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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gab es nie Widersprüche. Seine ganze Liebe aber galt der Jägerei. Es war schon einmal vorgekommen, daß er im Ehrenausschuß der Ärztekammer einen Kollegen herausgepaukt hatte, weil man ihm versprochen hatte, er könne einen Vierzehnender in dessen Revier schießen. Dr. Hugenbeck war dick, kurzatmig und mit einer sieben Jahre älteren Baronin verheiratet. Nach zwanzigjähriger Ehe konnte er das selbst nicht mehr verstehen.
    »Sie setzen sich nicht, Professor?« fragte Dr. Hugenbeck und griff in den Zigarrenkasten, der auf dem Tisch stand.
    »Es wäre nicht angebracht.« Dorian lächelte mokant. »Beim Verhör haben die Angeklagten zu stehen.«
    »Wer spricht denn davon?« warf der Kreisarzt ein. Er bekam rote Ohren, als stünde er im Frost.
    »Ärztekammer, Innenministerium, Staatsanwaltschaft … ich glaube kaum, daß rein wissenschaftliches Interesse Sie zu mir führt, meine Herren. Ich habe Sie übrigens erwartet.«
    »So?« Dr. Hugenbeck schnitt die Spitze seiner Zigarre ab. »Daher der grandiose Empfang mit Bettfedern und Möbeltrümmern! Ich muß sagen, Ihnen fällt immer etwas Neues ein.«
    »Die Kranken einer Station haben gemeutert.« Dorian legte die Unterarme auf die hohe Lehne des vor ihm stehenden Sessels.
    »Ich nehme an, daß das in Nervenkliniken nicht allgemein üblich ist?« Der Herr von der Staatsanwaltschaft klappte seine Aktenmappe auf. »Ich darf gleich zur Sache kommen, Herr Professor?«
    »Aber bitte. Über das schöne Wetter können wir uns nachher noch unterhalten.«
    Ein arroganter Kerl, dachte der Kreisarzt. Aber seine Sicherheit wird noch vergehen. Was da in dem dünnen Aktenstück ruht, ist so massiv, daß darüber auch ein kleiner Gott wie Dorian vom Thron stürzt.
    Dr. Hugenbeck rauchte seine Zigarre an. Er wartete. Seine Zeit kam noch. Von vier Seiten hatte er Gutachten zugeschickt bekommen. So verschieden sie waren, in einem glichen sie sich wie Vierlinge: Die Klinik Hohenschwandt verstößt gegen das juristische, moralische und medizinische Gesetz, nach dem man am Menschen keine Versuche unternehmen darf.
    »Es liegt eine Anzeige vor«, sagte der Herr von der Staatsanwaltschaft. »Sie ist so komplex, daß die Staatsanwaltschaft sich entschlossen hat, die Voruntersuchung in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium und der Ärztekammer selbst zu übernehmen.«
    Dorian winkte lässig über die Sessellehne. »Bitte, voruntersuchen Sie, meine Herren. Doch bevor Sie beginnen, noch ein Wort: Die Anzeige beruht auf Informationen des von mir entlassenen Pflegers Leopold Wachsner. Diese Informationen sind falsch. Poldi, so wurde er hier bei uns genannt, hatte Schulden. Um Geld zu bekommen, verkaufte er geradezu dämliche Wahrheiten an gewisse Kreise, die ein Interesse haben, meine Forschungen zu bremsen, weil sie ihren eigenen Forschungen vorauslaufen, Professor Lorantz hat übrigens eine herrliche Niederwildjagd, nicht wahr, Kollege Hugenbeck?«
    Der Abgesandte der Ärztekammer hüstelte etwas.
    »Sie haben nach vorausgegangenen Tierversuchen auch an einem Menschen, der Name ist Gerd Sassner, eine Hirnoperation vorgenommen, die neurochirurgisch völlig unbekannt war.«
    »Einmal muß das Neue ja bekannt werden«, erwiderte Dorian ruhig. »Vor hundert Jahren galten Blähungen als Krankheit, heute jubelt man über einen geregelten Verdauungsvorgang.«
    »Das Hirn ist kein Darm!« rief der Kreisarzt, erregt über Dorians Gleichgültigkeit.
    Dorian nickte ihm erfreut zu. »Sie sprechen eine erschütternde Weisheit charmant aus, Herr Kollege.«
    »Meine Herren!« Dr. Hugenbeck wedelte mit beiden Händen durch die Luft. »Bleiben wir doch sachlich. Das Thema ist sowieso heiß, auch ohne Ihre Aufheizung. Es geht ja schließlich nicht um Details, sondern um Grundsätzliches. Herr Professor …«
    »Ich höre, Kollege Hugenbeck.«
    Der Vertreter der Ärztekammer sah hilfesuchend zu dem Herrn aus dem Innenministerium. Auch wenn man einen Menschen wie Dorian als störend ansieht … er bleibt doch ein Mediziner. Was hier verhandelt werden sollte, war eigentlich so ungeheuerlich, daß alle Rücksicht zu schweigen hatte. Vor allem ein Satz hatte wie eine Granate eingeschlagen: »Was in der Klinik Hohenschwandt geschieht, ruft Parallelen zu den Menschenversuchen wach, die die Nazis in Heilanstalten unternahmen. Auch dort wurden kranke, hilflose Wesen von skrupellosen Ärzten mißbraucht, mit neuen Mitteln behandelt, mit neuen Methoden operiert, bis sie starben.«
    Die Staatsanwaltschaft hatte sich nach

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