Das Schloss der tausend Sünden
waren Schlüsselelemente in Michikos Denkweise. Ohne jeden Zweifel sah die Japanerin den Austausch von Schmerz und Macht als eine befriedigende Form der Sexualität an. Ja, vielleicht sogar als die Form, die sie am meisten erfüllte. Michikos Kultiviertheit verlangte danach, das Ganze in einem passenden Rahmen zu erleben. Daher das plötzliche Auftauchen einer «Meisterin» und ihrer «reuigen Sünderin».
Die Blicke der beiden Frauen blieben ungefähr eine halbe Minute aufeinander hängen, in der keine von beiden lächelte oder sonst eine Verbindlichkeit zeigte. Und dochhatte Belinda das Gefühl, als wären sie bereits zu einer Übereinkunft gelangt. Sie sah wieder nach unten und nickte langsam mit dem Kopf.
«Braves Mädchen», lobte Michiko sie sanft und strich mit dem Daumen über die Unterlippe ihrer Gespielin. «Du wirst dich so viel besser fühlen.» Ihre freie Hand fuhr durch Belindas Haar und zerzauste es liebevoll, wie eine Mutter oder eine Schwester es tun würde. Oder vielleicht auch ein Lehrer, der altmodisch und liebenswert streng war.
Die Geste war asexuell, aber Belindas Erwiderung hätte nicht sinnlicher sein können. Sie spürte, wie sie von einer Welle köstlicher Mattigkeit erfasst wurde. Es war wie ein Schmelzen – eine weiche, heiße Schwäche, die sich tief in ihrem Bauch zu sammeln schien. Als befände sie sich in einem Traum innerhalb eines Traums, wo ganz neue Regeln herrschten, die ihre Reaktionen bestimmten. Schon die leiseste Berührung ihres Haars konnte Körper und Geschlecht zum Beben bringen, und der Gedanke an Strafe ließ ihr Herz vor merkwürdig düsterem Verlangen überfließen.
Aber ich mag eigentlich keine Schmerzen, dachte sie, als Michiko sie bei der Hand nahm und über den unebenen Boden der Kapelle führte. Ich hasse Schmerzen. Ich bin ein Baby. Ich heule bei der geringsten Kleinigkeit. Was soll ich nur tun, wenn sie tatsächlich anfängt, mich zu schlagen?
Michiko hielt inne, als sie dort ankamen, wo Belinda den einstigen Altar vermutete. Die Japanerin schien uneins, an welchem Ort sich die beiden ihren Gelüsten hingeben könnten. Zum einen war da eine tiefe Eichenbank mit hoher Rückenlehne, die parallel zum Mittelschiff stand. Dahinter befand sich auch noch ein schwerer Eichentisch mit stabilen Beinen. Mit nickendem Kopf überprüfte Michiko erst die Bank, dann den Tisch und wieder die Bank. Schließlich blickte sie zu Belinda und drückte ihre Hand.
«Beide sind gut», flüsterte die Japanerin, als würde sie ihrer Freundin nicht eins, sondern gleich zwei Geschenke bieten. Michiko zog Belindas zitternde Hand zu ihren dunkelrot bemalten Lippen, küsste sie einmal und drückte sie darauf ermutigend. «Komm mit, meine Liebe. Es wird Zeit, dass wir beginnen.»
Nachdem Michiko Belindas Finger entlassen hatte, ging sie eiligen Schrittes auf die Kirchenbank zu und setzte sich mit männlich gespreizten Beinen hin. Einer ihrer eleganten Finger krümmte sich zu einer Geste, die Belinda wie eine Schlafwandlerin anlockte. Dann zeigte sie auf einen Platz etwa einen Meter neben ihr.
Belinda hastete der Frau nach, stolperte aber auf dem unregelmäßigen Fußboden. Ihr Ausrutscher war kaum merklich, und sie richtete sich auch sofort wieder auf, doch als sie vor ihrer Meisterin stand, wurde sie schon wieder knallrot.
Michiko ließ sie mit einem Blick wissen, dass sie diese Tollpatschigkeit durchaus bemerkt hatte, aber auch bereit war, sie zu verzeihen. Langsam und mit Bedacht legte die Japanerin die linke Hand auf Belindas rechte Hüfte und berührte mit der rechten einen Nippel. Die kleine Knospe war hart und unter dem Satin des Kleides peinlich sichtbar. Als Michiko ihren Finger darauflegte, verstärkte sich das Puckern darin noch.
Belinda biss sich auf die Lippen. Die schöne Frau ließ ihr durch diese winzige Berührung eine codierte Nachricht zukommen. Sie bekam alle Informationen, die sie bezüglich dieser und noch folgender Aktivitäten brauchte. Eine Sekunde lang verspürte die junge Frau das wilde Bedürfnis, ihre Beine in die Hand zu nehmen und wegzulaufen. Doch Michikos Lächeln wirkte wie eine Fessel. Belinda konnte nur noch ein- und ausatmen.
«Das ist aber ein sehr freizügiges Kleid, meine Kleine»,sagte Michiko und rollte Belindas Brustwarze zwischen Zeigefinger und Daumen. Gleichzeitig drückte ihre andere Hand recht heftig auf die Hüfte der Gefährtin. «Es ist das Kleid einer Hure. Was hast du dir nur dabei gedacht, so etwas anzuziehen?»
«Ich …
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