einen nach kaufmännischen Grundsätzen geleiteten
Betrieb des Landes nach R.H.O. § 15 umzuwandeln. Jahre später fragte mich der
Präsident des Rechnungshofes, was ich eigentlich mit seinem schärfsten und
gefürchtetsten Prüfer gemacht hätte, er wäre ganz verwandelt aus der Wilhelma
zurückgekommen. Darauf antwortete ich in meiner üblichen Bescheidenheit: »Ich
machte ihn zu einem Menschen!«
    Trotz meiner Tätigkeit im Blühenden
Barock ging es auch in der Wilhelma 1954 weiter aufwärts. Durch die weiteren
Tierkäufe — ich konnte einfach nicht nein sagen, wenn mir etwas angeboten war,
das unsere Sammlung ergänzte — waren wir gezwungen, unbedingt noch ein paar
neue Gehege zu erstellen. Wir nutzten die letzten Möglichkeiten und legten zu
beiden Seiten des Parterres beim Maurischen Landhaus noch ein paar
Tierunterkünfte an. Da es uns gleichzeitig möglich war, Königspinguine zu
erwerben, kamen die Humboldt-, Felsen- und Eselspinguine auf eine Wiese beim
Kleinraubtierhaus und die Königspinguine bezogen die Insel im Magnoliengarten.
Unsere Aquarien bereicherten wir durch eine Fangfahrt zum Mittelmeer.
    Wir hatten die Fahrt mit dem Direktor
des Düsseldorfer Aquariums verabredet, unseren VW-Transporter umgebaut,
Sauerstoffleitungen darin verlegt und Fischtransportgefäße besorgt. Ich hatte
für mich eine Reisegenehmigung beantragt die natürlich abgelehnt wurde, weil
man sich nicht

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