Das Schloss am See: Mittsommerherzen (German Edition)
Engagement bewundernswert. Also beschloss ich, meinem Leben einen neuen Sinn zu geben und Hilda bei ihrer Arbeit zu unterstützen.“ Lisbet atmete tief durch. Es war ein seltsam befreiendes Gefühl, sich endlich einmal alles von der Seele zu reden. Herausfordernd schaute sie Hannes an. „Und? Glaubst du immer noch, dass ich nur hinter Hildas Geld her war?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich hatte ja keine Ahnung …“
„Natürlich nicht, woher solltest du auch? Aber ich habe damals mein ganzes Vermögen in die Instandhaltung von Beringholm Slott gesteckt. Deshalb
kann
ich nicht weg von hier, Hannes. Ich bin finanziell nicht in der Lage, woanders noch einmal ganz von vorn anzufangen. Du kannst mir glauben, dass ich nächtelang wach gelegen und immer wieder alles von A bis Z durchgerechnet habe. Doch es bleibt dabei: Wenn du Beringholm Slott verkaufst, bin ich am Ende – und mit mir das gesamte Projekt.“ Sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. „Die Tiere kann ich vielleicht noch irgendwo unterbringen, auch wenn es nicht leicht wird. Aber die Kinder, Hannes! Was wird aus den Kindern?“ Hastig wischte sie sich mit dem Handrücken über die Augen. Dann schüttelte sie den Kopf. „
Förlåt
– ich sollte dich wirklich nicht mit meinen Problemen belasten …“
„Nein, Lisbet. Wenn sich einer von uns beiden entschuldigen muss, dann bin ich das.“
Er trat auf sie zu und nahm sie in die Arme. Sie ließ ihn gewähren, obwohl sie doch wusste, dass es falsch war, ihn erneut so nah an sich heranzulassen. Aber seine Umarmung hatte etwas so ungemein Tröstliches, dass sie einfach nicht anders konnte.
Sie schloss die Augen. Sein Herz pochte ruhig und gleichmäßig, und Lisbet spürte, wie ihr Puls sich langsam dem seinen anpasste. Warum kann dieser Moment nicht ewig andauern? fragte sie sich versonnen. Oder zumindest so lange, bis sich alle Schwierigkeiten ganz von selbst in Luft auflösten? Doch das war etwas, das niemals passieren würde …
Seufzend löste sie sich von ihm. „Es hat keinen Zweck, Hannes“, sagte sie mit einem traurigen Lächeln. „Was bringt es, noch länger die Augen vor der Wahrheit zu verschließen? Ich habe Beringholm Slott bereits in dem Moment verloren, in dem du hergekommen bist.“
Und nicht nur das Schloss, sondern auch mein verräterisches kleines Herz …
Hannes konnte es kaum glauben. Hier stand er nun, Lisbet in seinen Armen – und alles, was er wollte, war, sie glücklich zu machen.
Seine Wut auf sie war verraucht. Er zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass sie ihm gerade die Wahrheit gesagt hatte. Und er fühlte sich mehr denn je zu ihr hingezogen.
Sei nicht verrückt! Es kann nicht funktionieren! Dazu gibt es einfach zu viel, was zwischen euch steht.
Das stimmte in der Tat. Zwischen ihnen stand nämlich vor allem eines: Beringholm Slott.
Realistisch betrachtet gab es für Hannes nur zwei Möglichkeiten: Entweder er zerstörte Lisbets Existenz, indem er das Schloss verkaufte. Mit dem Erlös renovierte er dann das
Alterblick
und blieb, was das Erbe des Familienunternehmens betraf, im Rennen.
Oder aber er half Lisbet und überließ damit seinem Stiefbruder Albert und dessen Mutter den Sieg. Doch dadurch verlor er die einzige Chance, über Tobias’ Tod hinaus Wiedergutmachung für die Schuld zu leisten, die er auf sich geladen hatte.
Wie er es auch drehte und wendete, es gab einfach keine
richtige
Entscheidung. Er konnte nur versuchen, das geringere Übel zu wählen.
Es tut mir leid, Tobias! Ich habe es versucht, ich habe es
wirklich
versucht – aber ich kann einfach nicht sein wie du. Und ich glaube, ich will es auch gar nicht …
Und da wurde ihm plötzlich klar: Das, was er für Lisbet empfand, ging über Zuneigung oder Freundschaft oder auch über eine lockere Affäre weit hinaus. Dieses Gefühl, einen anderen Menschen behüten und beschützen zu wollen und ohne ihn nicht mehr leben zu können, hatte einen Namen.
Liebe.
Ja, er liebte Lisbet. Deshalb war es ihm auch nicht gelungen, sie sich aus dem Kopf zu schlagen, sosehr er sich auch bemüht hatte. Er wusste nicht, wie es nun weitergehen sollte, doch eines stand fest: Auf keinen Fall brachte er es übers Herz, ihr Beringholm Slott wegzunehmen.
„Wir werden eine andere Lösung finden“, sagte er. „Es muss einen Weg geben, alles unter einen Hut zu bringen. Es muss einfach …“
Sie schaute zu ihm auf. Es lag so viel Hoffnung in ihrem Blick, dass es ihm die Schamesröte ins Gesicht trieb. Diese
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