Das Schloss am See: Mittsommerherzen (German Edition)
engagierte und liebenswerte Frau hatte er verdächtigt, nur aus Egoismus und Eigennutz zu handeln? Wie blind er gewesen war!
„Ist das wirklich dein Ernst?“, flüsterte sie ungläubig. „Du willst nicht mehr um jeden Preis verkaufen?“
Zu seiner eigenen Überraschung lautete die Antwort auf diese Frage Nein. Er war nach Schweden gekommen, um möglichst schnell möglichst viel Gewinn aus dem Verkauf seines Erbes zu schlagen. Nicht Lisbet war eigennützig und selbstsüchtig gewesen, sondern er.
Möglich, dass Tobias seine Beweggründe nicht verstanden hätte. Sein Vater würde es gewiss nicht tun. Aber Hannes wollte sich nicht länger danach richten, was andere für richtig oder falsch hielten. Von nun an würde er der Stimme seines Herzens folgen. Und die sagte ihm, dass er eine Lösung für Beringholm Slott finden musste, mit der alle leben konnten.
Lisbet, die Kinder – und nicht zuletzt auch er selbst.
Und was, wenn sie nur eine bessere Schauspielerin ist als deine Stiefmutter und Anna-Lena? Wenn es am Ende ein böses Erwachen gibt und du feststellst, dass du deinen Bruder erneut im Stich gelassen hast für eine Frau, die deine Liebe nicht verdient?
Mit einem Kopfschütteln verscheuchte er den Gedanken. Lisbet war nicht wie Anna-Lena und erst recht nicht wie seine Stiefmutter. Selbstlos setzte sie sich für andere Menschen ein, und sie hatte auch ihm geholfen, endlich wieder zu sich selbst zu finden.
Wollte er wirklich den Rest seiner Tage damit verbringen, das Leben eines anderen Menschen zu leben? Zu einer Kopie seines Bruders zu werden, nur weil er sich mitschuldig an dessen Tod fühlte?
Nein, damit musste endlich Schluss sein! Er war er selbst, Hannes Westenberg, und egal, wie sehr er sich auch anstrengte: Er konnte niemals zu jemand anderem werden.
Trotzdem würde er nicht zulassen, dass Albert und Nadine den Sieg davontrugen. Tatsächlich hatte er bereits eine Idee, wie sich vielleicht tatsächlich alles zum Guten wenden ließ. Doch dazu musste er mit seinem Vater reden, und zwar so schnell wie möglich.
Gleich am ersten Tag war ihm aufgefallen, welch enormes Potenzial Beringholm Slott in sich barg. Man könnte daraus ein Wellness- oder Kurhotel für gestresste Manager machen. Doch warum sollte es nicht auch zu einem Ort werden können, an dem Kinder ihr Lachen wiederentdecken und Familien wieder zueinander finden konnten?
„Komm mit mir nach Berlin“, sagte er. „Ich will dich mit meinem Vater bekannt machen.“
Überrascht schaute sie ihn an. „Was? Aber …“
„Ich habe dir doch von meinem Hotel in Hamburg erzählt. Das
Alsterblick
gehört zu einer großen Kette namens
Cityhotels
mit Häusern in ganz Europa – auch in einigen schwedischen Großstädten. Und mein Vater ist der Eigentümer dieser Hotelkette.“
„Ich kenne
Cityhotels“
, entgegnete Lisbet. „Aber was hat dein Vater mit mir zu tun? Und mit Beringholm Slott?“
„Ich kann es dir jetzt noch nicht genau erklären. Es ist bisher nur eine Idee, aber ich glaube, es könnte funktionieren.“
Die Zweifel standen ihr ins Gesicht geschrieben, doch Hannes wollte nichts Näheres dazu sagen, bis er sicher sein konnte, dass sein Plan eine Chance auf Erfolg hatte.
„Bitte, Lisbet.“ Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Vertraust du mir?“
Einige quälende Sekunden lang zögerte sie, doch schließlich verzog sie ihre hübschen Lippen zu einem Lächeln. „Also schön. Aber ich kann nicht sofort weg von hier, das verstehst du doch, oder? Ich komme in ein paar Tagen nach, wenn ich hier alles geregelt habe.“
Hannes zögerte. „Ich kann dich doch nicht hier allein lassen! Was, wenn diese Motorradrowdys wiederkommen?“
„Die haben sich seit dem Feuer nicht mehr blicken lassen“, erwiderte Lisbet. „Die Geschichte hat in den umliegenden Ortschaften ganz schön für Wirbel gesorgt. Durch den Anschlag ist beinahe ein Kind ums Leben gekommen, da kann sogar Wachtmeister Lundberg nicht länger untätig bleiben. Diese Rocker wären schön dumm, hier so bald noch einmal aufzutauchen.“
Hannes seufzte. Er wusste, dass sie recht hatte, doch er vermisste sie schon jetzt. Zärtlich zog er Lisbet noch näher an sich heran. Wenn diese Sache ausgestanden war, das schwor er sich, würde er sie nie wieder allein lassen.
Und mit einem Kuss besiegelte er sein Versprechen.
Aleksandra beobachtete, wie Lisbet und Hannes im Hof standen und sich voneinander verabschiedeten. Von ihrem Versteck hinter dem Schuppen aus hatte
Weitere Kostenlose Bücher