DAS SCHLOSS
geworfen.“
„Was hast du dann gemacht?“
„Ich bin mit dem Fahrrad in den Wald gefahren. Dort gab es eine verfallene Jagdhütte, in der mein Bruder und ich als Kinder zusammen gespielt haben. Später haben wir uns dort versteckt, haben geraucht und Bier getrunken. Mein Bruder war auch da. Ich habe ihm die Geschichte erzählt und zusammen haben wir uns so richtig besoffen. Als wir nach Hause kamen, hat unser Alter uns dafür windelweich geprügelt.
Mein Bruder hat mir damals in dieser Hütte geschworen, dass er sich etwas einfallen lassen würde. Wegen Jessi, meine ich. Niemand dürfe so etwas mit seinem Bruder machen, hat er damals gesagt. “
„Hat er sich dran gehalten?“
„Und ob. Das heißt, in den Wochen danach passierte zunächst nichts und ich hatte Adams Schwur schon wieder vergessen.“
„Aber dein Bruder nicht.“
„Nein. Mein Bruder nicht. Es war ihm todernst. Wie ernst, habe ich dann ein paar Wochen später erfahren.“
„Was war passiert?“
„Ich kam aus der Schule nach Hause und Adam hockte im Schneidersitz auf meinem Bett. Er grinste so merkwürdig und ich fragte ihn, was los sei.
> Komm mit, ich zeig´s dir < , sagte er nur und lief aus dem Haus.
Obwohl ich ihn immer wieder fragte, wohin er wolle, gab er mir keine Antwort.
Mit unseren Fahrrädern fuhren wir zu der alten Hütte. Vor der Tür warf Adam sein Rad ins Gras und sah mich mit ernstem Blick an.
> Du weißt, was ich dir versprochen habe? Vor ein paar Wochen, als die Sache mit dieser kleinen Schlampe passiert ist. <
Ich wusste natürlich, wen er meinte und nickte. Und ich wusste auch noch, was er mir damals versprochen hatte. Eine üble Vorahnung beschlich mich.
> Ich hab sie dir besorgt < , sagte er. Obwohl er mein Bruder war, machte sein Lächeln mir plötzlich Angst. Ich wusste, dass er manchmal ausrastete und die Kontrolle über sich verlor. Aber seitdem er von unserem Kinderarzt irgendwelche Medikamente dagegen bekommen hatte, war es eigentlich besser geworden.
> Was meinst du damit? < Ich sah ihn fragend an.
> Komm mit < , sagte er nur und verschwand in der Hütte.“
KAPITEL 33
Er zählte sechs Pakete.
Sie alle waren sorgfältig mit Frischhaltefolie umwickelt worden, doch die Umrisse der Körper waren deutlich erkennbar.
Ronnie würgte, während der Strahl der Lampe nervös von einem Körper zum nächsten huschte. Durch die zahlreichen Folienschichten hindurch konnte er die Konturen menschlicher Züge nur schemenhaft erkennen.
Haare.
Sie alle hatten lange Haare. Er blickte in Gesichter mit weit aufgerissenen, toten Augen. Unter der Folie sah er nackte Brüste. Bei den Toten handelte es sich ausnahmslos um Frauen.
Um junge Frauen, wie Ronnie zu erkennen glaubte.
Die Mädchen waren unbekleidet in Folie gewickelt und hier abgelegt worden.
Welches kranke Arschloch macht so etwas?
In diesem Augenblick dachte er an Sandy.
Sein Mund wurde trocken, seine Hände feucht. Plötzlich begann er zu frieren. Er hörte, wie seine Zähne aufeinander schlugen .
Sandy. Oh mein Gott, Sandy. Hat dich dieser Dreckskerl in seiner Gewalt?
Hektisch ließ er den Strahl der Lampe über die Wände gleiten. Er musste hier raus. Er musste einen Weg finden, sich aus diesem Verließ zu befreien und Sandy zu Hilfe zu kommen.
Du bist so ein verdammter Esel. Warum hast du nicht vorhin schon die Polizei gerufen?
Wieder fiel ihm sein Handy ein, das in aller Seelenruhe und völlig nutzlos auf dem Beifahrersitz seines Wagens lag
Ganz große Klasse!
Wieder und wieder leuchtete er die Wände ab. Und entdeckte schließlich etwas, das erneute Hoffnung in ihm aufkeimen ließ.
Direkt vor ihm in der Wand klaffte ein großes, schwarzes Loch.
Die Öffnung war gut einen Meter hoch und zudem breit genug, dass Ronnie ohne Probleme hindurchpassen würde. Er trat vor die Öffnung und leuchtete hinein.
Direkt hinter dem Loch begann ein Gang.
Ronnie schob sich vorsichtig hindurch und trat in den dahinter liegenden Tunnel. Zwar war er hoch genug, dass Ronnie aufrecht gehen konnte, dafür aber relativ schmal. Ohne Mühe konnte er die Wände rechts und links von sich gleichzeitig mit den Handflächen berühren.
Ronnie richtete den Strahl der Lampe auf den Boden und marschierte los.
Je weiter er dem Tunnel folgte, desto mehr wurde der ekelhafte Gestank durch den modrigen Geruch des alten, feuchten Mauerwerks abgelöst. Die Wände des Ganges waren, wie der Raum zuvor, mit Backsteinen verkleidet, die über ihm eine
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