Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schloss der tausend Sünden

Das Schloss der tausend Sünden

Titel: Das Schloss der tausend Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Portia Da Costa
Vom Netzwerk:
ihrem Gastgeber verbrachte. Schon die Unterhaltung allein hätte ausgereicht, um auch den enthaltsamsten Puritaner zum Trinken zu verleiten – schließlich war es um Zauberkräfte und übernatürliche Langlebigkeit gegangen.
    Aber es ist mehr als das, dachte Jonathan und betrachtete den anderen Mann eingehend. André saß am anderen Ende des lederbezogenen Sofas und schien völlig in sich versunken zu sein.
    Es liegt auch an ihm, sagte Jonathan zu sich selbst. An ihm und der merkwürdigen Wirkung, die er auf mich hat.
    Er griff nach der Flasche, die vor ihnen auf einem niedrigen Tischchen stand, schenkte sich nach und machte dann eine einladende Geste in Andrés Richtung.
    «Oh ja, sehr gern», sagte der Graf mit leicht abwesendem Lächeln.
    Als Jonathan einen großzügigen Schluck in das Glas seines Gastgebers gegossen hatte, fragte er sich, ob der Alkohol überhaupt irgendeine Wirkung bei ihm zeigen würde.
    Ist er immer noch ein Mensch? Kann er überhaupt betrunken werden? Er beobachtete, wie Andrés Kehlkopf auf und ab hüpfte, während er an dem wärmenden Getränknippte. Der Graf trug ein weites königsblaues Hemd mit einem winzigen Kragen. Die überaus lebendige Farbe ließ seine Haut sehr blass erscheinen.
    «Nochmal zu Michiko   …» Jonathan griff das Thema erneut auf, denn das Nachdenken über André von Kastel brachte ihn zu sehr in Aufruhr. «Sie sagten, es käme darauf an. Worauf kommt es denn an?»
    «Na ja, wie attraktiv die andere Frau ist», erwiderte André mit milder Stimme. «Und welcher Geist in ihr steckt. Michiko ist zwar eine große Bewunderin körperlicher Schönheit, aber wo kein Funke da ist, wird auch kein Feuer entzündet.»
    Jonathan seufzte. «Das heißt wohl, dass sie in genau diesem Moment Belinda verführt, nicht wahr?»
    «Wahrscheinlich», antwortete André. Seine blauen Augen strahlten so hell, dass Jonathan gar nicht wegschauen konnte. «Stört Sie das?»
    Störte es ihn? Der junge Mann wusste nicht recht, was er sagen oder denken sollte. Die Vorstellung von zwei sich liebenden Frauen war eine klassische Männerphantasie, das war ihm klar, und auch ihm hatte sie in der Vergangenheit schon gute Dienste geleistet – um das mal so auszudrücken. Doch Belinda hatte er sich noch nie mit einer anderen Frau vorgestellt. Nicht einmal hier, nachdem sie ihm erzählt hatte, dass Feltris und Elisa zu ihr genauso zärtlich gewesen waren wie zu ihm.
    «Ich spüre, dass Ihre Empfindungen dazu zwiespältig sind», sagte André in die Stille des großen Raumes mit den hohen Decken hinein. Neben dem gelegentlichen Knarzen des Ledersofas war dort nichts außer ihrem Atem zu hören.
    Jonathan öffnete den Mund, konnte aber immer noch kein Wort herausbringen.
    «Die Vorstellung von Belinda mit einer anderen Frau istneu für Sie, nicht wahr?», fuhr der Graf fort. «Und verwirrend. Sie fragen sich sicher, wieso Sie keine größere Eifersucht empfinden.»
    «Ich bin mir nicht sicher, was ich   …» stammelte Jonathan. Er schwenkte sein Glas und führte es dann an die Lippen. Dabei war er die ganze Zeit verzweifelt bemüht, seine Gefühle zu analysieren. Belinda gegenüber. Michiko gegenüber. Gegenüber all diesen seltsamen Offenbarungen. Und auch gegenüber diesem Mann, mit dem er hier saß und trank. Der Mann, der ihm plötzlich viel näher zu sein schien als eben noch. So nah, dass die Schenkel der beiden Männer sich fast berührten. So nah, dass er unter Andrés engen, ausgeblichenen Jeans seine Muskulatur und die Größe der festen Beule in seinem Schritt erkennen konnte.
    An dem nächsten Schluck Brandy verschluckte Jonathan sich so sehr, dass er keine Luft mehr bekam und husten musste. Sein Gesicht lief rot an. Mit Tränen in den Augen und wogendem Brustkorb spürte er, wie ihm das Glas beherzt aus der Hand genommen und wie ihm kräftig auf den Rücken geschlagen wurde. Er hustete noch einmal, konnte dann aber recht schnell wieder tief und frei atmen.
    «Tut mir leid», murmelte er und wischte sich die feuchten Augen mit seinen Hemdsärmeln ab. «Vielleicht habe ich einfach zu viel getrunken.»
    «Vielleicht haben Sie aber auch noch nicht genug getrunken», konterte André, und aus seinen Klopfbewegungen wurde langsam ein Streicheln.
    Die zärtliche Berührung war so leicht und unschuldig, es kam ihm fast vor, als hätte er sich das Ganze nur eingebildet. Aber als Nachhall seiner Gedanken von eben brachte ihn diese Zuwendung doch zum Zittern und Erröten. «Hier. Aber trinken Sie diesmal

Weitere Kostenlose Bücher