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Das Schlitzohr

Das Schlitzohr

Titel: Das Schlitzohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Schöchle
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Musikkapellen keinen Erfolg brachten. Deshalb versuchten wir
es mit Folklore. Wir fuhren sogar in die Schweiz, um von dort
Alphornbläsergruppen zu bekommen. Den größten Erfolg hatten wir mit der Stadtmusik
Zug, die als die beste Kapelle der Schweiz bekannt war. Sie war auch wirklich
großartig, und wenn sie in den folgenden Jahren im Blühenden Barock spielte,
war ganz Ludwigsburg auf den Beinen. Leider wurden bei diesen Veranstaltungen
die Kosten für Busse, Verpflegung und Übernachtung zuletzt so hoch, daß sie
untragbar wurden. Wir zermarterten uns deshalb den Kopf und überlegten hin und
her, wie wir das Blühende Barock attraktiv machen könnten, bis ich eines Tages
ganz unversehens die richtige Lösung fand.
    Im Sommer 1957 machte ich wieder eine
Hollandfahrt, um Tiere zu kaufen. Ich suchte auch Herrn van Dijk vom Zoo
Tilburg auf. Beim Rundgang sprach man über dieses und jenes. Unter anderem
erzählte er von einem Märchenpark in de Efteling bei Kaatsheuvel. Dieser
Märchengarten interessierte mich zuerst gar nicht, ich wurde erst hellhörig,
als er berichtete, daß der Parkplatz mit 1000 Stellplätzen an den Wochenenden
völlig überfüllt war. Deshalb nahm ich das Angebot des Herrn van Dijk, mich
nach de Efteling zu fahren, das ganz in der Nähe lag, dankbar an.
    Als erstes sahen wir etwas typisch
Holländisches, nämlich ein Prachtkarussell der Jahrhundertwende, das durch ein
großes Zelt geschützt war. Da fehlte aber wirklich gar nichts, weder die
Dampfmaschine mit dem von uns als Buben so sehr bewunderten Regler noch das
prächtige Orchestrion mit dem taktstockschwingenden Kapellmeister. Der
Märchengarten selbst zeigte das hübscheste Dornröschenschloß, das man sich
denken kann. Manche der lustigen Einfälle gingen mir zu weit, zum Beispiel
rot-, grün-, gelb- und blaugefärbte lebende Tauben, aber im großen und ganzen
stand für mich fest, daß ein solcher Märchengarten für das Blühende Barock die
finanzielle Rettung bedeuten würde. Die Grundidee war hervorragend, man mußte die
Anlage nur etwas verfeinern und dezenter machen. In den nächsten Wochen
arbeitete es in meinem Innern mächtig, immer neue Ideen tauchten auf. Es trieb
mich einfach um. Die schwierigste Frage war: Wie sage ich es meinem
Aufsichtsrat?
    So schlich ich denn um die Sache herum
wie die Katze um den heißen Brei und wartete auf eine günstige Gelegenheit.
Diese Gelegenheit schien mir bei einer gemeinsamen Studienfahrt zur
Bundesgartenschau Köln gekommen zu sein. Als wir am Abend in gemütlicher Runde
im Gürzenich saßen, rückte ich mit meinem Vorschlag heraus. Die Reaktion der
Aufsichtsräte war vernichtend. Die ganze Runde glaubte allen Ernstes, ich
wollte sie zum besten halten.
    Je mehr ich betonte, mein Vorschlag
wäre ernst zu nehmen, desto größer wurde die Heiterkeit. Als es den Herren
dämmerte, daß der Vorschlag wirklich ernstgemeint war, wich die Heiterkeit
blankem Entsetzen. Da ich nicht aufgeben wollte, stand mir einige Arbeit bevor.
Ich mußte jedes Aufsichtsratsmitglied einzeln bearbeiten und ihm die Lage des Blühenden
Barocks schildern. Diese war tatsächlich sehr kritisch, denn wir konnten uns
ausrechnen, wann die im Jubiläumsjahr angesammelten Reserven aufgebraucht
waren. Aber gerade diese Reserven waren das Kapital, das ich zum Aufbau des
Märchengartens benötigte. Schließlich konnte ich den Aufsichtsrat zu einer
Studienfahrt nach de Efteling überreden, an der auch einige Stadtratsmitglieder
von Ludwigsburg teilnahmen.
    Ich hatte für den Besuch von de
Efteling einen Sonntag vorgeschlagen, denn ein vollbesetzter Parkplatz ist ein
gutes Argument. Diese Rechnung ging tadellos auf; als wir gegen 15 Uhr ankamen,
fand unser Bus kaum noch Platz. Der Besuch des Märchengartens war für die
meisten eine sehr angenehme Überraschung, und selbst die Teilnehmer mit den
größten Bedenken wandelten langsam ihre Ansicht, zumal wir an den hier
vorhandenen Objekten meine Vorschläge diskutieren konnten.
    Selbstverständlich wurde auch die Frage
ventiliert, ob so etwas zu einem Barockschloß passen würde. Da war die Antwort
besonders leicht, ich brauchte ja nur auf die Theateraufführungen jener Zeit
hinzuweisen, in denen es von Märchenfiguren nur so wimmelte, oder auf die
Bauwerke des exotischen Gartens in Hohenheim.
    So war, als wir wieder in Ludwigsburg
ankamen, der Märchengarten eine beschlossene Sache. Lediglich das Ausmaß mußte
noch festgelegt werden, denn der Finanzminister hatte sich die

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