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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einmal.«
    »So ist das nicht.« Dr. Keller sah starr geradeaus auf die weiße Leinwand. »Angela will, daß ich gehe.«
    »Was? Sag das noch einmal.«
    »Sie will, daß ich nach Zürich gehe. Sie will weg von hier, von Hohenschwandt, von … von dir …«
    »Das ist nicht wahr«, sagte Dorian leise.
    »Ich mußte es dir sagen.« Dr. Keller sprang auf. Wie klein er ist, dachte er, als er Dorian jetzt ansah. Wie zusammengefallen und alt. Jetzt wirkte er wie ein müder Greis, der darauf wartet, daß man ihm unter die Achsel greift und ihn wegführt. »Seit Tagen geht diese Auseinandersetzung zwischen Angela und mir. Eben noch auf der Treppe … es ist nervenzerreißend.«
    »Sie will weg von mir?« wiederholte Dorian. Seine Stimme war matt. »Warum?«
    »Sie will nicht ihr ganzes Leben lang nur Geisteskranke sehen.«
    »Ich habe alles für sie getan, alles! Außer meiner Aufgabe als Arzt ist sie mein ganzer Lebensinhalt. Sie ist das Ebenbild ihrer Mutter. Und ich hatte gehofft, daß auch etwas von mir in ihr ist.« Dorian ging hinter seinen Projektor. Es war, als verkröche er sich. »Ich kann euch nicht aufhalten. Ihr seid jung, ihr müßt eure Welt selbst erobern. Du gehst also doch nach Zürich?«
    »Ja. Meine Liebe zu Angela diktiert in bestimmten Grenzen auch mein Lebensziel.«
    »Was heißt das?« Dorian tauchte wieder hinter dem Projektor auf. »Du bleibst kein Kliniker?«
    »Nein. Ich werde eine Praxis aufmachen.«
    »Ein Arzt mit deinen Fähigkeiten? Das ist eine Schande! Verdammt noch mal, das ist ein Verrat an der Wissenschaft, an der Menschheit! Bernd!« Dorian stand vor Dr. Keller, klein, mit hocherhobenem Haupt, die Hände zu Fäusten geballt. »Du bist Arzt! Zuerst kommt der Kranke … und dann wieder der Kranke … und dann noch einmal der Kranke … und immer wieder der Kranke … und dann erst du! Dafür hast du deinen Kopf …« Dorians rechte Faust fuhr plötzlich empor und klopfte an Dr. Kellers Stirn. »Dafür gab dir Gott deinen Geist! Für die Kranken! Nicht für das Gärtchen hinterm Haus, in dem du Petersilie ziehst! Das heißt …« Er senkte den Arm und wandte sich ab. »Bis jetzt gab uns Gott den Geist. In zehn Jahren wird es anders sein. Da wird ein Arzt eine Spritze in die Hand nehmen, sie mit einem Konzentrat aufziehen und Intelligenz in das Hirn spritzen. Nach der Methode Dorian-Keller.«
    »Ich bin kein Utopist.«
    Dorian ging wieder hinter seinen Projektor. »Kennst du James McConnell, Richard Gay und G. Ungar?«
    »Nein. Klingt amerikanisch.«
    »Richtig. Es sind Kollegen. Seit Jahren beschäftigen sie sich mit der operativen oder mechanischen Beeinflussung des Gehirns. Stumpfsinnig kann man jeden machen. Einem Menschen die Persönlichkeit nehmen ist keine Kunst. Da haben wir die Drogen, da haben wir die Lobotomie. Aber aus einem dummen Menschen einen klugen zu machen, den Menschen über die Natur, die er von Geburt an mitbekommen hat, zu erheben, ihn zu aktivieren, ihn zum wahren Herrscher über Natur und Tier zu machen … das ist ein Ziel, das immer näher rückt, das greifbar wird. Du kennst die Planarien? Man nennt sie auch Plattwürmer.«
    »Ja«, sagte Dr. Keller kurz und setzte sich. Dorians euphorischer Ausbruch erschreckte ihn. Ist sein Gehirn noch gesund? dachte er. Ist er selbst auf dem Weg, ein Irrer zu werden?
    »Professor McConnell von der Ann-Arbor-Universität in Michigan beobachtete diese Plattwürmer. Sie verhalten sich wie die Hydra in der Sage: Schlägt man ihnen den Kopf ab, leben sie weiter, und es wächst ein neuer Leib. Der Leib ohne Kopf lebt auch weiter und bildet einen neuen Kopf. Was man auch tut … die Würmer wachsen immer zu neuen, vollkommenen Wesen ihrer Gattung heran, ob man sie halbiert oder in Scheiben schneidet. 1962 gelang McConnell nun ein aufsehenerregendes Experiment: Er leitete Strom in das Wasserbecken, in dem er die Würmer aufbewahrte, installierte über dem Glasbecken eine Glühlampe und machte nun folgendes: In Abständen von einigen Sekunden knipste er die Birne an und versetzte gleichzeitig den Würmern im Wasser einen schwachen elektrischen Schlag. Die Würmer reagierten … sie ringelten sich schnell zusammen.«
    »Und später schaltete er den Strom aus, ließ nur die Lampe aufleuchten und die Würmer krümmten sich, als seien sie unter Strom.« Dr. Keller wagte nicht, sich umzusehen. »Das ist schon von Pawlow mit seinem Glöckchenhund gemacht worden.«
    »Irrtum!« Dorian lachte kurz. »Es läuft anders, kluger Schwiegersohn!

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