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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geschehen.
    Dorian sprach an diesem Tag auch mit den beiden anderen Kranken. Ihre Erzählungen glichen der des Regierungsrats bis auf einige kleine Abweichungen. »Es war wirklich Doktor Keller«, sagte der eine entschieden. »Ich kenne seine Hand. Als er sie auf meinen bloßen Körper legte, wurde ich ganz ruhig. Das ist immer so bei Doktor Keller, das kann nur er. Er hat einen besänftigenden Strom in den Händen …«
    Kopfschüttelnd ging Professor Dorian hinüber zu Behandlungsraum III, wo Dr. Keller einen Elektroschock machte. Der junge Assistenzarzt Dr. Weinzel und Angela fuhren herum, als Dorian ohne anzuklopfen die Tür aufriß und eintrat. Der Kranke lag auf dem gepolsterten Ruhebett, die elektrischen Anschlüsse schon am Körper. Apathisch sah er ins Leere. Dr. Keller, der gerade zum Schockgeber gehen wollte, kam auf Dorian zu.
    »Herr Professor?« fragte Keller herausfordernd. Plötzlich knisterte es in dem kleinen Raum, als sei der elektrische Strom frei geworden und durchzucke die beiden Gestalten, die sich jetzt gegenüberstanden.
    Dorian atmete tief auf. »Ich habe nur eine Frage.«
    »Bitte.«
    »Haben Sie gestern nacht im Hause eine Unruhe bemerkt?«
    »Nein!« Dr. Keller sah erstaunt aus. »Das wäre auch nicht möglich gewesen.«
    »Wieso?«
    »Angela und ich sind erst gegen Morgen aus München zurückgekommen. Wir waren gestern abend in der Oper.«
    »Ach!« Dorians Gesicht hellte sich auf. Er freute sich, er war irgendwie glücklich. »In der Oper. Stimmt ja. Angela hat mich gestern allein gelassen.« Er sah hinüber zu seiner Tochter. Warum sprechen wir kaum noch miteinander? dachte er. Warum sind wir so dickköpfig? »Es ist gut.« Dorian sah Dr. Keller lächelnd an. »Schöne Oper?«
    »Rigoletto.«
    »Habe ich auch immer gern gehört. Macht weiter … und entschuldigen Sie, Doktor Keller.«
    »Ich wüßte nicht, wieso der Herr Professor …«
    »Aber ich weiß es! Ich bin glücklich, daß ich mich entschuldigen kann.«
    Er drehte sich auf dem Absatz um und verließ schnell den Behandlungsraum. Er war es nicht, dachte er draußen auf dem Flur. Er war mit Angela in München. Das nimmt mir einen schweren Druck vom Herzen. Wer aber hat dann die Injektionen gegeben? Wer geistert hier nachts durch Hohenschwandt, stellt sich als Dr. Keller vor und macht die Kranken noch kränker? Wer ist dieser gemeine Lump?
    Vor allem aber: Wie kommt er an die Medikamente, wenn er kein Arzt sein sollte?
    Also ein Arzt? Hier aus diesem Haus?
    Ich werde sie mir alle ansehen, ganz genau, alle meine Mitarbeiter, dachte Dorian. Ich werde mich um ihre Lebensläufe kümmern müssen, um ihren Lebensstandard, wie sie wohnen und leben, was sie ausgeben, welche Passionen sie haben. Von jedem Menschen ein Mosaik – das ist wichtig. Auf dieser Welt ist alles käuflich, am einfachsten der Mensch.
    Ein häßlicher Verdacht stieg in ihm auf.
    Die Außenseiter der Krebsbehandlung bekämpft man mit Lächerlichkeit, Rufmord, Anzeigen, Ausweisung, vernichtenden Kritiken. Begann jetzt der Kampf gegen einen Außenseiter der Hirnforschung?
    »Ich nehme ihn auf!« sagte Dorian, als er wieder in seinem Zimmer war und hinunterblickte in den Park, wo die leichter Kranken unter ihren Sonnenschirmen saßen. »Ich nehme den Kampf auf! Ich war noch nie ein Feigling!«
    Dorian tat es, wie alles, was er anfaßte, gründlich. Wenn schon Gegnerschaft, dann offener Kampf. Keine Schüsse aus dem Hinterhalt, keine Partisanenkämpfe, sondern ein freies Gefecht mit den Waffen des Geistes und des Könnens.
    Er schickte wieder Einladungen an alle berühmten Kollegen in Europa:
    »… Ich hatte die Ehre, Sie bei meiner Operation des Falles Sassner als Gast begrüßen zu können. Am 23. wird Herr Sassner aus meiner Klinik als gesund entlassen. Ich würde mich sehr freuen, Ihnen den Patienten noch einmal vorstellen zu können, um Ihnen den Erfolg meiner neuen Methode zu demonstrieren. Mit kollegialen Grüßen …«
    Als diese Einladungen zur Post gegeben wurden, hatte Dorian ein klares Bild gewonnen. Das Studium der Personalakten seiner Mitarbeiter ergab, daß drei junge Assistenzärzte aus anderen neurologischen Kliniken kamen, deren Chefs Dorian bei seiner sensationellen Operation zusehen ließ. Zwei Schwestern waren von Professor de Cryter in Lüttich ausgebildet. Von de Cryter hatte Dorian gehört, daß er nach der Rückkehr in Lüttich geäußert haben sollte: »Mich wundert, daß er nicht einfach das Hirn gegen das eines Affen ausgetauscht hat! Hirn

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