Das Schloss der tausend Sünden
Schau in den Spiegel», murmelte er. «Sieh dir deine Schönheit an.» Seine Hände strichen über ihre Brüste, dann hinunter zu ihrem Bauch, um dann kurz auf ihrer Scham haltzumachen. Der dunkle Ärmel seiner Jacke ließ ihre Haut in einem perlweißen Ton erstrahlen. Von ihrer Urlaubsbräune schien jedenfalls nichts übrig zu sein. «Möchtest du gerne zusehen, wie ich dich liebkose?» Seine Stimme klang tief und drang wie Samt in ihr Ohr. Der Ausdruck auf seinem Gesicht glich fast dem eines Raubtiers. «Würdest du gerne dein Gesicht sehen, wenn du dich auf dem Höhepunkt der Ekstase befindest? Willst du sehen, wie es immer wilder wird, während du den Gipfel der Lust erklimmst?» Sein Mund war gegen ihren Hals gepresst – sie konnte seine Zähne spüren. «Möchtest du das, Belinda? Willst du es?»
«Nein, ich kann nicht! Ich will nicht!» Sie machte sich von ihm los. Sie wusste durchaus, dass sie log, aber sie hatte Angst. Bei dem Gedanken an nackte, zuckende Hüften und ihr lustverzerrtes Gesicht wurde ihr gesamter Körper feuchtvor Verlangen. Ihre weitgespreizten Schenkel mit einer starken, erbarmungslosen Hand dazwischen. «Bitte, nein», wisperte sie, drehte sich zu ihrem Gespielen um und brach, gegen die dunkle Silhouette seines Körpers gepresst, fast zusammen.
Er hielt sie beruhigend in seinen Armen. «Mach dir keine Sorgen.» Sein Mund war in ihrem Haar verschwunden. «Es gibt keinen Zwang. Du musst nur das tun, was du auch wirklich tun willst, Belinda. Ich würde dich niemals gegen deinen Willen zu etwas zwingen.»
Belinda kuschelte sich an ihn und atmete sein schweres Rosenrasierwasser ein. Sie spürte, wie sich in ihrem Inneren die Tränen in ein starkes Verlangen verwandelten. Es lag ihr auf der Zungenspitze, ihm zu sagen, dass sie ihre Meinung geändert hätte und sie seine Wünsche nur allzu gern erfüllen würde. Doch da klopfte er ihr schon zärtlich auf den Rücken und entließ sie aus seinen Armen.
«Komm mit auf dein Zimmer. Dort können wir uns in aller Ruhe entspannen.»
Belinda nickte und warf ihm ein kleines, schüchternes Lächeln zu. Wie hatte sie sich nur so schnell von einer ziemlich egoistischen und rechthaberischen Frau in ein derart fügsames und unterwürfiges Wesen verwandeln können? Es war noch keinen Tag her, seit sie André von Kastel das erste Mal begegnet war, und dennoch gehorchte sie ihm schon aufs Wort.
Das Paar schritt Arm in Arm die Treppe hinab. Ihre Brüste strichen über den feinen Stoff seiner Smokingjacke. Am merkwürdigsten war, wie mühelos sich alles ergeben hatte. André war nicht nur sexuell ein Rätsel für sie – alle Eindrücke von ihm standen nebeneinander wie Puzzleteile, die einfach nicht zusammenpassen wollten. Und dennoch fühlte sie sich in seiner Gegenwart merkwürdig geborgen.Zwar spürte sie durchaus, dass er Geheimnisse vor ihr hatte – und davon eine ganze Menge –, aber sie wusste auch, dass er ihr nicht wehtun würde. Zumindest nicht absichtlich.
Sie lächelte ihn an, als sie den Treppenabsatz erreichten. Er erwiderte ihr Lächeln und nickte fast unmerklich.
Belinda zuckte mit den Schultern. Wann würde sie sich endlich an die Tatsache gewöhnen, dass André seine Geheimnisse mühelos vor ihr verbergen, sie selbst aber wie ein offenes Buch lesen konnte?
Als sie an Belindas Zimmertür ankamen, öffnete er sie und trat einen Schritt zurück, um sie mit einer leichten Verbeugung vorgehen zu lassen.
Der Raum war erfüllt mit Kerzen, deren Flackern zitternde Lichtschleier auf die Wände warf. Einige der Kerzen steckten in großen Kandelabern aus glänzendem Metall. Andere, dünnere Kerzen waren in eine ganze Reihe von kleinen, einzelnen Haltern aus Porzellan, Kristall und Messing gesteckt worden. Auf fast jeder freien Fläche stand eines der Lichter. Der Anblick hatte etwas Unheimliches, zugleich aber auch sehr Freundliches. Belinda schnappte nach Luft und war überaus fasziniert von dem magischen Effekt.
«Wie hinreißend!»
«Meine Bediensteten wissen, was sie zu tun haben», erklärte André mit einer gewissen Zufriedenheit in der Stimme.
Belinda trat weiter in den Raum hinein und betrachtete die tanzenden Lichter, die auch ein Strahlen auf ihre Haut zauberten. Dass Kerzenlicht dem menschlichen Körper schmeichelte, hatte sie immer als Klischee empfunden, doch heute wurde sie zum ersten Mal selbst Zeugin dieses Phänomens. Das schimmernde Licht schien ihre Haut zum Strahlen zu bringen und zauberte mystische Schattierungenauf
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