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Das Schloss der tausend Sünden

Das Schloss der tausend Sünden

Titel: Das Schloss der tausend Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Portia Da Costa
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langen Galerie und seinem Turm führte. Was für Fähigkeiten und Talente er wohl noch besitzen mochte? Sie drehte den riesigen Türknauf aus Kristall und öffnete die Tür zu ihrem Zimmer.
     
    Du Narr! Du verdammter Narr!
    André verfluchte sich selbst, während er die Treppe zu seinen Gemächern erklomm. Die Ungeduld und die augenblickliche Stärke, die er in sich spürte, ließen ihn zwei Stufen auf einmal nehmen.
    Die Versuchung durch Belinda Seward war so groß gewesen, dass er ihr in seinem neuerwachten, aber noch ungewohnten Begehren nicht hatte widerstehen können. Der liebliche, an Brust und Hüfte zart gerundete Körper – er war dem von Arabelle so ähnlich, dass er fast das Gefühl hatte, seine Geliebte wieder zu streicheln. Beim Eintritt in sein Zimmer schnaufte er vor Sehnsucht laut auf und betete, dass er nicht zu schnell zu weit gegangen war und damit alles verdorben hatte. Er schaute auf die Rosenholzschatulle von Belle – wie immer, wenn er nach Versicherung suchte   –, doch das blaue Glühen war gedämpft und kaum noch zu erkennen.
    Konnte Belinda Seward wirklich die Richtige sein?, dachte der Graf bei sich. Er zog die Vorhänge seines Bettes beiseite und befestigte sie. Hatte er endlich eine Frau gefunden, die voll und ganz zu ihm passte? Er warf sich auf das Bett und dachte über diese Aussicht nach.
    Er und Arabelle waren sich ab und zu schon nahe gewesen und hatten ein paar viel zu kurze Momente verstohlener Gemeinschaft geteilt. Doch diese Episoden waren fast so schmerzvoll, wie sie tröstend waren. Nichts würde André mehr bedeuten, als Belle wieder in seinen Armen zu halten, sie zu berühren und zu verwöhnen. Doch bei jeder ihrer Begegnungen hatte er gewusst, dass ihr Glück vergänglich war. Immer stand das Wissen im Raum, dass es in ein paar Minuten wieder vorbei sein würde, dass ihre Umarmung sich lösen würde, weil sie fortmusste. Es schien grausam, unter solchen Umständen mit ihr zusammen sein zu wollen, doch ihre Abwesenheit schmerzte ihn auf so erschütternde Weise, dass er der Versuchung auf dieses bisschen Glück nicht widerstehen konnte.
    Sollte er Belle wecken und ihr mitteilen, was er entdeckt hatte? Der Graf blickte erneut zu der Schatulle und der darin befindlichen Kristallphiole, aber seine Gedanken waren immer noch voller Zweifel. Es wäre zu unbarmherzig, ihre Hoffnungen jetzt schon zu schüren. Vielleicht wäre es besser zu warten, bis er ganz sicher war, dass er in Belinda Seward die Frau gefunden hatte, die ihm helfen konnte. Sicher auch, dass er nicht alles verderben würde, indem er zu gierig nach den kräftigenden Vergnügungen griff, die er so sehr brauchte. André legte die Hände vors Gesicht und versuchte, seinen angespannten Körper weich zu machen. Er musste die Ruhe und die Beherrschung finden, die er brauchte, um klar denken zu können.
    Doch dieses Gefühl des Friedens war nur schwer zu erlangen, und die Gedanken rasten ununterbrochen in der Dunkelheit hinter seinen Augenlidern. Und wieder verspürte er das dringende Bedürfnis, nach Belle zu greifen   …
    Plötzlich jedoch bemerkte der Graf eine Veränderung in der Atmosphäre des Raumes. Er nahm die Hände vom Gesicht, setzte sich auf und blickte auf die Schatulle. Das übersinnliche blaue Licht wurde wieder stärker, und damit flammte auch seine Hoffnung wieder auf. Plötzlich wurde die Stille im Raum durch eine Antwort auf seine Beschwörung zerrissen.
    Du bist wach, mein Liebster. Hast du Sorgen?
    Ihre Stimme war genauso zärtlich und lebhaft wie zu ihren Lebzeiten. Sie beruhigte seinen aufgewühlten Geist mit einem Frieden und einer Gelassenheit, die er ob der Ungreifbarkeit ihrer ätherischen Existenz kaum fassen konnte.
    «Ja, ich habe Sorgen», antwortete der Graf mit lauter Stimme, so als wäre ihre Anwesenheit völlig selbstverständlich. «Ich glaube, ich habe sie gefunden, meine Liebste. Die Frau, die uns helfen kann. Sie scheint perfekt zu passen, aber dennoch kann ich ein Gefühl der Angst nicht recht verscheuchen.»
    Angst vorm Sterben?, fragte Arabelle. Ihre Stimme klang sanft und fest in seinem Kopf.
    «Nein, das nicht», erwiderte André. «Ich werde froh sein, wenn meine Zeit gekommen ist   … Nein, ich habe Angst davor, dass ich dieser Belinda vielleicht schaden könnte. Sie ist dir so ähnlich, mein Liebling. Wenn du nie existiert hättest, könnte sie mir vielleicht wirklich etwas bedeuten. Und daher muss ich mich fragen, ob ich das Recht habe, ihr Leben zu

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