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Das Schlitzohr

Das Schlitzohr

Titel: Das Schlitzohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Schöchle
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Erwartungen der Besucher einzugehen. Wir
boten ihnen die Möglichkeit, Anregungen für den eigenen Garten mit nach Hause
zu nehmen, aber auch der Blumenfreund, der keinen eigenen Garten besitzt, kam
auf seine Kosten. In der Ausstellung konnte er sich an Blüten einmal richtig
sattsehen. So konnten wir schon im Mai den 500 000. Besucher feiern. Die hohen
Einnahmen, besonders aus dem Dauerkartenverkauf, versetzten uns in die Lage,
sämtliche Wege noch während der Ausstellung zu teeren. Wir hatten ursprünglich
nur Kieswege angelegt, weil wir uns einfach nicht mehr leisten konnten.
Allerdings hatten wir Kieswege auch für passend gehalten, aber bei den modernen
Damensandaletten bewährten sie sich nicht. Die insgesamt sieben Blumenschauen
im Schloß fanden so viel Zuspruch, daß sie zeitweilig wegen Überfüllung
geschlossen werden mußten. Trotzdem waren sie finanziell gesehen kein Geschäft.
Die Kosten waren einfach zu hoch. Wir mußten ja nicht nur viele zusätzliche
Aufseher bezahlen, sondern auch den Wertverlust der ausgestellten Pflanzen, der
vereinbarungsgemäß bis zu 80 Prozent des Großhandelspreises betragen durfte.
    Der absolute Höhepunkt im Jubiläumsjahr
1954 war der Besuch des Bundespräsidenten Professor Theodor Heuss anläßlich des
deutschen Gartenbautages, der gleichfalls in Ludwigsburg abgehalten wurde. An
diesem strahlend schönen Sonntag waren etwa 80 000 Menschen erschienen. Damit
war das Blühende Barock zwar hoffnungslos überfüllt, aber für viele
Ludwigsburger war es doch ein einmaliges Erlebnis.
    Als wir im Herbst die Gartenschau
beendet hatten, konnten wir nicht nur den Ausstellungsbetrieb selbst mit den
Einnahmen finanzieren, sondern auch den weitaus größten Teil der Umgestaltung
und der Neuanlagen. Es blieb nur ein Rest von 150 000 DM, der aber durch
Sachwerte mehr als reichlich abgedeckt war, und wir konnten das Prädikat in
Anspruch nehmen, die erste große Gartenschau veranstaltet zu haben, die sich
finanziell selbst getragen hat.
    Das Blühende Barock war der Stadt und
der Bevölkerung liebstes Kind geworden. Der Gemeinderat der Stadt Ludwigsburg
beschloß deshalb einstimmig, das Land Baden-Württemberg zu bitten, die GmbH
weiterhin bestehen zu lassen und das Blühende Barock als Dauergartenschau zu
betreiben. Das Land stimmte zu, und so blieb ich weiter Geschäftsführer, und
die Herren Redmann und Fleck wurden mir als Prokuristen beigegeben.
    Dadurch, daß das Blühende Barock nun
auch weiterhin als GmbH betrieben wurde, schied es aus dem Verband der
staatlichen Gärten aus. Es war nun auf eigene Füße gestellt, und es war mir
nicht mehr möglich, irgendwelche Mittel aus der Wilhelma für das Blühende
Barock zu verwenden oder umgekehrt.
     
     
     

Die Stunde der
Wahrheit
     
     
    Diese Entwicklung kam gerade zum
rechten Zeitpunkt. Die Wilhelma war nämlich schon ab April 1954 kaum mehr in
der Lage, dem Blühenden Barock nachhaltig unter die Arme zu greifen. Denn
inzwischen war die Stunde der Wahrheit angebrochen. Meine Vorgesetzten waren
mir nämlich bei der Aufstellung des Haushaltsplanes auf die Schliche gekommen.
Wie bereits bemerkt, hatten wir 1952, nachdem der Haushaltsplan verabschiedet
war, die Eintrittspreise um 60 Prozent erhöht. Außerdem waren die
Besucherzahlen um 20 Prozent gestiegen. Das bedeutete, daß ich 1953 insgesamt
über 80 Prozent Mehreinnahmen verfügen konnte; daß ich das selbstverständlich
auch tat, wurde durch diese Abrechnung offenbar. Darauf erfaßte die Experten
ein finsterer Verdacht, und sie erkundigten sich nach den bisherigen Einnahmen
des Jahres 1953. Als eine etwas gewundene Erklärung meinerseits nicht
akzeptiert wurde, mußte ich bekennen, daß sie nicht gerade schlecht wären.
Damit war den Verantwortlichen des Ministeriums schlagartig klar, weshalb ich
die Genehmigung, die Vorbereitung der Gartenschau in Ludwigsburg »im Rahmen der
vorhandenen Mittel« aufzubauen, so widerspruchslos hingenommen hatte.
    Da ein Unglück selten allein kommt,
geschah es, daß sich eines Morgens, ausgerechnet drei Wochen vor der Eröffnung
des Blühenden Barocks, bei mir ein Prüfer des Rechnungshofes meldete. Das war
das erstemal, daß wir vom Rechnungshof geprüft wurden und damals absolut
unüblich. Da ich infolge meiner diversen Eskapaden kein übertrieben gutes
Gewissen hatte, war mir beim Auftauchen dieses Herrn nicht ganz wohl. Aber da
Angriff die beste Parade ist, lud ich ihn ein, mich bei einem Inspektionsgang
durch die Wilhelma und das Blühende

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