Das Schloss der tausend Sünden
Gesichtsausdruck beim Anblick ihrer Limousine war für die Götter gewesen.
«Ja, danke …» Sie musste sich kurz seinen Namen in Erinnerung rufen. «… Miles. Ich bin nur ein bisschen müde. Das ist alles. Paris war anstrengend. Herrlich, aber anstrengend. Aber keine Sorge …» Sie zögerte erneut und legte ihre Hand vorsichtig und ziemlich weit oben auf seinen Schenkel. «… ich bin sehr belastbar.»
«Oh … äh … großartig», erwiderte Miles mit strahlendem, aber etwas verwirrtem Blick. Isidora war klar, dass er keinerlei Ahnung hatte, was sie da mit ihm tat und wie leicht sie ihn manipulieren konnte.
Sie zog ihre Hand weg und lehnte sich wieder zurück. Dabei betrachtete sie ihr Opfer durch lange schwarze Wimpern.
Sie fand ihn recht ansehnlich. Verglich man ihn allerdings mit André, erschien er fade und charakterlos. Miles war schlank, aalglatt und gut gebaut. Unter normalen Umständen war er sicher ein Musterbeispiel männlichen Selbstbewusstseins. Doch dies waren keine normalen Umstände, dachte sie voller Gemeinheit und stellte sich ihren Begleiter nackt, verletzbar und abhängig von ihrer Gnade vor – genau der Zustand, in dem André hätte verbleiben sollen, anstatt sie zu verfluchen, zu betrügen und die Flucht zu ergreifen.
Aber genug von diesen negativen Gedanken. André war ganz nah. Näher, als sie jemals zu hoffen gewagt hatte. Und da er über keine mentale Verbindung zu ihr verfügte, konnte er unmöglich ahnen, dass sie ihn aufgespürt hatte. Isidora konnte sich mit ihrem Vernichtungsschlag also alle Zeit der Welt lassen und sich ihrem Opfer zuwenden, wann immer sie es wollte. Sie würde sich ihm mit aller verfügbaren List nähern und sich erst zu erkennen geben, wenn es für eine Flucht zu spät wäre.
Und bis dahin hatte sie den attraktiven Yuppie. Als Kennerin der stets wechselhaften Mode bewunderte Isidora Miles’ locker geschnittenen Anzug und die Art, wie er sich an seinen gutgebauten Körper schmiegte. Sie stellte sich vor, wie er in irgendeinem exklusiven Fitnessstudio trainierte, wo er zweifellos nur Designerschweiß transpirierte. Schon bald genug würde er auch für sie schwitzen, dachte die unbarmherzige Frau und weidete sich an dem Szenario, das langsam vor ihrem geistigen Auge entstand. Er würde schwitzen, er würde laut stöhnen, und er würde die Macht über seinen eigenen Körper verlieren. Sie würde das Zusammensein mit ihm genießen, und wenn es vorbei war, würde der junge Mann sie anbeten.
«Wartet zu Hause irgendjemand auf dich, Miles?», erkundigtesie sich und wandte sich dem jungen Mann so zu, dass er die volle Macht ihrer strahlenden grünen Augen zu spüren bekam.
«Ja, um ehrlich zu sein», erwiderte der Angesprochene ein wenig großspurig.
Isidora hätte am liebsten laut über seine selbstgefällige Art gelacht. Er schien damit zu prahlen, ein Mann von Welt zu sein, der es gewöhnt war, seine Partnerin zu betrügen. Doch es sollte nicht mehr lange dauern, bis sich seine Großspurigkeit gelegt haben würde.
«Wieso rufst du sie nicht an?», schlug seine Verführerin vor. «Sag ihr Bescheid, dass sie noch ein wenig auf dich warten muss.»
Miles legte die Stirn in Falten. Isidoras Bemühungen, ein Schuldgefühl in ihm auszulösen, hatten offensichtlich Früchte getragen. Er nahm ein winziges Handy aus seiner Aktentasche und wählte eine Nummer. Isidora behielt ihn das ganze Gespräch über im Auge und genoss das elektrisierende Gefühl, das sein Unbehagen und die sexuelle Verwirrung bei ihr auslösten. Die kaum hörbaren, aber eindeutig scharfen Worte, die der verworrenen und ganz und gar unglaubwürdigen Begründung für sein Zuspätkommen folgten, ließen eine äußerst verstimmte Person am anderen Apparat vermuten. Isidora spürte genau, wie zwiegespalten Miles war.
«Okay, alles geregelt», verkündete er schließlich und ließ das Telefon launig zuschnappen, als wollte er ihr beweisen, dass er ganz sein eigener Herr war.
«Ich habe dir nie versprochen, dass du die ganze Nacht mit mir verbringen kannst», erklärte sie und freute sich an der Röte, die ihre Bemerkung in seinem Gesicht erzeugte.
«Aber …»
«Na ja, wir werden sehen», unterbrach sie ihn. «Wenndu mir Freude bereitest, werde ich dich vielleicht noch länger bei mir behalten.»
Er öffnete den Mund, um zu protestieren, doch Isidora kam ihm zuvor und presste ihm die Zunge zwischen die Lippen. Völlig schockiert ließ er sie gewähren und ergab sich wie
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